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Der Hirte, Teil 3 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)

Der Hirte, Teil 3 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)

Titel: Der Hirte, Teil 3 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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sein.
Sie waren auf halbem Weg zwischen beiden Bäumen, als Blanka plötzlich auffuhr. Ihr Gesicht verzerrte sich. Sie deutete über Rainalds Schulter nach hinten.
„Mama!“, schrie sie.
Rainald fuhr herum. Blanka wand sich, bis ihr Finger erneut in die vorherige Richtung zeigte. „Mama!“, rief sie noch einmal und begann zu weinen. Sie deutete direkt auf Schwester Venia.
    Die Klosterschwester starrte Rainald und Blanka an. Ihr Gesicht zuckte. Dann trat sie beiseite, drehte sich um und folgte Blankas Finger mit den Blicken. Rainald, der sein Herz in seinem Hals klopfen spürte, kniff die Augen zusammen. Etwas Kleines, Undefinierbares lag neben der Spur, die sie in den Schnee gezogen hatten. Rainalds blickte auf Blankas Gürtel. Nur noch der Ritter steckte darin.
„Oh nein“, flüsterte er.
„Ich laufe zurück und hole die Puppe“, sagte Schwester Venia. „Nein!“, rief Rainald. „Wir bleiben zusammen.“
„Sie braucht sie.“ Schwester Venia raffte ihren Habit und eilte mit weit ausholenden Schritten zurück.
In Rainalds Augen schien der alte Obstbaum immer weiter zurückzuweichen und ihre Spur sich zu dehnen und fortzustreben, während Schwester Venia keinen Schritt vorwärts kam. Er bildete sich ein, ein scharfen Befehl zu hören, aber in Wirklichkeit kamen die Wölfe vollkommen schweigend unter den Bäumen hervor und rannten auf sie zu. Der zweite Baum war Rainald und den Kindern näher als der erste. Schwester Venia wiederum mochte die halbe Strecke zwischen beiden zurückgelegt haben. Rainald und Johannes wechselten einen Blick, und auch wenn der Blick weniger als einen Herzschlag lang dauerte, lag doch die Bedeutung von Monaten und ein Berg aus Enttäuschung, Hass und Verzweiflung darin. Dann wirbelte Rainald herum, packte Johannes’ Mantel, umklammerte Blanka noch fester und begann, auf den zweiten Baum zuzuhasten. Seine Beine schrieen bei jedem Schritt auf, Blanka, die zappelte und weinte, war das Gewicht der Welt in seinem Arm. Sein Atem flog schon nach wenigen Schritten. Er glaubte das Gehechel der Wölfe und das Trommeln ihrer Pfoten zu hören und meinte, die ersten schon an seinen Fersen zu spüren. Den Schrei, mit dem Schwester Venia fiel, vernahm er mehr mit dem Herzen als mit dem Gehör, ebenso wie das Knurren und Japsen der Wölfe und das Reißen der Kleidung und Schwester Venias Röcheln. Er rannte in den Baum hinein, dass er zurückprallte und zu Boden ging. Er wusste nicht, dass er vor Wut, Entsetzen und Scham gleichermaßen brüllte, weil er die junge Frau schutzlos den Wölfen überlassen hatte, und weil es das Einzige war, was er hatte tun können, wenn nicht er und die Kinder den Wölfen ebenfalls zum Opfer fallen sollten. Brüllend und stöhnend kam er auf die Beine, zerrte Blanka aus dem Schnee und warf sie fast auf einen Ast über seinem Kopf. Johannes krabbelte allein hinauf, mit pfeifendem Atem, leichenblassem Gesicht und weit aufgerissenen Augen. Rainald packte ihn am Genick und schob ihn auf den gleichen Ast wie Blanka, schrie: „Hinauf, hinauf!“, schob seinen Sohn in die Höhe, als dieser nach dem nächsthöheren Ast griff, bog Blankas verzweifelt sich an ihren Halt krallende Finger auseinander und schob sie Johannes hinterher, der zugriff und sie nach sich zog wie ein Lumpenbündel. Blanka kreischte mit geschlossenen Augen und schüttelte den Kopf. Johannes stöhnte.
„PAPA!“, schrie er.
Doch Rainald wirbelte herum, zog das Schwert, presste den Rücken an den Baumstamm und machte sich daran, so viele Wölfe wie möglich mit in den Tod zu nehmen.
Der erste war ein schlanker Schatten, der durch die Luft flog. Rainald sah ihn als die Lanze, die der Seldschuke auf dem Pferd gehalten hatte, als Rainald und sein Schwager sich vor den Stadtmauern Iconiums Rücken an Rücken verteidigten. Es gab keine Ausbildung für den Kampf gegen Wölfe, aber es gab eine für den Kampf gegen einen bewaffneten Gegner, und die Regeln waren gleich. Rainalds Schwert zuckte hoch, durchschlug den Lanzenschaft, seine Füße machten die nötigen Tanzschritte von allein, das Schwert zuckte wieder herunter, und hinter Rainald und Wolfram brach das Pferd des Seldschuken in die Knie, warf seinen Reiter ab und blieb liegen.
Der zweite Reiter war schon zu nahe. Wolfram und Rainald stoben auseinander, Rainald hechtete zur Seite und kam mit einer Rolle wieder auf die Beine, sah, wie der Reiter versuchte, im vollen Galopp die Zügel herumzureißen, sah, wie das Pferd stolperte, ließ es halb an sich
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