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Der Knochenmönch

Der Knochenmönch

Titel: Der Knochenmönch
Autoren: Jason Dark
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aber es ist nicht geschehen. Die Spur ist noch heiß. Wende dich an Driscoll. Pfarrer Driscoll. Er weiß mehr. Er hat auch Angst, aber er ist trotzdem ein mutiger Mann.«
    »Worum geht es, William – bitte!«
    »Sie wollen ihn töten. Sie wollen den anderen haben, dem einmal der Thron genommen worden war, weil er – weil er – der Teufel – das Böse – Luzifers Hand an…«
    Die Worte versickerten, und Horace F. Sinclair hockte eingeklemmt in der Bank und fieberte mit. Er hatte das Gefühl, Eis geschluckt zu haben.
    Ihm war innerlich kalt und äußerlich heiß. Was er hier in der Bank gehört hatte, war schwer zu begreifen. Die Worte mußte er zunächst einmal in die richtige Reihenfolge bringen, doch so weit war er noch nicht. Sein sterbender Freund hatte gewisse Dinge nur andeuten können, zu mehr war ihm keine Zeit geblieben.
    Horace merkte nicht, daß sich seine Augen mit Tränen füllten. Er sah, wie sich sein alter Jugendfreund William Cartland quälte, wie er versuchte, auch jetzt noch dem Knöchernen, der schon dicht über ihm schwebte, ein Schnippchen zu schlagen. Immer wieder setzte er an, um erneut zu reden. Er hatte seinen Mund geöffnet, er saugte noch einmal die Luft in seine Lungen, und vor seinen Augen mußten sich bereits die Nebel befinden, die ein normales Sehen verhinderten. »Warum bist du so weit weg, Horace?«
    »Keine Sorge, Will, ich bin noch hier.«
    »Aber – es ist so kalt.«
    Sinclair schluckte. Er hatte genug erlebt, um zu wissen, daß der Tod William Cartland schon im Nacken saß. Viel hatte er erfahren, und trotzdem war es zu wenig gewesen. Er mußte herausfinden, um wen es letztendlich ging, welches das Ziel dieser Verschwörung war.
    »Bitte, Will, du – du – wolltest mir etwas sagen. Ich weiß, daß ich dich jetzt quäle, aber versuche es. Was ist Ziel eurer Verschwörung? Was war das Ziel?«
    »Mord.«
    »An wem?«
    »Der höchste soll sterben. Er soll nicht mehr leben. Der andere wartet. Der Vertreter – Jahrhunderte – all die Zeit – im Verlies – er moderte vor sich hin, aber er ist noch…«
    Horace F. Sinclair hörte zu. Er hatte den Kopf gedreht und ihn dem Gesicht des Sterbenden zugewandt. Er wollte keines der letzten Worte des Sterbenden überhören.
    William Cartland bewegte die Lippen. Es war mehr ein Zittern, in der Kehle krächzte es, und er schaffte es tatsächlich, noch einen Satz zu sagen.
    »Herr, verzeih mir – Herrgott – Allmächtiger, ich werde jetzt – ich bitte dich…«
    Schluß, vorbei!
    Er hatte sich noch einmal aufgebäumt und sogar seinen Kopf in die Höhe gebracht. Der Blick hatte in der letzten Sekunde seines Lebens ein Strahlen angenommen, wie man es bei einem normalen Menschen nicht sah. Es war schon überirdisch zu nennen, als wäre William Cartland ein Blick in den Himmel vergönnt gewesen.
    Und dieses Strahlen blieb auch, als sein Herz nicht mehr schlug. Der Ausdruck zeigte dem trauernden Horace F. Sinclair, daß der Allmächtige seinem Freund verziehen hatte.
    Sinclair blieb hocken. Wie lange er in das wachsbleiche Gesicht des Toten starrte, konnte er nicht sagen. Auch die Zeit war für ihn zweitrangig geworden. Er saß da, schaute in das Gesicht des Toten und sah es trotzdem nicht.
    Seine Gedanken waren weit, weit fort. Sie verloren sich in einer Ferne, die er nicht erkennen konnte. Aber sie drehten sich um William Cartland.
    Er sah sich und ihn, wie sie auf der Uni waren und in einem Hörsaal hockten. Wie sie auf ihren Professor schauten, der ihnen die Juristerei beibrachte und ihnen einmal erklärt hatte, daß aus ihnen beiden nichts werden würde.
    Vergangene Jahre, die in der Erinnerung festhakten. Um Sinclairs Lippen hatte sich ein verloren wirkendes Lächeln gelegt. Es war Vergangenheit, es zählte nicht mehr, denn William Cartland war gestorben. Nicht normal, jemand hatte ihn auf eine brutale Art und Weise ermordet.
    Ein Killer war geschickt worden!
    Dieser Satz riß den alten Herrn aus seinen Erinnerungen. Plötzlich dachte er wieder normal und analytisch. Er sah sich in die Kirche gehen, und er erinnerte sich gut daran, die Blutlache auf dem Boden entdeckt zu haben. Sie hatte geschimmert.
    Ein schlimmer Vergleich, der allerdings zutraf. Wenn eine Blutlache derart schimmerte, konnte es dafür nur einen Grund geben. Sie war ziemlich frisch.
    So frisch, daß die Tat noch nicht lange zurückliegen konnte. Das wiederum trieb Sinclair das Blut ins Gesicht. Er fühlte sich mehr als unwohl, denn er führte seinen Gedanken noch
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