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Der Kopflose Rächer

Der Kopflose Rächer

Titel: Der Kopflose Rächer
Autoren: Jason Dark
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Händen auf der Schreibtischplatte ab.
    Darauf hatte der andere nur gewartet.
    Der Brieföffner beschrieb einen Halbkreis nach oben und dann einen nach unten. Er rammte wuchtig in das Holz der Platte, nur mit dem einen Unterschied, daß ihm die linke Hand des Richters im Weg war, der Öffner glatt hindurchstieß und die Hand an der Platte festnagelte.
    Zitternd blieb er noch stecken, und beide Eindringlinge warteten auf den Schrei des Richters.
    Aus Jerome T. Harkers Mund drang kein Laut. Nicht einmal ein Stöhnen war zu hören. Dafür breitete sich eine bedrückende Stille aus.
    Und noch etwas war unglaublich. Normalerweise hätte aus der Hand eine Blutfontäne schießen müssen. Hier passierte gar nichts. Es sah aus, als wäre der Brieföffner mit seiner Spitze in eine künstliche Hand gerammt, die per Fernlenkung bewegt wurde.
    »Scheiße!« flüsterte der Elegante.
    »Ich leg’ ihn um!« kreischte der Mützentyp.
    »Nein!«
    Harker aber lächelte. »War was?« fragte er, bevor er seine rechte Hand anhob und sie einen Moment später um den Griff des Brieföffners schloß. Mit einem Ruck zog er den spitzen Gegenstand wieder aus dem Holz, schaute ihn sich an, hob die Schultern und legte den Brieföffner wieder an seinen Platz zurück. Kein Blut strömte aus der Wunde, doch in der Hand befand sich ein Loch.
    »O Gott, das ist Wahnsinn!« röchelte der Elegante. Er ging langsam zurück. Er war völlig fertig, so etwas überstieg seinen Horizont, und auch Sliccer bewegte sich von dem Richter fort. Für ihn war ebenfalls eine Welt zusammengebrochen.
    Nicht für den Richter. Der räusperte sich und fragte mit leiser Stimme:
    »Ist noch etwas? Gibt es Probleme…?« Seine Stimme troff dabei vor Hohn und Spott.
    Er erhielt keine Antwort. Sliccer stöhnte vor Wut. Er stand neben dem Eleganten. Die Waffe zitterte, aber er schoß nicht.
    »Ich warte auf eine Antwort.«
    »Wir sehen uns noch.«
    »Nun ja.« Harker lächelte. »Das kann sein. Ich wollte Sie alle vor Gericht haben, und ihr Auftreten hat mich in dieser Meinung bestärkt.« Er hob seine linke Hand. »Manchmal hat man eben Pech«, sagte er. »Bestellen Sie einem gewissen Mac Maschke die besten Grüße. Ich werde ihn mir vor den Richtertisch holen. Mit ihm mache ich den Anfang. Andere werden folgen, bis hin zu Costello…«
    Die letzten Worte hörten die beiden Verbrecher nicht mehr. Durch die Hintertür waren sie gekommen, durch die Vordertür flüchteten sie nach draußen…
    ***
    »Muß das sein?« fragte ich meinen Chef, Sir James.
    Der nickte. »Ja, es muß sein.«
    »Aber die spinnt doch, diese Frau!«
    »Kennen Sie Brenda Tradlin?«
    »Nein!«
    »Dann können Sie auch nicht behaupten, daß sie spinnt. Was sie gesehen hat, das hat sie gesehen, darauf besteht sie, und deshalb werden wir uns ihre Geschichte anhören. Immerhin war sie die persönliche Sekretärin des Richters Jerome T. Harker.«
    »Eines toten Richters.«
    »Eines geköpften sogar. Und wie Sie vielleicht aus der Presse wissen, ist sein Schädel niemals gefunden worden.«
    »Dafür sein Körper, wie?« fragte ich mit leisem Spott in der Stimme.
    »Ja, Brenda sah ihn.«
    Der Superintendent blieb bei seiner Meinung, der ich allerdings nicht folgen konnte. Für mich war das alles das Hirngespinst einer überdrehten Frau, die einfach zu stark an ihrem Chef gehangen hatte.
    Daß er zurückkehrte, war wohl ein Wunschtraum von ihr gewesen, der sich im Laufe der Zeit so fest in ihr manifestiert hatte, daß sie sich meiner Ansicht nach die Erscheinung ihres Chefs eingebildet hatte. Er sollte als Kopfloser hinter dem Schreibtisch gesessen haben, was mir nicht in den Schädel wollte.
    Aber Brenda Tradlin war bei ihrer Meinung geblieben, und sie hatte, nachdem sie sich vom ersten Schock erholt hatte, alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Fall aufzuklären. Somit war sie zu Sir James gelangt, unterstützt von hohen Justizbeamten, bei denen auch mein Chef passen mußte, wenn er um etwas gebeten wurde.
    Wir erwarteten Brenda um die Mittagszeit. Ich hockte in Sir James’ Büro, hatte mir aus dem Sekretariat Kaffee mitgenommen und wartete ebenso auf die Frau wie mein Gegenüber.
    Endlich meldete uns Glenda Perkins Brendas Ankunft. Wenig später erhoben wir uns, um Brenda Tradlin zu begrüßen. Sie hatte das sichere Auftreten einer Karrierefrau, war etwa vierzig, war bekleidet mit einem grauen Tweedkostüm, zu dem der rote Pullover einen Farbkontrast bildete. Das blonde Haar umgab ihr Gesicht in hohen, dichten
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