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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen
Autoren: Niklaus Schmid
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zutraf.
    Gegen sieben machte ich mich auf den Weg. Kurt wohnte mit seiner Frau und seinen beiden Kindern außerhalb der Stadt, sofern das im Ruhrgebiet überhaupt möglich ist; außerhalb der einen Stadt, heißt hier innerhalb der nächsten.
    Der Küppersweg war eine Sackgasse mit frisch gepflanzten Ginkgobäumen und neugebauten flachen, einstöckigen Häusern. Die Rasenflächen sahen aus wie mit der Nagelschere geschnitten. Anfangs hatten Heisterkamps in ihrem Vorgarten noch Wildkräuter wachsen lassen. Doch mit der Zeit, ohne daß es ihnen als Zwang vorgekommen wäre, hatten sie ihr Grundstück denen der Nachbarn angepaßt. Jetzt wuchsen an der Front Rosen, die von grünen Stöcken gestützt wurden, und hinter dem Haus Edeltannen.
    Die schmiedeeiserne Hausnummer war ein Geschenk der Kollegen zur Einweihung, ebenso die nachgemachte Stallaterne und die Fußmatte aus Kokosfasern mit dem Aufdruck Willkommen. Ab und zu käme einer der Kollegen, hatte mir Kurt verraten, um zu gucken, ob das Zeug noch an seinem Platz sei. Kollegen können grausam sein.
    Ich drückte die Klingel. Gisela, in grünweißem Ringelpulli, öffnete die Tür.
    »Was ist denn mit deinem roten Haar passiert?« erkundigte ich mich.
    »War den Kindern zu auffällig; jetzt nörgeln sie über meine Uraltjeans, weil die nicht von einem Designer sind«, seufzte sie. »Gefalle ich dir wenigstens?« Sie hielt mir die Wange hin.
    »Aber ja doch«, sagte ich und begrüßte die übrigen Familienmitglieder.
    Nach dem Essen setzte sich der zwölfjährige Sohn an seinen Computer, die dreizehnjährige Tochter hörte klassische Musik über Kopfhörer, und Gisela sah sich die Aufzeichnung einer Nachmittagssendung für Kinder an, von der sie meinte, dies sei das Beste, was das Fernsehen zu bieten habe.
    Wir gingen ins Nebenzimmer. Kurt stellte Kognak für sich und Fruchtsaft für mich auf den Tisch, legte die Füße hoch und fragte: »Bist du knapp bei Kasse, brauchst du ein paar Scheine?«
    »Informationen«, entgegnete ich.
    Er hob die Augenbrauen. »Geld würde ich dir lieber geben.«
    »Nichts Innerbetriebliches, kein Dienstgeheimnis, nur ein Bröckchen aus deinem Erfahrungsschatz.« Ich sah zu, wie er seine Pfeife in Gang brachte. »Es gibt da jemanden, der glaubt, ein Killer sei hinter ihm her, ein bestellter Spezialist, der die Sache so erledigt, daß sie wie ein Unfall aussieht. Hast du was in der Richtung gehört?«
    »Wie sollte ich?« blaffte er. »Wenn es tatsächlich wie ein Unfall aussieht, ist es eine Sache der Versicherung; tauchen Zweifel auf, auch nur die geringsten, landet die Angelegenheit bei uns und wird aufgeklärt. Jawoll, auch wenn gute Polizisten ins Lager der privaten Ermittler wechseln.« Er stieß den Pfeifenstiel auf meine Brust. »Hast du etwa einen richtigen Auftrag?«
    Ich fegte einen glimmenden Tabakkrümel von meinem Hemd. »Es könnte einer werden. Aber da sind Ungereimtheiten.« Ich schilderte ihm die Lage, nannte jedoch keinen Namen. »Wenn sich der Verdacht meines möglichen Klienten bestätigt, wenn ich Beweise habe, kann ich mich dann an dich wenden, Kurt?«
    »Wie jeder Bürger«, antwortete er steif; seine typische Reaktion, sobald etwas nach Kungelei roch.
    »Ich wollte mich nur vergewissern, daß ich keine langen Erklärungen abgeben muß, wenn’s kitzlig wird.«
    »Willst du einen Rat?« fragte er und sah mich prüfend an.
    »Immer.«
    »Laß die Finger davon.« Er blies den Rauch gegen die Decke.
    »Weil ich euch ins Gehege kommen könnte?«
    »Ach, Elmar, uns ins Gehege, das ist nicht meine Sorge. In Wirklichkeit ziehen wir doch an einem Strang, und manchmal sind wir dickärschigen Beamten doch froh – inoffiziell natürlich –, wenn einer von euch flotten Privaten uns den Kleinkram abnimmt: Ehegedöns, Wohnungseinbrüche, Automatenraub und so weiter. Nein, deswegen nicht.«
    »Warum dann? Zu gefährlich?«
    »Das schon eher. Organisiertes Verbrechen ist eine Nummer zu groß für dich. Auf dem Gebiet haben es schon unsere Sonderkommandos schwer, du als einzelner hättest keine Chance. Aber höchstwahrscheinlich geht es gar nicht um organisierte Kriminalität. Wie du mir den Mann beschreibst, ist er ein Wichtigtuer oder ein Spinner. Beide Sorten sollten man meiden wie die Pest, wenn man seriös ist. Willst du lediglich ‘ne Mark machen, ist es eine andere Geschichte. Elmar, du hast das Glück, daß du solchen Fällen von Verfolgungswahn nicht nachgehen mußt.«
    Wenn Kurt Heisterkamp so redete, hatte ich das Gefühl,
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