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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)
Autoren: Elisabeth Büchle
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öffnen.
    Schnell huschte sie in den vom Lärm der Arbeiten erfüllten Raum. „Nun kommen Sie schon, Herr Martin. Sie müssen mir unbedingt alles erklären. Was geschieht in diesem Bereich?“
    Der junge Mann trat näher zu ihr, damit er nicht gegen den Fabriklärm anschreien musste, und erklärte ihr die Arbeitsabläufe. Norah hörte ihm eine geraume Zeit aufmerksam zu, ließ ihn dann ohne Vorwarnung einfach stehen und trat zu einem Arbeiter hinüber, der gerade eine kleine Pause einlegte und sich mit einem schmutzigen Tuch den Schweiß vom Gesicht wischte.
    Richard verharrte verblüfft im Mittelgang und beobachtete sie.
    Die junge Frau sprach den Arbeiter an, streckte dem verdutzten Mann ihre kleine, schmale Hand hin und wechselte nach der Begrüßung ein paar Worte mit ihm. Als sie sich abwandte, lag auf dem rundlichen, mit Bartstoppeln überzogenen Gesicht des Arbeiters ein zufriedenes Lächeln.
    Inzwischen eilte Norah weiter den mit Holzplatten ausgelegten Gang entlang, ohne Richard zu beachten. Dieser betrachtete noch immer interessiert das Gesicht des Mannes, mit dem die Irin gerade gesprochen hatte. Täuschte er sich, oder lächelte er noch immer? Arbeiteten seine Hände flinker als zuvor?
    Richard schüttelte über seine eigenen Gedankengänge den Kopf und folgte dem Mädchen schnellstmöglich.

    Der feuchtkalte Nebel waberte in dichten, milchig weißen Schwaden zwischen den grauen, verkommenen Häuserfronten des Belfaster Viertels hindurch. Unter dem weißen Licht des Halbmondes schienen sich die einfachen kleinen Häuser, die sich wie stützend aneinanderlehnten, dem nassen, schadhaften Kopfsteinpflaster der engen Gasse entgegenzuneigen.
    Zwischen den Lamellen eines schief in den Angeln hängenden Fensterladens schimmerten ein paar schmale Lichtstreifen hindurch, die ein bizarres Muster auf den schmutzigen, mit Unrat übersäten Boden malten.
    Eine graue Katze huschte eilig davon, als die festen Schritte zweier Männer zwischen den Häusern widerhallten. Ihre finsteren Gesichtszüge wurden vom blassen Mondlicht beschienen.
    „Was soll das heißen: ‚Sie ist weg‘?“, zischte Connor, der Größere der beiden, und ballte bei diesen Worten wütend die Hände zu Fäusten.
    „Weg eben.“
    „Spar dir deine Frechheiten“, knurrte der Große und drohte Callum mit der Faust.
    Der reagierte auf diese Drohgebärden schon gar nicht mehr, sondern schob nur seine Hände tief in die Taschen seiner ausgebeulten Stoffhose und zuckte dabei gleichgültig mit den Schultern. „Hab sie ein paar Tage nicht gesehen. Diese Norah ist weg.“
    „Wo soll sie denn sein? Du solltest sie doch im Auge behalten! Wenn das unser Auftraggeber merkt!“, zischte der andere, dieses Mal lauter, und erneut floh die Katze aus ihrem Versteck, jagte über die Pflastersteine und verschwand in der schmalen Lücke zwischen zwei Häusern.
    „Was weiß ich.“
    „Hast du eine von ihren Nachbarinnen befragt? Diese Weiber wissen doch meist alles von den anderen.“
    „Klar. Sie haben mir ja eben gesagt, sie sei weg.“
    Connor packte seinen Begleiter grob am Hemd und drückte ihn mit seinem ganzen Gewicht gegen eine Hauswand. Loser Putz bröckelte ab und fiel zu Boden.
    „Wohin weg? Wann? Hat sie ihre Sachen mitgenommen? Ist sie mit einem Schiff fort? Mit dem Zug?“ Seine Worte stürmten förmlich auf den Bedrängten ein und hüllten ihn in eine Wolke aus Alkohol.
    „Weiß ich noch nicht“, keuchte Callum und versuchte, sich aus dem erbarmungslosen Griff zu winden.
    „Dann finde es heraus. Und zwar schnell, bevor sie womöglich über den Ozean nach Amerika fährt. Hast du mich verstanden?“
    „Ja.“ Mehr zu sagen war er nicht mehr in der Lage, denn ein heftiger Fausthieb traf ihn in den Magen. Gleichzeitig wurde er losgelassen, und so sackte er zusammen und rutschte schließlich an der Hauswand entlang zu Boden. Als er wieder zu Atem gekommen war und aufsah, war sein Kumpan in der Dunkelheit verschwunden.
    „Verdammt!“, fluchte Callum halblaut und rappelte sich mühsam auf. Leicht gebeugt ging er den Weg zurück, den er gerade gekommen war, und schließlich verschwand er in einer Nebenstraße, die ihn direkt bis zu den Docks hinunterführen würde.

    Die Flut von Norahs Fragen über das Werk schien kein Ende zu nehmen, und zwischen Richards Erklärungsversuchen sprach sie mit dem einen oder anderen Arbeiter. Auf diese Weise besichtigten sie im Eiltempo das gesamte Firmengelände.
    Zuletzt betraten sie den Büroraum. Wie auf
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