Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Klient

Titel: Der Klient
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
schmutzigen Jeans sehen. Das linke begann anzuschwellen. Alles war verschwommen.
    Der Anwalt kippte seinen Whiskey und starrte Mark an, der vornübergebeugt dasaß und an allen Gliedern zitterte. »Hör auf zu heulen«, fuhr er ihn an.
    Mark leckte sich die Lippen und schluckte Blut. Er rieb sich die Beule über seinem Auge und versuchte, immer noch seine Jeans anstarrend, tief Luft zu holen. Wieder sagte der Mann: »Hör auf zu heulen.« Also versuchte er, damit aufzuhören.
    Der Motor lief. Es war ein großer, schwerer, ruhiger Wagen, aber Mark konnte den Motor hören, der irgendwo weit weg ganz leise schnurrte. Er drehte sich langsam um und warf einen Blick auf den Schlauch, der sich durch das Rückfenster hinter dem Fahrer wand wie eine wütende Schlange, die sich anschleicht, um zu töten. Der dicke Mann lachte.
    »Ich finde, wir sollten zusammen sterben«, verkündete er, ganz plötzlich sehr gefaßt.
    Marks linkes Auge schwoll schnell zu. Er drehte sich halb zur Seite und musterte den Mann, der ihm jetzt noch größer vorkam. Sein Gesicht war dicklich, der Bart war buschig, die Augen waren immer noch rot und funkelten ihn an wie die eines Dämons im Dunkeln. Mark weinte. »Bitte, lassen Sie mich raus«, sagte er, mit bebenden Lippen und brechender Stimme.
    Der Fahrer steckte sich die Whiskeyflasche in den Mund und kippte sie an. Er verzog das Gesicht und schmatzte. »Tut mir leid, Junge. Du mußtest ja unbedingt ein Schlauberger sein und deine kleine Rotznase in meine Angelegenheiten stecken, stimmt’s? Also finde ich, wir sollten zusammen sterben. Okay? Nur du und ich, mein Junge. Ab ins La-La-Land. Ab zum großen Zauberer. Träume süß, Junge.«
    Mark schnupperte die Luft, dann entdeckte er die Pistole zwischen ihnen. Er schaute weg und dann wieder hin, als der Mann einen weiteren Schluck aus der Flasche nahm.
    »Willst du die Pistole?« fragte der Mann.
    »Nein, Sir.«
    »Weshalb siehst du sie dann so genau an?«
    »Das habe ich nicht getan.«
    »Lüg mich nicht an, Junge, denn wenn du es tust, dann bringe ich dich um. Ich bin total übergeschnappt, okay, und ich könnte dich umbringen.« Obwohl ihm die Tränen übers Gesicht rannen, war seine Stimme ganz ruhig. Er atmete tief ein, während er sprach. »Und außerdem, Junge, wenn wir Freunde sein wollen, mußt du ganz aufrichtig sein. Aufrichtigkeit ist sehr wichtig, weißt du das? Also, willst du die Pistole?«
    »Nein, Sir.«
    »Ich habe keine Angst vorm Sterben, Junge, verstehst du das?«
    »Ja, Sir, aber ich will nicht sterben. Ich muß mich um meine Mutter kümmern und um meinen kleinen Bruder.«
    »Ach, wie reizend. Ein richtiggehender Herr im Hause.«
    Er schraubte den Verschluß auf die Whiskeyflasche, dann ergriff er plötzlich die Pistole, steckte sie tief in seinen Mund, preßte die Lippen darum und sah Mark an, der jeder seiner Bewegungen folgte, hoffte, er würde auf den Abzug drücken, hoffte, er würde es nicht tun. Langsam zog er den Lauf wieder aus dem Mund, küßte die Mündung. Dann richtete er sie auf Mark.
    »Ich habe dieses Ding noch nie abgefeuert«, sagte er, fast flüsternd. »Habe sie erst vor einer Stunde in einer Pfandleihe in Memphis gekauft. Was meinst du, ob sie funktioniert?«
    »Bitte lassen Sie mich raus.«
    »Du kannst es dir aussuchen, Junge«, sagte er und inhalierte die unsichtbaren Abgase. »Entweder blas ich dir das Gehirn raus, und dann ist es gleich vorbei, oder das Gas gibt dir den Rest. Du kannst es dir aussuchen.«
    Mark sah die Pistole nicht an. Er schnupperte die Luft und dachte einen Moment, daß er vielleicht etwas riechen konnte. Die Waffe war dicht an seinem Kopf. »Weshalb tun Sie das?« fragte er.
    »Das geht dich einen Scheißdreck an, Junge. Ich bin verrückt. Völlig hinüber. Ich hatte einen hübschen, ruhigen Selbstmord geplant, nur ich und mein Schlauch und vielleicht ein paar Pillen und ein bißchen Whiskey. Ohne daß mir jemand in die Quere kommt. Aber nein, du mußtest dich ja unbedingt einmischen. Du kleiner Dreckskerl!« Er senkte die Pistole und legte sie behutsam auf den Sitz. Mark rieb sich die Beule auf seiner Stirn und biß sich auf die Lippen. Seine Hände zitterten, und er klemmte sie zwischen die Knie.
    »In fünf Minuten sind wir tot«, verkündete der Anwalt und hob wieder die Flasche an die Lippen. »Nur du und ich, Junge. Ab zum großen Zauberer.«
    Endlich bewegte sich Ricky. Seine Zähne klapperten, und seine Jeans waren naß, aber jetzt dachte er wieder nach, ließ sich aus der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher