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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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angefangen.
    Der Kalif spürte eine Woge von Selbstgefälligkeit in sich aufsteigen, und die klare, alles durchdringende Wahrheit erfüllte ihn wie ein Licht. Die einzige Lösung für Gewalt war noch mehr Gewalt.
    In den nächsten paar Minuten würden viele sterben, und dass sie starben, würde ein Glück für sie sein. Aber es gab eine Person im Steinpalast, die nicht getötet werden durfte noch nicht. Er war ein ganz besonderer Mann, ein Mann, der auf die Insel gekommen war, um den Versuch zu machen, Frieden auszuhandeln. Er war ein mächtiger Mann, ein Mann, den Millionen verehrten, aber nichtsdestoweniger ein Agent des Neokolonialismus. Man musste ihn mit Vorsicht behandeln. Dieser eine - der große Mann, der »Friedensstifter«, der Mann für alle Menschen, wie es die westlichen Medien immer wieder hinausposaunten -würde nicht bei militärischen Kampfhandlungen ums Leben kommen. Ihn würde man nicht erschießen.
    Für ihn würde das korrekte Protokoll eingehalten werden.
    Und dann würde man ihn enthaupten, wie es sich für einen Verbrecher geziemte.
    Die Revolution würde sein Blut trinken!

TEIL 1
1
    Die Konzernzentrale der Harnett Corporation breitete sich auf den beiden obersten Stockwerken eines schwarzen Glasturms an der Dearborn Street im Loop von Chicago aus. Harnett war ein internationales Bauunternehmen, freilich keines von der Art, das Wolkenkratzer in amerikanischen Metropolen baute. Die meisten Projekte, mit denen sich das Unternehmen befasste, waren in Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten angesiedelt, wo die Firma mit großen Gesellschaften wie Bechtel, Vivendi und Suez Lyonnaise des Eaux zusammenarbeitete. Die Gesellschaft organisierte den Bau von Staudämmen, Abwasseranlagen und Gasturbinen-Kraftwerken - alles nicht gerade glanzvolle, aber notwendige Infrastruktur. Projekte dieser Art stellten Herausforderungen im Ingenieurbau und nicht so sehr in der Ästhetik dar, setzten dafür aber die Fähigkeit voraus, in dem in stetigem Fluss befindlichen Bereich zwischen dem Behördengeschäft und der Privatwirtschaft zu operieren. Länder der Dritten Welt, die unter dem ständigen Druck der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds standen, im Staatsbesitz befindliche Unternehmen zu verkaufen, waren fortwährend auf der Suche nach Anbietern für Telefonsysteme, Wasserwerke, Kraftwerke, Eisenbahnen und Bergwerksanlagen. Der Eigentümerwechsel brachte häufig die Notwendigkeit für neue Bautätigkeit mit sich, ein Bereich, in dem hoch spezialisierte Firmen wie die Harnett Corporation inzwischen eine bedeutende Rolle spielten.
    »Ich bin mit Ross Harnett verabredet«, erklärte der Mann dem Angestellten am Empfang. »Ich heiße Paul Janson.«
    Der Angestellte, ein junger, sommersprossiger Mann mit rotem Haar, nickte und informierte das Büro des Vorstandsvorsitzenden. Er musterte den Besucher ohne sonderliches Interesse. Wieder einmal ein Weißer in mittleren Jahren in einem grauen Anzug und mit einer gelben Krawatte. Was gab es da schon zu sehen?
    Janson hielt sich einiges darauf zugute, dass man ihn selten eines zweiten Blickes würdigte. Trotz seines athletischen Körperbaus war an ihm nichts Auffälliges. Mit seiner gefurchten Stirn und dem kurz gestutzten stahlgrauen Haar konnte er seine fünfzig Jahre nicht verleugnen. Und er verstand es, sich praktisch unsichtbar zu machen, sei es nun an der Wall Street oder an der Börse. Selbst sein teurer Maßanzug aus grauem Worsted bildete eine perfekte Tarnung und passte ebenso gut in den Dschungel der Finanzwelt wie einstmals die grüne und schwarze Tarnfarbe, die er sich früher einmal in Vietnam, im echten Dschungel, ins Gesicht geschmiert hatte. Es brauchte schon ein geschultes Auge, um zu erkennen, dass echte Muskeln und nicht etwa Wattepolster die Schulterpartie seines Anzugs ausfüllten. Und man musste einige Zeit mit ihm verbracht haben, um seine ruhige, etwas ironische Art wahrzunehmen oder um zu bemerken, wie seine schiefergrauen Augen jede Einzelheit in seiner Umgebung registrierten.
    »Es dauert nur ein paar Minuten«, erklärte der Angestellte am Empfangspult gleichgültig, und Janson schlenderte durch die Eingangshalle, um die dort ausgestellte Fotogalerie zu betrachten. Man konnte dort sehen, dass die Harnett Corporation augenblicklich am Bau einer Wasseraufbereitungsanlage in Bolivien, an der Fertigstellung von Staudämmen in Venezuela, Brücken in Saskatchewan und Kraftwerken in Ägypten beteiligt war. Das dokumentierten Bilder
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