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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator
Autoren: Charles L. Harness
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Irgendwo hier mußte doch ein Deo-Stick sein. Heutzutage ist alles so verdammt bequem – und kompliziert. Sogar das Baden. Man kann sich nicht mehr einfach naß machen und dann mit einem Handtuch abtrocknen. Und was ist überhaupt aus den Badewannen geworden?
    Er warf einen Blick auf den kleinen 3D an der Wand über seinem Kleiderschrank. Die Morgennachrichten. Neues aus der Welt und aus dem All. Marsexpedition auf dem Rückweg nach einem Monat auf dem roten Planeten. Anschluß der südatlantischen Pipeline Kuwait-Texas an die kurz vor der Fertigstellung stehende kolossale neue Braunkohle-Verflüssigungsanlage in Baytown. Präsidentin Jones besucht Kohlevergasungsbetrieb in West Virginia, dem mittlerweile wohlhabendsten Staat des Landes. Bergleute drohen jedoch mit Streik, falls sie eine Bergwerksbesichtigung durchführen will. Epidemie in Madras jetzt endgültig als Novarella identifiziert. Zwanzigtausend Tote. Schiebt sich längs der Küste auf Kalkutta zu. Mediziner noch immer hilflos.
    Paul starrte eine Weile auf den Bildschirm, aber dann wandten sich seine Gedanken wieder dem Trialin zu, und er kleidete sich an.
    Ah, Billy! Das wird eine Sitzung werden! Er betrachtete die Gegenstände auf seinem Schreibtisch, wie um Kraft aus ihnen zu schöpfen. Der poröse Ammonit – er hatte ihn am Bachufer gefunden, bei Black Bridge, damals in Texas, an einer Stelle, zu der er und Billy als Kinder immer gingen. Er schaute auf die Reihe der Tagebücher. Billys Tagebücher. Zehn kleine Bände zwischen Buchstützen. Dann das Photo-Tryptichon: Die drei Gesichter. Daddy im linken Flügel, Billy in der Mitte und Mammi rechts. Und da waren noch andere Dinge … in der unteren Schublade. Ein kleiner, roter Zedernholzkasten. Er enthielt Billys Asche. Und darauf stand die Kassette mit Billys Testament.
    Er unterbrach seine Träumerei.
    In seiner winzigen Kochnische ertönte der Summer. Speck und Toast warteten auf ihn, eingewickelt in Wegwerffolie.
    „Es ist acht Uhr fünfzehn“, verkündete der Nachrichtendienst. „Jetzt sollten Sie sich wirklich auf den Weg machen.“
    Weiß ich, dachte er.
     
     
    Um eine Minute vor neun betrat er den Konferenzraum. Die Sensoren entdeckten ihn augenblicklich und schalteten das Licht ein. Natürlich war noch niemand da. So konnte er sie wenigsten nacheinander begrüßen, wenn sie hereinkämen. Das war besser als selber ein wenig zu spät zu kommen und in ein unentwirrbares Knäuel von Gesichtern zu blinzeln.
    Er klappte seinen Aktenkoffer auf und zog seinen Block hervor. Dann starrte er eine Weile hinaus in den Verkehr auf der Post Road. Er hörte ein leises Geräusch hinter sich und wandte sich um.
    Eine Frau war hereingekommen. Er wußte sogleich, daß es Mrs. Pinkster, Kussmans Sekretärin, sein mußte. Er lächelte. „Guten Morgen. Ich bin Paul Blandford. Patentabteilung.“
    Sie nickte kaum merklich und völlig ausdruckslos. „Pinkster.“
    Intuitiv wußte er, daß er ihr nicht die Hand geben konnte.
    „Dr. Kussman wird gleich hier sein“, sagte sie.
    Kussmans Assistent, Tom Oldham, kam als nächster. Er lächelte und schüttelte Paul erfreut die Hand. Oldhams Handfläche fühlte sich trocken und hart an. Paul hatte gehört, daß der Mann früher ständig schweißnasse Hände gehabt hatte, bis er sich die Schweißdrüsen in seinen Handflächen mit einem chirurgischen Laser hatte verschmoren lassen.
    Jetzt bemerkte Paul ein schrilles, aber gedämpftes Stöhnen. Zuerst schien es von allen Seiten zu kommen, aber als er genau hinhörte, fand er, daß es an einer bestimmten Wand am stärksten war. Sicher irgendeine Maschine. Er schaute Oldham an. „Was ist das?“
    Oldham lächelte. „Wir sind hier neben der Katalysatoren-Zerkleinerungskammer. Die Mühlen arbeiten größtenteils mit Schall, und das Geräusch, das Sie hören, ist das Resultat von Luftvibrationen verschiedener Frequenzen. Bob Moulin hat im Augenblick ein paar Mühlen laufen. Guter Mann, der Moulin. Immer bei der Arbeit. Pünktlich wie ein Uhrwerk.“
    Und schließlich Kussman. Fred Kussman war ein schlanker, nervöser Mann Anfang vierzig, dessen Schläfen die ersten grauen Strähnen sehen ließen. Auch er lächelte Paul zu, aber Paul wünschte sich, er hätte es nicht getan. Das Lächeln schien zu besagen, daß er sich in einer Vorteilsposition befand und darüber frohlockte. Zuerst hatte man das Gefühl, daß seine Augen einen durchbohrten. Aber wenn man seinem Blick standhielt, gelangte man schließlich zu dem Eindruck,
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