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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman
Autoren: Richard Laymon
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konnte, so wie ein Kind seiner Mutter Mitleid heischend einen aufgeschürften Ellbogen zeigt.
    Emil wandte sich angewidert ab. Er lief durch das Pinienwäldchen und sah Callahans Haus hinter einer fünfzig Meter breiten, ordentlich getrimmten Rasenfläche liegen. Flutlicht beleuchtete die Veranda mit den Säulen im Kolonialstil. Aber alle Fenster, die in Emils Blickfeld lagen, waren dunkel. Er hielt sich von der hellen Vorderseite fern, rannte zur linken Seite des Hauses und lehnte sich gegen die Wand.
    Metar kam mit einem Taschentuch um seinen verwundeten Unterarm zu ihm gelaufen.
    Emil klebte das Fenster mit Isolierband ab. Sein Glasschneider fraß sich in die Scheibe. Er schnitt ein Rechteck aus.
    Eine saubere Arbeit. Eine gute Arbeit. Deswegen wurde er von seinen Auftraggebern anständig bezahlt.
    Er hielt das Rechteck mit dem Isolierband fest, klopfte das Glas los und zog es heraus. Das ordentlich herausgeschnittene, symmetrische Glasstück reichte er Metar. Dann griff er durch das Loch und entriegelte das Fenster.
    Es ließ sich leicht aufschieben.
    Geräuschlos.
    Emil kletterte hindurch. Wie geplant befand er sich in Callahans Arbeitszimmer. Er setzte sich auf die Kante des Teakholz-Schreibtischs und sah zu, wie Metar ungeschickt durch das Fenster stieg.
    Sie gingen durch das Zimmer zur Tür. Emil öffnete sie vorsichtig. Er spähte in den dunklen Flur und bedeutete Metar, ihm zu folgen.

    Die Gummisohlen von Metars Schuhen quietschten auf dem Marmorboden. Emil warf seinem jüngeren Kumpan einen scharfen Blick zu. Metar zuckte mit den Schultern, ging in die Hocke und zog sich die Schuhe aus.
    Emil leuchtete mit dem Strahl einer kleinen Taschenlampe zur Eingangstür. An der Wand neben der Tür fand er die Gegensprechanlage und die Fernbedienung.
    Er drückte den Knopf.
     
    Im Umzugswagen, der in der Nähe parkte, beobachtete Steve Bailey blinzelnd durch eine Wolke von Zigarettenrauch das eiserne Tor. Es begann aufzuschwingen.
    Sehr gut.
    In zehn Minuten würde die Sache erledigt sein. Er wäre weg von diesem Haus und auf der Autobahn zum Flughafen. Ein paar Stunden später würde er mit Carla zusammen sein. Unmittelbar nach Erledigung eines Auftrags lief es mit ihr immer besonders gut, wenn er in Sicherheit und die Angst verschwunden war und er Geld in der Tasche hatte … viel Geld. Dann wusste sein Schwanz, dass es Zeit war, aus dem Versteck zu kommen und zu feiern.
    Steve ließ die Kupplung kommen und rollte durch das offene Tor. Er steuerte die Einfahrt entlang, bog nach links und fuhr über den Rasen zur Veranda.
     
    Mit einem Zischen flackerte der Schweißbrenner auf. Emil beobachtete, wie sein Partner die Flamme auf die Verriegelung der Stahltür richtete. Das Metall warf Blasen und öffnete sich wie die Ränder einer Schnittwunde.

    Emil schob sich die Schutzbrille auf die Stirn und ging leise über den Flur ins Foyer. Er blickte die Treppe hinauf.
    Vielleicht sollte er hochgehen und Callahan eine Kugel in den Kopf jagen? Dann könnte er seine Arbeit machen, ohne sich um das Auftauchen des Mannes sorgen zu müssen. Aber ein Mord würde das öffentliche Interesse auf den Fall lenken. Und das sollte möglichst vermieden werden.
    Solange der alte Mann sich nicht einmischte, würde Emil ihn leben lassen.
    Die Flamme wurde abgestellt. Funken sprühten durch die Luft.
    Emil ging zurück zur Tür und half Metar, den durchtrennten Türriegel zu entfernen. Während er ihn zur Seite legte, packte Metar den Brenner zurück in den Rucksack und zog sich die Riemen über die Schultern.
    Langsam schob Emil die Metalltür auf.
     
    Robert Callahan schlief in seinem Zimmer im Obergeschoss, hörte das leise Summen des Alarms und träumte von Sirenen. Ein Krankenwagen hielt auf einen Haufen zerdrückter Autos zu. Sarah lag auf der Straße, hob ihren blutigen Kopf und rief um Hilfe.
    »Da ist sie«, rief der Krankenwagenfahrer.
    Robert, der in seinem Traum aus irgendeinem Grund auf dem Beifahrersitz saß, sagte: »Gott sei Dank, sie lebt noch.«
    »Das haben wir gleich«, sagte der Fahrer.
    Der Krankenwagen raste auf sie zu. Tödlich wie eine Kugel.
    »Halt!«

    »Sie ist an der Reihe.«
    »Nein!«
    Sie sah mit flehendem Blick in die Scheinwerfer. Starrte in das Angesicht des Todes.
    Robert spürte, wie das Fahrzeug ruckte, als es sie rammte.
    Plötzlich war er hellwach. Er schnappte nach Luft und bemerkte, dass es sich bei der Sirene in Wirklichkeit um den Einbruchsalarm aus dem Lautsprecher neben seinem Bett handelte.
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