Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ire

Der Ire

Titel: Der Ire
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
die Stirn. »Stehen diese Häuser nicht außerhalb der Mauer?«
      Vanbrugh nickte. »Der
Oberwärter hatte in einem anderen Haus bei Kollegen Karten
gespielt. Er hatte seinen Schäferhund bei sich, und das Tier hat
auf dem Nachhauseweg Rogans Spur aufgenommen.«
      »Aber wie konnte er überhaupt ausbrechen?«
      »Das hat er nicht gesagt. Die Öffentlichkeit sollte nichts
    davon erfahren, deshalb sind die Ermittlungen
geheimgehalten worden. Nach offizieller Darstellung muß Rogan
sich in einem nach draußen fahrenden Personen- oder Lastwagen
versteckt haben.«
      »Um diese Zeit?«
      »Keine Angst, daran glaubt natürlich kein Mensch. Rogan hat
    daraufhin einige Jahre in Einzelhaft unter
schärfster Bewachung gesessen. Als der Direktor ihm endlich einige
Erleichterungen gewährte, versicherte ihm Rogan, daß er es
mit ruhigem Gewissen tun könne, weil er nicht wieder ausbrechen
wolle. Der Ausbruch selbst sei leicht, aber die Fortsetzung der Flucht
ohne fremde Hilfe sei um so schwieriger. Deshalb wolle er jetzt seine
Strafe absitzen und auf vorzeitige Entlassung wegen guter Führung
hoffen.«
      »Hat er jetzt einen Straf nachlaß beantragt?«
      Vanbrugh nickte. »Als die I. R. A. ihren Feldzug an der
    Grenze von Ulster aufgegeben hat, löste sie
sich praktisch auf. Die meisten ihrer Mitglieder, die noch in
englischen Gefängnissen saßen, sind entlassen worden. Das
Innenministerium ist sogar von mehreren Seiten aufgefordert worden, sie
alle freizulassen.«
      »Und wie hat es in Rogans Fall entschieden?«
      »Ihm traut noch niemand«, antwortete Vanbrugh. »Deshalb
    muß ich ihm jetzt mitteilen, daß er weitere fünf Jahre vor sich hat.«
      »Warum gerade Sie, Sir?«
      Vanbrugh zuckte mit den Schultern. »Wir haben während des
    Krieges zusammengearbeitet. Seither habe ich ihn
dreimal festgenommen. Man könnte mich als den Rogan-Experten von
Scotland Yard bezeichnen.« Er stand auf und trat ans Fenster.
»Wußten Sie übrigens, daß England als einziger
zivilisierter Staat keine besonderen Strafen für politische
Verbrechen kennt, Sergeant?«
      »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, Sir.«
      »Das sollten Sie aber, Sergeant!«
      Der Gefängnisdirektor kam
zurück. »Er wird gleich heraufgebracht.« Er nahm
hinter seinem Schreibtisch Platz. »Diese Sache ist mir wirklich
unangenehm, Chefinspektor. Ich bin froh, daß Sie hier
sind.«
      Die Tür wurde wieder geöffnet. Der Oberwärter erschien auf
    der Schwelle. »Er ist hier, Sir.«
    Der Direktor nickte. »Bringen Sie ihn herein.«
      Drake wartete neben der Tür.
Rogan lehnte mit nachlässig verschränkten Armen an der Wand
und sah aus dem vergitterten Fenster am Ende des Korridors, ohne
wirklich etwas wahrzunehmen. Hier glaubten alle - sogar die Wärter
-, daß er begnadigt werden würde. Für Rogan war das
allein Grund genug dafür, daß seine Hoffnungen sich nicht
erfüllen würden. Als der Oberwärter ihn hereinwinkte,
war er aufs Schlimmste gefaßt.
      Vanbrughs Gegenwart bestätigte,
was Rogan bereits ahnte. Der Gefangene blieb vor dem Schreibtisch des
Direktors stehen, behielt die Hände auf dem Rücken
verschränkt und sah über den Kopf des Mannes hinweg aus dem
Fenster. Ihm fiel auf, daß die Bäume auf dem Hügel
jenseits der Mauer nicht mehr sehr dicht belaubt waren, so daß
die Krähennester deutlich zu erkennen waren. Er beobachtete eine
Krähe, die von einem Baum zum anderen flog, und merkte erst dann,
daß der Direktor mit ihm sprach.
      »Wir haben eine Mitteilung aus
dem Innenministerium erhalten, Rogan. Chefinspektor Vanbrugh ist
deswegen hergekommen.«
      Rogan sah zu dem Kriminalbeamten
hinüber, der verlegen aufstand. »Tut mir leid. Sean. Tut mir
verdammt leid.«
      »Mehr ist dazu wohl nicht zu sagen, was?« erkundigte sich Rogan gelassen.
      Der Direktor warf Vanbrugh einen
hilflosen Blick zu und seufzte dann. »Wahrscheinlich ist es
besser, wenn Sie eine Weile nicht mehr im Steinbruch arbeiten,
Rogan.«
      »Überhaupt nicht mehr, Sir?«
      Der Direktor schluckte trocken. »Das hängt ganz von Ihnen ab ...«
      »Selbstverständlich,
Sir.« Rogan machte kehrt und ging zur Tür, ohne den Befehl
des Oberwärters abzuwarten. Er blieb im Korridor stehen.
      »Sie können jetzt gehen,
Drake«, sagte der Oberwärter. Dann wandte er sich an den
Häftling und forderte ihn auf: »Los, mitkommen,
Rogan!«
      Sie gingen die Treppe hinunter,
überquerten den Hof und betraten einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher