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Der Killer im Lorbeer

Der Killer im Lorbeer

Titel: Der Killer im Lorbeer
Autoren: Arthur Escroyne
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Zwielicht des Gewitters sah Rosemary den Saphir zum ersten Mal. Wortlos steckte ich ihr den Ring an, ohne dass sie mir ihr Jawort gegeben hatte. Er passte. Mehr Zustimmung brauchten wir nicht. Wir küssten unsere nassen Gesichter, umarmt flohen wir ins Trockene. Rosy trug den Ring in dieser Nacht und am darauffolgenden Morgen. Bevor sie zum Dienst aufbrach, zog sie ihn ab und verwahrt ihn seitdem in ihrer persönlichen Truhe.
    »Ich kann so einen Ring nicht bei der Arbeit tragen. Er ist zu kostbar, zu auffällig.«
    »Das verstehe ich.«
    »Nicht, dass ich es nicht wollte. Ich würde ihn liebend gern tragen.«
    »Es geht eben nicht.«
    »Verlobt sind wir trotzdem«, sagte sie. »Ich will verlobt sein, es gefällt mir gut.«
    Die Ampel springt um. Ralph biegt in die Fairview Road.
    »Bei St. Margaret’s hättest du rechts gemusst«, sagt Rosy mit eigenartigem Lächeln.
    »Warum sagst du mir das nicht früher?«
    »Ich dachte, du kennst die Universität.«
    Ohne eine Möglichkeit zu wenden fährt Ralph an dem altehrwürdigen Gebäude vorbei.
    »Ich bringe Sie zu Mr Gaunt.« Die Sekretärin bittet die Polizisten weiter. Der Korridor führt über schwarze und weiße Quadern. Vom Deckengewölbe grüßt ein marmorner Engel. Das Licht bricht sich in den Butzenscheiben des Spitzbogenfensters.
    »In dieser Umgebung wird unsere Jugend auf die Wirklichkeit vorbereitet?«, raunt Ralph.
    »Eine schreckliche Tragödie«, sagt die Sekretärin über die Schulter. »Weiß man schon Genaueres?«
    Rosy erstickt ihre Neugier im Keim. »Wie viele Studenten hat Mr Gaunt?«
    »Als Tutor betreut er mehrere Jahrgänge. In der Gruppe von Miss Perry sind es vierzehn.«
    Bevor die Sekretärin die Klinke berührt, geht die Tür auf. Ein Mann im grauen Anzug tritt auf Ralph zu.
    »Guten Tag, Inspector, ich bin Edward Gaunt.«
    »Ich bin Sergeant Bellamy.« Ralph schüttelt seine Hand. »Das ist Detective Inspector Daybell.«
    »Oh, verzeihen Sie.« Der Mann fährt sich durch den Dreitagebart. Seine Krawatte sitzt locker, er neigt zur Korpulenz.
    Rosy geht als Erste hinein. Mr Gaunt bietet den Gästen Stühle an, er selbst bleibt vor dem Fenster stehen. Die alten Butzenscheiben schaffen einen unruhigen Hintergrund.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist unvorstellbar.«
    »Was ist unvorstellbar, Mr Gaunt?«
    »Dass Miss Perry nicht mehr bei uns ist.«
    »Was studierte sie?«
    »Lehramt. Sie wollte Grundschullehrerin werden.«
    »Wie lange sind Sie schon ihr Tutor?«
    »Im Sommer werden es drei Jahre. Ich selbst unterrichte Englische Literatur und Sport. Als Tutor bin ich vor allem für die Vernetzung von Theorie und Praxis zuständig.«
    »Wie sieht das aus?«
    »Im Herbsttrimester widmen wir uns Fragen der Pädagogik, im Frühling geht es praktischer zu. Miss Perry stand in der Phase des Microteaching.Das sind erste Unterrichtsversuche, die in der Gruppe diskutiert werden.«
    Rosy nimmt ihr Smartphone aus der Tasche. »Was für ein Mensch war Gwendolyn Perry?«
    »Verschlossen, würde ich sagen, keine einfache Studentin.« Gaunt zeigt auf das Telefon. »Zeichnen Sie das auf?«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben. Was meinen Sie mit verschlossen ?« Sie legt das Handy auf den Schreibtisch.
    »Nach dem ersten Jahr sagte ich ihr, dass sie an ihrer Persönlichkeit arbeiten müsse, vor allem im sozialen Umgang. Sie war – wie soll ich sagen? Der Ausdruck Hybris trifft es am besten. Gwendolyn behandelte die Menschen gern von oben herab.« Er hebt die Schultern. »Ich erlebe das immer wieder bei jungen Frauen, die besonders attraktiv sind.«
    »Und das war Miss Perry?«
    »Das kann man wohl behaupten.«
    »Hat sich nach Ihrem Gespräch an ihrem Auftreten etwas verändert?«
    Gaunt stößt sich vom Fensterbrett ab. »Was einen guten Lehrer ausmacht, ist weniger sein Fachwissen oder die Lehrmethode. Das Wichtigste ist Beständigkeit. Der Lehrer ist der Fels in der Brandung kindlicher Unberechenbarkeit. Durch ihn lernen junge Menschen, aus ihrer Fantasiewelt, in der noch alles möglich ist, einzutreten in die Welt der Wirklichkeit und ihrer Grenzen.«
    »Wäre Miss Perry eine gute Lehrerin geworden?«
    »Ich war zuversichtlich. Dass sie halbtags mit Kleinkindern arbeitet, trug zu ihrer Entwicklung bei.«
    »Sie wussten von ihrem Job?«
    »Ich habe ihr die Stelle bei Mrs Lancaster vermittelt.«
    »Wie kam das?«
    Gaunts Züge werden weicher. »Als Tutor erfährt man viel. Ich fand heraus, dass Gwendolyns Mutter ihr den Studienaufenthalt nicht
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