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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen
Autoren: Niklaus Schmid
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unserer gemeinsamen Schulzeit, erwähnte seine kaufmännische Lehre, sagte zwei Sätze zu seiner mißglückten Ehe, tippte ein paar Frauengeschichten an, streifte die erste Anstellung als Handelsvertreter, übersprang dann eine beträchtliche Zeitspanne mit der Bemerkung »verschiedene Jobs«, tupfte rückblickend noch ein paar Anekdoten aus seiner Jugendzeit hin, um schließlich bei seiner letzten Tätigkeit als Inhaber und Mitbegründer eines Unternehmens ins Detail zu gehen.
    »Unsere Firma heißt PSB; P wie Pollex, das ist mein Kompagnon, und S wie Salm. Das B steht für Baugesellschaft, also Altbausanierung, Gerüstbau und Abriß von Industrieanlagen, so steht’s in unserem Firmenbogen. Pollex und ich sind gleichberechtigte Partner. Er kümmert sich hauptsächlich um den Ablauf im Büro, und ich bin mehr für den Außendienst, für Kundenwerbung und Beaufsichtigung der Baustellen zuständig.«
    Salms Stimme war ohne Höhen und Tiefen, sein Redefluß ruhig, fast einschläfernd, was gar nicht zu seinem unsteten Blick, mit dem er wiederholt die Umgebung absuchte, paßte und auch nicht zu den fahrigen Gesten, mit denen er sich eine Zigarette nach der anderen anzündete. »Bis vor einigen Wochen haben wir uns gut verstanden, Pollex und ich, sowohl geschäftlich als auch privat. Klar, Differenzen kommen überall mal vor.«
    Ich rieb mir den Nacken, was Salm richtig als Zeichen der Ungeduld deutete. Er sagte: »Ich komme nun zum Punkt«, nahm einen tiefen Zug, blies den Rauch zur Seite und blickte mir in die Augen. »Schlömm, ich glaube, daß mich mein Partner umbringen will.«
    »Ach?«
    »Ja, ich bin überzeugt, daß er einen Killer angeheuert hat.«
    Ich schaute Salm ungläubig an.
    »Doch, in der letzten Zeit sind ein paar merkwürdige Dinge passiert. Mal fiel auf einer Baustelle ein Hohlblockstein direkt neben meine Füße, mal stimmte an meinem Wagen etwas mit der Bremsflüssigkeit nicht.«
    »Das ist doch mehr oder weniger Kinderkram«, warf ich ein.
    Er dachte über meinen Einwand nach, murmelte: »Du meinst, es sei nicht ernst gemeint, du meinst, man wolle mich nur nervös machen? Kann sein, ja, kann sein. Mich auf diese Art und Weise auszubooten, wäre auch nicht so dumm. Dann hätte Pollex die Firma allein.« Er schüttelte den Kopf. »Da ich aber nicht aufgeben werde, wird er wohl bald andere Mittel einsetzen.«
    »Welche?«
    »Kannst du dir das nicht vorstellen?«
    »Vielleicht erschießen, das soll ziemlich sicher sein.«
    Salm ging auf meinen sarkastischen Ton nicht ein. »Das eben nicht«, sagte er ernst. »Es muß ja wie ein Unfall aussehen.«
    »Wieso muß es das?«
    »Moment, da komme ich gleich drauf zurück! Ich wollte dir vorher noch sagen: Es gibt Spezialisten für solche Unfälle, die machen das für dreißig Mille oder so.«
    »Was du nicht alles weißt!«
    Er ließ sich nicht beirren. »Das ist doch Allgemeinwissen seit dieser Affäre in Hamburg.«
    »Wenn du so sicher bist, meinst du dann nicht, daß das ein Fall für die Polizei ist?«
    »Wenn’s ein Fall für die Polizei wird, ist es für mich verdammt noch mal zu spät. Ich habe ja keine Beweise, ich nehme es nur an.« Er legte die Fingerspitzen auf meinen Unterarm. »Mensch, Schlömm, hilf mir! Sag was!«
    »Hör zunächst mal mit diesem Schlömm auf! So hat mich seit über zwanzig Jahren keiner mehr genannt. Und wenn du unbedingt meinen Rat haben willst: Tritt aus der Firma aus!«
    Er machte ein beleidigtes Gesicht. »Für einen bloßen Verdacht aufgeben, was du in jahrelanger Arbeit aufgebaut hast, würdest du das tun?«
    Was ich tun würde? Nun, ich hatte meine Polizeiuniform für weniger als das an den Nagel gehängt. Aber das war eine andere Sache. Was ich von Salms Sache halten sollte, darüber war ich mir noch nicht im klaren. Sie gefiel mir nicht, und Salm auch nicht. Was ich mir immer gewünscht hatte, war ein Auftrag, der geradlinig war und eine hübsche Summe brachte. Aus Salms Mund hatte ich bisher schon zweimal das Wort Hilfe, aber noch kein einziges Mal das Wort Honorar gehört. Zudem erschien mir die Angelegenheit äußerst verworren und durch unsere Bekanntschaft aus der Schulzeit stark belastet.
    »Hör zu«, sagte ich, »warum gehst du mit deinem Problem nicht zu einer richtigen Detektei?«
    »Die legen mich nur rein, verlangen einen Tausender pro Tag und sagen am Ende, daß sie nichts Ungewöhnliches feststellen konnten, oder sie lassen – was noch schlimmer wäre – an geeigneter Stelle gar etwas durchsickern,
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