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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman
Autoren: Richard Laymon
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Jemand war in das Zimmer mit der Sammlung eingedrungen.
     
    Emil trat mit Metar an seiner Seite in den Raum. Er ging dicht an der Wand entlang und ließ den Strahl seiner Lampe über Statuetten aus Gold und Elfenbein wandern, über goldene Halsketten, die schwer mit wertvollen Edelsteinen besetzt waren, über Skarabäen und Broschen und glitzernde Ringe.
    Es empörte ihn, derart viele Antiquitäten in der Sammlung eines Privatmanns zu sehen. Mit mehr Zeit hätte er die komplette Sammlung dieses Grabräubers ausgeräumt.
    Aber Emil war nur wegen Amara gekommen.
    Der schmale Lichtkegel fand eine steinerne Vase, deren Deckel mit dem Schakalkopf des Gottes Anubis dekoriert war. Daneben stand ein ähnliches Gefäß, auf dem ein Falkenkopf thronte. Der Strahl strich schnell über zwei weitere Vasen. Die Kanopen, in denen sich die einbalsamierten Organe Amaras befanden – Herz, Lunge, Nieren. Ihre Gebärmutter. Er musste die Kanopen heute Nacht mitnehmen.
    Er schwenkte die Taschenlampe und entdeckte den Sarg.
    Es war der hölzerne innere Sarg Amaras. Die äußeren Särge und massiven Steinsarkophage hatten Ägypten niemals verlassen. Die Diebe hatten nur diesen und die Kanopen mitgenommen. Und Amara selbst.
    Emil trat dicht an den Sarg und leuchtete auf eine goldene Scheibe an der Kante des Deckels. Er war froh, dass sich das heilige Siegel noch an seinem Platz befand.
    Callahan war Abschaum, aber nicht dumm.
    Emil beugte sich über den Deckel und untersuchte das zweite Siegel. Auch dieses schien unversehrt.
    Erleichtert gönnte er sich einen Blick auf das in den Deckel geschnitzte Gesicht Amaras. Es war ein Gesicht von außergewöhnlicher Schönheit, ein Antlitz, das selbst Nofretete beschämt hätte, wenn sich die Pfade der beiden jemals gekreuzt hätten. Aber es lagen Jahrhunderte zwischen ihnen. Amara gehörte zur lange vergangenen Epoche der elften Dynastie, als Mentuhotep geherrscht hatte und die Götter noch jung gewesen waren im Gedächtnis der Menschen.
    Emil warf einen Blick zu Metar, der wie hypnotisiert von ihrer Schönheit auf die Schnitzerei starrte. Er tippte ihm auf den Arm, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Dann zeigte er auf das Fußende des Sargs.
    Gemeinsam, jeder an einer Seite, hoben sie den Sarg hoch. Sie schleppten die schwere Kiste durch den Raum, aus der Tür und durch das dunkle Foyer. Emils starke Arme spannten sich unter dem Gewicht an. Metar wimmerte, als die Wunden der Hundebisse auseinandergezogen wurden und erneut zu bluten begannen. Am Ende des Foyers endete auch der Teppich. Emil spürte den Marmorboden unter seinen Füßen.

    Noch ein paar Schritte, und sie würden den Sarg absetzen, damit Metar die Tür öffnen konnte.
    Es war gut, den schwierigsten Teil zuerst zu erledigen. Die Kanopen wären danach eine Kleinigkeit.
    Emil bedeutete Metar mit einem Nicken, stehen zu bleiben.
    Eine Explosion zerfetzte die Stille. Im Mündungsblitz sah er, wie Metar nach hinten geworfen wurde und den Sarg fallen ließ. Eine Staubwolke stob unter dem Deckel des Sargs hervor. Der Staub der Jahrhunderte. Der Staub des Leichnams. Als er zur Treppe sah, zerrissen ein zweiter Blitz und eine weitere Explosion die Dunkelheit. Er schaffte es nicht mehr, sich zu ducken.
     
    Im Umzugswagen direkt vor der Tür hörte Steve Bailey die Schüsse.
    Heilige Scheiße.
    Sie stammten nicht von einer Kaliber .22.
    Das war eindeutig eine wesentlich durchschlagskräftigere Kanone, vielleicht eine Kaliber-.12-Schrotflinte.
    Emil und Metar hatten nur ihre Erbsenpistolen dabei.
    Wem gehörte dann die Waffe?
    Bailey wartete nicht, bis er es herausfand. Er löste die Handbremse, rammte den ersten Gang rein, trat das Gaspedal durch und ließ die Kupplung schnalzen.
     
    Callahan ließ die Schrotflinte sinken. Seine Schulter war taub vom Rückstoß. Die Ohren klingelten, als hätte jemand kräftig daraufgeschlagen.
    Als er die Treppe hinunterstieg, hörte er, wie direkt vor der Tür ein Motor kurz aufbrüllte und sich dann entfernte.

    Callahan ging durch das dunkle Foyer und gab acht, nicht über die Körper oder den Sarg zu stolpern. Neben der Tür ertastete er den Schalter und knipste das Licht an.
    Beide Mistkerle sahen aus, als wären sie tot. Einen hatte es an der Brust erwischt. Dem anderen fehlte der Großteil der Stirn.
    Callahan sah hinüber zum Sarg, der auf die Seite gefallen war. Er bückte sich und entdeckte einen Riss in einem der goldenen Siegel.
    »Robert!«
    Er blickte zur Treppe hinauf. Sein kleiner
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