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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman
Autoren: Richard Laymon
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grässlichen Leichnam geborgen hatte. Über dem Unterleib befand sich ein fast dreißig Zentimeter langer diagonaler Schnitt, der grob mit Bindfaden zugenäht war. Die Brüste waren zu faltigen Säcken
geschrumpft. Die Schamgegend der Mumie war haarlos. Wahrscheinlich war die junge Frau nach ihrem Tod von den antiken Bestattern rasiert worden.
    Susan bemerkte, dass Tag zur Seite blickte.
    Sie schlossen den Deckel und verbargen das scheußliche Gesicht.
    »Sehen alle Mumien so aus?«, fragte Tag. Seine blasse Gesichtsfarbe machte Susan Sorgen.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie.
    »Ich hab mich schon mal besser gefühlt.«
    »Sollen wir gehen?«
    »Wir hätten schon vor fünf Minuten gehen sollen.«
     
    In der Tiefgarage unter dem Marina-Towers-Wohnkomplex fuhr Tag langsam an Susans Jaguar vorbei.
    »Er ist repariert!«, rief sie freudig aus.
    »Ich musste zu Hause noch ein paar Minuten totschlagen, also habe ich dir das Reserverad montiert.«
    »Du bist ein Schatz.«
    »Im Gegensatz zu einigen anderen Leuten. Dein Reifen hat nicht von allein Luft gelassen. Jemand hat nachgeholfen. Mit einem Messer, würde ich sagen.«
    »Du meinst, jemand hat absichtlich …?«
    Tag nickte. »Es könnte natürlich Zufall sein, dass es deinen Wagen erwischt hat, aber ich bezweifle es. Ich glaub, du hast dir einen Feind gemacht.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was ist mit Larry?«
    »Er würde so was nicht machen. Das wäre so ungefähr das Letzte, was er tun würde. Er hat das Auto bezahlt, er würde es nicht beschädigen.«
    »Es sei denn, es passt ihm nicht, dass es jetzt dir gehört.«
    Tag bog auf seinen Parkplatz. Obwohl er langsam fuhr, quietschten die Reifen auf dem glatten Beton.
    »Ich glaube nicht, dass es Larry war.«
    »War ja nur eine Idee.«
    Das Knallen der Türen hallte durch die Tiefgarage.
    »Was hältst du davon, auf einen Drink mit reinzukommen? «
    »Klingt gut.«
    Sie fuhren mit dem Aufzug in den zweiten Stock und gingen den schmalen, mit Teppich ausgelegten Flur entlang. Als Susan ihre Wohnungstür öffnete, schlug ihr der warme, köstliche Geruch von Enchiladasoße entgegen.
    »Abend, María«, begrüßte sie die rundliche, lächelnde Frau in der Küche.
    María nickte eifrig.
    »Hat alles geklappt heute?«
    » Sí. Alles klar.« Ihre strahlenden Augen richteten sich auf Tag. »Ah, Señor Taggart. Margarita, sí ?«
    »Genau.«
    Susan ließ sie allein und ging zum Kinderzimmer. Geoffrey war gerade damit beschäftigt, seine Zehen zu untersuchen, und blickte auf, als sie eintrat. Er grinste und gluckste.
    »Hallo, kleiner Mann«, sagte Susan. »Hattest du einen schönen Tag?« Sie hob das Baby hoch, küsste seine Wange und klappte seine Windel auf. Sie fühlte sich feucht an. Susan zog den Jungen aus, trocknete und puderte ihn und legte ihm eine neue Windel an. Nach kurzem Kampf gelang es ihr, ihn in eine winzige braune Cordhose zu stecken. Dann zog sie ihm ein gelbes T-Shirt an, auf dem stand: RUTSCHGEFAHR BEI NÄSSE. »Fertig, mein
Kleiner.« Sie nahm ihn auf den Arm und trug ihn ins Wohnzimmer.
    Tag kam herein. Er reichte Susan eine Flasche Babynahrung und ein Glas Perrier. »Cocktails für alle«, verkündete er. Er setzte sich ihr gegenüber und schlürfte seine Margarita.
    María trat ein und stellte eine Schüssel mit Tacos vor ihn auf den Tisch. »Gracias«, sagte er.
    »De nada.«
    Er sah zu, wie sie aus dem Zimmer ging. »Ich hätte auch gern so jemanden«, sagte er.
    »Ich wünschte, ich bräuchte sie nicht.«
    »Was willst du machen, den ganzen Tag zu Hause bleiben? «
    »Es würde mir nichts ausmachen. Nach Geoffreys Geburt habe ich das drei Monate getan, und es hat mir gut gefallen.«
    »Was ist mit dem Museum?«
    »Das würde nicht weglaufen. Aber wie man so schön sagt, einer muss ja die Brötchen verdienen. Also bleibe ich wohl im Museum, und María bleibt bei Geoffrey.«
    »Mit dem, was Larry verdient …«
    »Ich will nicht noch mehr von ihm. Es ist schlimm genug, dass ich den Unterhalt für das Kind nehmen muss.« Sie sah zu dem Baby hinunter und fuhr fort: »Ich bin einfach nur froh, dass Geoffrey nicht weiß, was für ein widerlicher Typ sein Vater ist.« Sie lächelte den Jungen an, und er hörte lang genug auf zu nuckeln, um ein Grinsen zustande zu bringen. Säuglingsmilch tropfte aus seinem Mundwinkel. Susan tupfte sie mit einem weichen Taschentuch ab und blickte zu Tag. »Bleibst du zum Abendessen?«

    »Das würde ich gerne. Aber ich muss nochmal raus. Ich hab heute Abend einen Kurs:
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