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Der Hirte, Teil 2 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)

Der Hirte, Teil 2 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)

Titel: Der Hirte, Teil 2 (Der Hirte - eine mittelalterliche Weihnachtsgeschichte) (German Edition)
Autoren: Richard Dübell
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hatten – und die Erkenntnis, dass die drei Wölfe nicht mit dem halbverhungerten Einzelgänger im Wald zu vergleichen waren. Er traute sich zu, mit zweien von ihnen fertig zu werden … doch der dritte würde ihm die Kehle durchbeißen. Sein Atem flog. Er rannte mit großen Sprüngen den Hang wieder hinab. Wenn er soviel Vorsprung gewann, dass ihre Gruppe auseinandergezogen wurde …! Aus dem Augenwinkel erkannte er Schwester Venia, die versuchte, zu ihm zu gelangen, doch sie war zu weit entfernt. Sein Trick hatte funktioniert; zu gut funktioniert.
„Verdammt …“, keuchte er und blieb stehen, um zu kämpfen. „Hierher!“, schrie eine neue Stimme. Die Wölfe wandten die Köpfe, ohne im Laufen innezuhalten. Rainald fuhr herum. „Kommt schon, ihr Schoßhündchen!“
Johannes rannte auf einer Geraden, die ihn mit Schwester Venia zusammenführen würde. Suchte er instinktiv die Nähe eines anderen Menschen bei seinem Manöver, oder rannte er einfach nur irgendwohin, weil seine Angst so groß geworden war, dass sie in blinden Heldenmut umschlug? Rainald sah voller Entsetzen, dass der vorderste Wolf sich ablenken ließ und erneut die Richtung wechselte, um Johannes abzufangen. Er hörte das Japsen und Knurren, als das Tier nur ein paar Schritte von ihm entfernt vorüberhetzte, sein Gestank und aufstiebender Schnee trafen Rainalds Gesicht.
„NEIN!“, brüllte Rainald und warf sich den beiden nachfolgenden Wölfen in den Weg. Sein Schwert beschrieb einen Bogen.
Der Aufprall und das Momentum des jagenden Wolfs rissen ihm die Klinge aus den Händen. Rainald wirbelte herum und fiel auf die Knie. Der Wolf überschlug sich im Schnee und begann sich zu winden und zu winseln. Das Tier, das am Ende der Gruppe gerannt war, sprang und stürzte sich Rainald auf den Rücken. Das Gewicht warf ihn nach vorn, mit dem Gesicht in den Schnee. Blinde Panik ergriff ihn. Er spürte, wie der Wolf ebenfalls nach vorn taumelte und ihn freigab, vom eigenen Schwung vorwärts getragen. Rainald kam in die Höhe wie ein Mann, der zu lange unter Wasser gedrückt worden ist. Sein Gegner rollte sich im Schnee herum und kam wieder auf die Beine, zögerte nicht eine Sekunde und griff Rainald sofort wieder an. Rainald hob die Arme vor das Gesicht und fiel unter dem Aufprall nach hinten um, spürte, wie sich Zähne in die Ledermanschette an seinem Unterarm gruben und sie zusammenpressten wie mit stählernen Klauen. Er schrie vor Schmerz, obwohl die Zähne das harte Leder nicht durchdrangen. Seine Stiefel fanden Widerstand. Er trat zu. Der Wolf flog von ihm herunter, zappelte und versuchte, die Pfoten unter den Leib zu bekommen. Rainald warf sich auf ihn, wie er sich auf einen menschlichen Gegner geworfen hätte, der nach seiner Waffe griff, mit vorgestreckten Knien und mit seinem ganzen Gewicht. Er spürte die Knochen brechen; das Schnappen der Kiefer verwandelte sich in ein röchelndes Heulen. Rainald sprang auf. Der Wolf wand sich, unfähig, nochmals auf die Beine zu kommen. Mit fliegendem Atem wirbelte Rainald herum und stolperte dem ersten Wolf hinterher, wischte sich Schnee und Geifer aus dem Gesicht und versuchte, zu Johannes …
„NEIN!!“
Der Junge war unter seinem Angreifer zu Boden gegangen. Er schrie und schlug mit Händen und Füßen um sich. Rainald sah Schwester Venia heranstolpern, ihren lächerlichen Prügel schwingend. Ihr Gebende war verrutscht, und ihr Habit war weiß von Schnee. Sie musste in ihrer Hast gefallen sein. Sie würde Johannes niemals rechtzeitig erreichen; und er, Rainald, auch nicht …
Er fiel beinahe über etwas und wäre weitergerannt, hätte er es nicht halb mit sich gezerrt. Sein Schwert. Er griff danach und verlor es wieder. Der Wolf, den er damit erwischt hatte, starrte ihn an. Er lag ganz ruhig, nur sein gelbes Auge funkelte vor kaltem Hass. Rainalds Herzschlag setzte aus, bis er erkannte, dass das Tier tot war. Er riss den Blick los und zerrte gleichzeitig an seinem Schwert, ohne zu merken, dass er auf der im Schnee verborgenen Klinge kniete. Er hörte sich fluchen und Johannes vorne schreien.
Der Wolf zuckte zurück und jaulte auf, sprang von Johannes herunter und drehte sich einmal um sich selbst. Johannes versuchte sich aufzurichten, sein kleines Schwert in der Faust. Der Wolf, offenbar nicht ernsthaft verletzt, drehte sich noch einmal herum.
„He, du …!“, brüllte Rainald. Seine Stimme brach. Der Wolf reagierte nicht. Johannes stolperte auf die Füße und fiel wieder um, krabbelte auf dem Rücken
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