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Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Der Hexer - GK579 - Das Haus am Ende der Zeit
Autoren: Verschiedene
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auf, huschte über den staubbedeckten Boden und blendete ihn einen Moment. Er hörte, wie Boldwinn voller Entsetzen aufschrie, dann klirrte irgend etwas; die Laterne erlosch.
    Carradine torkelte weiter, prallte gegen die steinerne Brüstung der Galerie und verlor um ein Haar das Gleichgewicht. Verzweifelt blickte er sich um. Die Spinnen kamen näher.
    Für einen Moment – nur einen Moment – gewann sein klares Denken wieder die Oberhand. Carradine wechselte die Fackel von der Linken in die Rechte und schwang das brennende Holz wie eine Waffe. Die Hitze trieb die Spinnen zurück, aber aus der offenstehenden Tür drängten immer mehr und mehr nach, nicht mehr Dutzende jetzt, sondern Hunderte. Der Mosaikfußboden der Galerie verschwand unter einer schwarzen, kribbelnden, haarigen Masse, die wie eine zähe Woge näherschwappte.
    »Boldwinn!« keuchte er. »Zur Treppe! Laufen Sie!«
    Er wußte nicht, ob Boldwinn auf seine Worte reagierte. Sein Angriff hatte den Vormarsch der Spinnen ins Stocken gebracht, aber von hinten drängten immer mehr und mehr der ekelhaften Tiere nach, und hinter ihnen ...
    Carradines Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, als er die beiden aneinandergeklammerten Schatten sah. Sein Sohn und Boldwinns Tochter torkelten mit mühsamen, abgehackt wirkenden Bewegungen aus der Tür. Ihre Gesichter waren leer, der Blick ihrer Augen erloschen; ihre Münder standen offen, was ihnen den Ausdruck von Schwachsinnigen verlieh. Die Armee der Spinnen teilte sich vor ihren Füßen, so daß eine schmale, quirlende Gasse entstand, die sich aber hinter ihnen sofort wieder schloß.
    Carradine vergaß die Spinnen, als die beiden nackten Gestalten näher kamen. Langsam, Schritt für Schritt, wich er zurück, unfähig, den Blick von dem leeren Gesicht seines Sohnes zu wenden. Charles’ Augen waren erloschen. Er ist tot, dachte Carradine entsetzt. Tot oder Schlimmeres. Aber der Gedanke erreichte sein Bewußtsein kaum, sondern verging in der Woge von Entsetzen und Wahnsinn, die sein Denken zu überschwemmen drohte. Er fühlte die harte Kante der Galeriebrüstung in seinem Rücken, spürte, wie er sich weiter und weiter zurückbog, als die Schreckensgestalt, die einmal sein eigener Sohn gewesen war, näher kam, und irgendwo tief in ihm begann eine Alarmglocke zu schlagen, aber auch diese Warnung verhallte ungehört.
    Langsam hob Charles die Hand. Seine Finger deuteten fast anklagend auf Carradine, zitterten, kamen näher und verharrten wenige Zentimeter vor seinem Gesicht reglos in der Luft.
    Eine Spinne krabbelte über seine Schulter, blickte Carradine aus ihren acht stecknadelkopfgroßen funkelnden Augen einen Sekundenbruchteil lang boshaft an und begann dann auf wirbelnden Beinchen über Charles’ Arm auf ihn zuzulaufen. Etwas berührte seine Beine, leicht, tastend, kroch an seinem Knöchel empor und schlüpfte in seine Hose.
    Carradine stieß einen gellenden, unglaublich schrillen Schrei aus, warf sich zurück und stürzte mit haltlos wirbelnden Armen über das Geländer in die Tiefe.
    Seine Fackel erlosch, als er auf dem Steinboden aufprallte.
    ** *
    »Da is nix zu machen«, sagte Rowlf kopfschüttelnd. Mit einem resignierenden Seufzen ließ er den Vorderlauf des Pferdes los, tätschelte dem Tier mit einer unbewußten Geste den Hals und wandte sich zu uns um. »Der Gaul läuft keine Meile mehr. S’n Wunder, dasser noch nich zusammngebrochn’ is«, sagte er.
    »Verdammt«, murmelte Howard. »Und das ausgerechnet hier.« Er atmete hörbar ein, biß sich einen Moment auf die Unterlippe und sah mit einem gleichermaßen gequälten wie resignierenden Blick die Straße hinab. Vor einer knappen halben Stunde waren die Häuser einer kleinen Ortschaft an den Fenstern des Wagens vorübergezogen; seitdem hatten wir nichts als Wald gesehen. Es war dunkel geworden, und die Bäume säumten die Straße zu beiden Seiten wie eine finstere, undurchdringliche Mauer. Es war kalt.
    »Ich fürchte, wir werden umkehren müssen«, sagte er bedauernd. »Damit dürfte unser Zeitplan über den Haufen geworfen sein. Gründlich.«
    »Umkehren?« fragte ich. Wir waren praktisch ununterbrochen gefahren, seit wir Glasgow erreicht und den Zug verlassen hatten. Die Vorstellung, auch nur eine einzige der Meilen, die wir so mühsam gereist waren, wieder zurückzufahren, erfüllte mich mit einem instinktiven Widerwillen. Und Howard hatte recht – unser Zeitplan war ohnehin knapp bemessen. Wir konnten es uns nicht leisten, eine ganze Nacht zu
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