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Der Herr von Moor House

Der Herr von Moor House

Titel: Der Herr von Moor House
Autoren: Anne Ashley
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nach Derbyshire besuchte ich ihn in Oxford. Wir müssen eine Menge nachholen”, seufzte er bedauernd. “Auch um meine Schwester und ihre Familie will ich mich kümmern. Ich kenne meine Nichte und meinen Neffen noch gar nicht. Und es gibt andere Pflichten zu erfüllen, die ich sträflich vernachlässigt habe.”
    Verwirrt hob Mr Metcalf die Brauen. Soviel er wusste, waren die geschäftlichen Angelegenheiten seines Klienten in bester Ordnung. “Um Moor House müssen Sie sich nicht sorgen, Sir. Mr Farley ist ein sehr gewissenhafter Verwalter, der mich jeden Monat brieflich über die Ereignisse auf Ihrem Landsitz informiert.”
    “Ja, gewiss, ich kann ihm rückhaltlos vertrauen. Seit Jahren arbeitet er für meine Familie, und er leistet uns vorzügliche Dienste. Trotzdem möchte ich einige Zeit in Moor House verbringen.” Christian stand auf, um das Gespräch zu beenden. “Seien Sie so freundlich und teilen Sie den Tanten meines Mündels mit, ich würde sie am Monatsende besuchen. Vor seinem Tod schrieb Charles Drew einen Brief an seine jüngere Schwester, den ich ihr persönlich übergeben will.”
    “Werden Sie am Jahresende in die Hauptstadt zurückkehren, Sir?”
    “Ich habe es nicht vor.” Christian war bereits zur Tür gegangen. Nun drehte er sich noch einmal um. “Wieso fragen Sie?”
    “Aus keinem besonderen Grund. Ich dachte nur, Sie würden mit uns feiern. So etwas muss man gebührend würdigen, und so hat meine Familie beschlossen, ein paar Freunde einzuladen, zu einem Dinner mit Champagner. Die meisten meiner Bekannten werden das Ereignis auf ähnliche Weise zelebrieren.”
    “Zelebrieren?” Christian runzelte die Stirn. “Was denn?”
    “Das neue Jahrhundert, Sir!”
    Plötzlich erklang ein Gelächter, das seltsam freudlos und fast unheimlich von den Wänden des kleinen Büros widerhallte. “Die englische Mentalität verblüfft mich jedes Mal aufs Neue, Metcalf. Zum Teufel, was hat dieses Land zu feiern? Europa befindet sich im Aufruhr, jeden Augenblick droht uns eine Invasion, und unsere Armen hungern. Soll man das feiern?” Während Christian vergeblich auf eine Antwort wartete, lächelte er sarkastisch. “Soweit es mich persönlich betrifft – ich kann mir keine einschneidenden Veränderungen in meinem Leben vorstellen, nur weil ein Jahrhundert zu Ende geht und ein neues beginnt. Und ich sehe auch keinen Anlass, irgendetwas zu feiern.” Mit diesen Worten ging er hinaus, und der scharfsinnige Anwalt gewann die Überzeugung, dass es nicht nur Mrs Blackmores Tod gewesen sein konnte, der seinen Klienten in einen verbitterten, unglücklichen Mann verwandelt hatte.

2. KAPITEL
    “Ich werfe ihn hinaus!” verkündete Mrs Pemberton und mimte erfolgreich eine Frau, die einem hysterischen Anfall nahe war. Doch diese Pose konnte sie nicht allzu lange beibehalten, und sie lächelte wehmütig. “Zumindest werde ich – da ich im Gegensatz zu unserer albernen Nachbarin Mrs Cunningham nicht zu dramatischen Szenen neige – die Dienstboten beauftragen, ihm die Tür zu weisen.”
    “Zum Glück bist du nicht so wie diese Närrin, Charlotte”, erwiderte Megan und warf ihrer älteren Schwester einen liebevollen Blick zu. “Der arme Mr Cunningham muss die Geduld eines Heiligen besitzen. Sonst würde er die Launen seiner Frau unmöglich ertragen.” Seufzend lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Blatt Papier und die wenigen Zeilen in jener kühnen, unvergesslichen Handschrift. “Wohl oder übel müssen wir ihn empfangen. Letzte Woche hat uns Mr Metcalfs Brief auf Christians Besuch vorbereitet. Und ich möchte nichts riskieren, was unseren Kontakt mit Sophie gefährden könnte. Ob es uns passt oder nicht, er ist der Vormund unserer Nichte und hätte das Recht, uns von ihr fernzuhalten.”
    Nachdenklich starrte Charlotte vor sich hin. “Der Tod unseres Bruders konnte uns nicht überraschen, da wir lange über seine schwere Krankheit Bescheid wussten. Aber die Wahl des Vormunds für sein einziges Kind schockiert mich. Was hat Charles bloß dazu bewogen, das Schicksal seiner Tochter ausgerechnet in Christians Hände zu legen, statt sie auch weiterhin unserer Obhut zu überlassen? Immerhin schien eine solche Regelung ihm richtig, als er damals abreiste.”
    Schon vorher, verbesserte Megan ihre Schwester in Gedanken. “Vielleicht wollte er das Kind einem respektablen Gentleman anvertrauen.”
    “Respektabel?” Charlotte hob spöttisch die Brauen. “Ich hätte Vorbehalte, Christian so zu
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