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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Autoren: Carin Bartosch Edström
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sah darin ihre Erwartung und ihre Liebe.
    »Ich steige jetzt in die Badewanne, und du schickst Peder weg«, flüsterte sie Louise zu, ergriff ihre Hand, um sie an die Lippen zu führen, und küsste einen Finger nach dem anderen. »Dann sind es nur noch wir zwei.«
    Im Salon hatte sich Peder ein großes Glas Sherry eingegossen und trank mit gierigen Schlucken. Jeder Schluck brannte in seinem Hals. Er stellte sich in die Fensternische und drehte gedankenverloren an dem Siegelring an seinem linken kleinen Finger. Nur ein Badelaken hatte ihren wohlgerundeten, marmorglatten Körper verdeckt, unter dessen heller Haut sich die Muskeln wie graue Schatten abzeichneten. Ihre widerspenstigen Locken waren ihr auf die Schultern gefallen, und ihr Haar hatte sich an den Schläfen gekräuselt. Er hatte sofort gewusst, an wen sie ihn erinnerte. Alba. Michelangelo hatte er nur gesagt, weil es halbwegs neutral und passend klang. Trotzdem hatte er wieder einmal das Falsche gesagt, wie hätte es auch anders sein können?
    Dass er nach all diesen Jahren jetzt an Alba denken musste … Lächerlich, ja vollkommen verrückt war es, die beiden miteinander zu vergleichen. Vielleicht hatten ihn deswegen seine nostalgischen Gefühle auch so übermannt. Er fühlte sich in seine Jugend zurückversetzt. Er war in diesem Jahr fünfzehn geworden und hatte die Sommerferien ausnahmsweise auf dem Gestüt seiner Cousinen zweiten Grades in Schonen verbracht. Alba hatte ihm gehört, zumindest diesen Sommer lang. Er war immer früh aufgewacht, hatte sich in den Stall geschlichen und ganz dicht neben sie gestellt. Dann hatte er ihr warmes, weiches Fell gestreichelt und die festen Konturen ihrer Muskeln gespürt. Er hatte den Duft von Kraft und Tradition eingeatmet. Wenn er die Finger auf ihrem Bauch kreisen ließ, dann zitterte sie und hob reflexartig die Hufe. Der leichte Druck kitzelte. Aber wenn er ihr an derselben Stelle die Sporen gab, sammelte sie sich und ließ sich antreiben. Dann folgte sie seinem Willen, dann waren sie eins.
    Emilys Vater, der von allen auf dem Gut nur Rittmeister genannt wurde, wollte dafür sorgen, dass er reiten lernte wie ein Mann. Schließlich hatte er das Emily und ihren Geschwistern auch beigebracht. Peder lernte schnell. Die harten Tage mit ihrem Drill endeten immer damit, dass er mit Emily allein ausritt. Dann galoppierten sie auf dem Rückweg um die Wette durch die Pappelallee zum Gestüt. Emily gewann neun von zehn Malen, und trotzdem hegte er den Verdacht, dass sie nicht ihr Äußerstes gab. Aber sie war neben dem Rittmeister auch die Einzige, die Jupither, den langbeinigen Hengst, reiten durfte. Peder spürte, wie jedes Mal sein Herz schneller schlug, sobald sie triumphierend den Helm abnahm und ihr Haar ausschüttelte, sich von ihrem schäumenden Pferd schwang und vor ihm in den Stall ging. Er bestrafte sie, indem er sie nicht küsste, wenn sie sich mit erhobenem Kinn und mit der Gerte in den hinter dem Rücken verschränkten Händen an die Box lehnte.
    Am Tag bevor er auf den Zug nach Stockholm gesetzt wurde, war es Zeit zum Decken. Mit einem Klatsch entließ der Rittmeister Jupither auf die Weide, auf der Emily Alba an einem Halfter hielt. Peder hatte sich hinter den Zaun stellen müssen, damit er nicht im Weg war. Er erinnerte sich an Emilys Gesichtsausdruck, erst konzentriert und gespannt, dann zufrieden lächelnd, als sich der Hengst hinter Alba aufbäumte. Am stärksten erinnerte er sich an die Enttäuschung darüber, wie schnell der Akt vorüber gewesen war, dass es nie zu dem spektakulären Schauspiel gekommen war, das er erwartet hatte. Das Ganze war ihm mehr wie ein klinisches Manöver vorgekommen, wie ein notwendiger Prozess bei einer geschäftlichen Einigung. Zwölf Jahre später war Emily seine Frau geworden. Alba war bereits im September verkauft worden.
    Und nun stand er also in Louises Salon, das Döschen in der Innentasche, und hatte das Gefühl, dass er endlich für all die passiven Jahre als ausgeschlossener Betrachter entschädigt wurde. Das Parkett knarrte, als Louise eintrat. Peder drehte sich um, trank den letzten Schluck Sherry und ging ihr entgegen.
    »Ich werde nicht bleiben«, erklärte er. »Bring mich bitte zur Tür.«
    Als sie in der Diele standen und er ihr gespanntes Lächeln mit den etwas schiefen Zähnen sah, die Eckzähne hatten genau wie bei ihm zu wenig Platz, überkam ihn eine große Zärtlichkeit, und er nahm sie in die Arme.
    »Du musst wissen, dass ich mich sehr geehrt fühle,
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