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Der kleine Koenig Dezember

Titel: Der kleine Koenig Dezember
Autoren: Axel Hacke
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aus.
    »Das ist trotzdem unfair!«, rief ich. »Du kannst laufen, meine Leute nicht.«
    Der König schrie: »Steife Blechkerle! Ich bin hinterher ganz erschöpft und sie nicht.«

    »Du musst dein Bild noch abliefern«, sagte ich. »Welches Bild überhaupt? Du hast ja gar kein Bild dabei.«
    »Ich muss es erst noch malen«, sagte der König. »Kannst du mir Papier geben und bunte Stifte?«
    Ich ging zu meinem Tisch und holte ein Blatt Papier und eine Schachtel mit Stiften.
    »Das ist alles viel zu groß«, sagte der König. »Du musst das Papier so zuschneiden, dass es auf den Anhänger des Lasters passt. Die Buntstifte sind so groß wie Baumstämme für mich. Hast du keine Stummel? Ich kann nicht mit Baumstämmen malen!«
    Ich ging wieder zu meinem Tisch, öffnete die Schublade und wühlte mit beiden Händen in alten Batterien, Klebstofftuben,Bindfadenresten und zerbrochenen Fernbedienungen, bis ich zuerst eine Schere fand und dann den winzigen Rest eines hellgrünen Buntstifts. Mit der Schere schnitt ich aus dem großen Stück Papier ein kleines heraus, das ein bisschen länger war als der Anhänger meines Lasters, aber genauso breit. Den Buntstift-Stummel gab ich dem König, der sagte: »Hellgrün ist schlecht. Ich wollte eine Königskrone mit sieben Zacken malen – da ist hellgrün einfach schlecht.«
    »Ich habe aber nur diesen grünen Stift, der klein genug ist für dich«, sagte ich. »Alle anderen sind zu groß, und einen Anspitzer brauche ich in der Schublade gar nicht erst zu suchen, ich finde bestimmt keinen.«
    Der König war schon ganz in Gedanken und murmelte nur noch vor sich hin: »Es wird schon gehen. Ich werde einfach sagen, es sei Absicht. Andere Leute haben zeitweise alles in Blau gemalt, da wird er mir wohl mal eine hellgrüne Königskrone abnehmen.«
    Er hob den Stift auf, umfasste ihn mit beiden Armen und stellte sich auf das Papier. Mit kleinen Schritten ging er hin und her, die Spitze des Stiftes immer auf dem Boden. So malte er langsam und krakelig eine kleine hellgrüne Krone mit sieben Zacken.
    »Findest du sie schön?«, fragte er.
    »Sehr schön«, sagte ich. »Ich habe noch nie eingesehen, warum immer alle Königskronen aus Gold sein müssen.«
    »Diese ist aus oxydiertem Kupfer«, sagte der König Dezember. »Es ist die Krone des Dachrinnenkönigs Endenovember. Hilfst du mir, das Bild auf den Anhänger zu laden?«
    Er fasste ein Ende des Bildes mit beiden Händen, ich nahm dasandere zwischen Daumen und Zeigefinger, und vorsichtig legten wir es auf unser Fahrzeug.
    Dann sagte der König: »Steig ein, wir fahren los!«
    »Wie soll ich in dieses kleine Auto steigen?«, fragte ich.
    »Ach so«, sagte der König. »Also setz dich in deinen Sessel und schließ die Augen und stell dir einfach vor, dass du es tust. Dann wird es schon gehen.«
    Ich tat, was er gesagt hatte, saß in meinem Sessel, hatte die Augen geschlossen und fühlte mich bald so klein wie der König Dezember – nicht so fett, Gott sei Dank, aber so klein. Als es so weit war, kletterte der König wieder auf den Fahrersitz und sagte noch einmal: »Steig ein!«
    Er öffnete die Beifahrertür von innen. Ich kletterte ins Fahrerhäuschen und schloss die Tür wieder. »Wo wohnt er genau, der große Bilderhaber?«, fragte ich.
    »Direkt beim Ofen, hinter der Fußbodenleiste«, sagte der König und ließ den Motor an. »Dort ist ein kleines Loch zwischen Leiste und Wand, und dahinter wohnt er.«
    »Warst du schon einmal bei ihm?«, fragte ich.
    Der König fuhr immer längs auf den Parkettbohlen entlang, so dass es nicht zu sehr rumpelte, aber wenn wir eine der Lücken zwischen den Bohlen überqueren mussten, wackelte es beträchtlich im Auto, und wir stießen mit den Köpfen gegen die Decke. Dem König fiel beinahe die Krone vom Kopf, und er musste sie gerade rücken.
    »Natürlich war ich schon oft dort«, sagte er. »Ich liefere ihm fast jeden Monat ein Bild.«
    Wir fuhren um eines der Tischbeine herum. Ich kam mir vor wie am Fuße eines riesigen Baumes.
    »Und wie sieht es dort aus?«, fragte ich.
    »Er hat viele Zimmer«, antwortete der König. »Große und kleine Zimmer. Manche sind riesig wie Turnhallen, andere winzig wie deine Speisekammer. Manchmal muss man durch enge Wendeltreppen steigen, um in einen Raum zu kommen, dann wieder führen breite Stufen wie in einem Schloss dorthin. An allen Wänden hängen Bilder.«
    »Und sie gehören dem Bilderhaber?«, fragte ich. »Ist er der einzige, der dort wohnt?«
    Wir waren nach
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