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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition)
Autoren: Myk Jung
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unheimlich; und sie kamen nicht mehr zu Besuch, um mit ihm Bier zu trinken. Auch dass er augenscheinlich nicht älter wurde, höchstens ein wenig ausgemergelter, nahmen sie ihm übel: denn ihnen selbst passierte solches nicht, und in ihnen wühlte der Neid. Und so war Bilbord unbeliebt geworden, geliebt indes wurde er nicht.
    Lediglich sein Neffe und Erbe Frohdoof mochte ihn – vielleicht nur deshalb, weil er sich unentwegt über seinen Onkel abrollen konnte. Diese lautlose Faxen, zu köstlich! Oft kamen Frohdoofs Freunde Pipifax und Machychjadoch, den sie alle nur Macho nannten, vorbei, und gemeinsam lachten sie sich über den alten Döskopp schlapp.
    Als sie jedoch herausgefunden hatten, worin das Wunder bestand, nahmen sie dem armen Bilbord in Windeseile seinen Schatz ab, traten ihn hinaus in die Wildnis, hängten sich abwechselnd den Ohrring in die Läppchen und wälzten sich dabei fast schon übertrieben lachend auf dem Boden.
    So ging es eine lange Zeit weiter, während Bilbord durchs Ödland taperte, auf der Suche nach dem Rückweg und dem Ohrring.

Viertes Kapitel:
Ein unerwartetes Treffen mit den Nazgulashs
    Ganzhalb der Graue, der berühmte Zauberer, der sich andauernd über irgendetwas den Kopf zerbrach, fand keine Ruhe, und der Eine Ohrring tauchte ununterbrochen in seinen Gedanken auf. Obendrein erreichten ihn besorgniserregende Nachrichten: Gerüchte über Nazgulashs, die angeblich allenthalben herumschwirrten; und auch, dass irgendwo ein Pank Rog lauern sollte, wahrscheinlich in einer unterirdischen Halle. An den Horizonten würden Schwarzgekleidete Gestalt annehmen, hatte er vernommen; und in den Wäldern wurden die Knorks wohl immer frecher und ritzten Unflätiges in die Baumrinden.
    Eines Nachts traf Ganzhalb auf Marathorn, den zerschlissenen Dauerläufer, und der Zauberer sprach: »Gut, dass ich auf dich stoße, Marathorn, denn dies ist eine Zufallsbegegnung, wie wir in der Mittelmäßigen Welt sagen. Du bist ein wackerer Geselle, und so einen könnte ich gerade gut gebrauchen! Denn ich habe niemanden, der mir hilft auf der Suche nach dem Einen Ohrring! Der darf nämlich nicht Saurum in die Hände fallen, hörst du!?«
    »Ich verstehe den Sinnzusammenhang nicht«, entgegnete Marathorn, aber Ganzhalb reagierte nicht auf den Einwurf, denn dafür war Marathorn bekannt: dass er es nicht so hatte mit Sinnzusammenhängen. Der Zauberer sprach indessen: »Ist dir irgendwas Absonderliches aufgefallen im Laufe der letzten Zeit? Dir, der du überall herumkommst auf deinen langen Beinen?«
    »Nun ja«, stammelte Marathorn, »ich sah schwirrende Gestalten in der Luft – das waren vielleicht Nazgulashs. Überall an den Horizonten drücken sich Schwarzgekleidete herum, und die Knorks beschmieren die Bäume mit Versautem.«
    »Was is’ mit dem Pank Rog?«, fragte Ganzhalb bibbernd, und der Dauerläufer sagte: »Der räkelt sich unterm Gestein in einer gigantischen Höhle – wenn es stimmt, was die Waldschrate untereinander flüstern. Aber sein Schlaf soll ein unruhiger sein, und ich könnt’ mir vorstellen, dass er bald erwacht. Und wer weiß? Vielleicht reichen dann seine Flügel von Wand zu Wand?«
    »Das klingt ja gar nicht gut!«, erwiderte Ganzhalb und rubbelte sich das Kinn.
    »Ach ja«, fuhr Marathorn fort, »und aus einer Bude im Flauen Land dröhnt andauernd ein absonderliches, ja vollkommen übertriebenes Gelächter!«
    Da horchte Ganzhalb auf. »Das klingt ganz genauso, als wäre dort der Eine Ohrring am Werk!«
    Marathorn nickte. »Das habe ich mir auch schon gedacht!« Aber es stimmte nicht, und er hatte es sich nicht gedacht.
    »Also los!«, rief Ganzhalb und funkelte tatendrangig mit den Augen. »Auf zum Flauen Land!«
    »Ich bin Elendsstiels Erbe«, sprach Marathorn, »obgleich ich abgewrackt aussehe. Ich werde dir helfen, werd’ sogar endlose Landstriche mit dir durcheilen!«
    Lange wanderten sie unter dem kalten Mond und traten auf unschuldige Grashalme. Als sie schließlich, mitten in der Nacht – aber sie befürchteten, dass es nicht mehr dieselbe war wie die, in der sie aufgebrochen waren – an Frohdoofs Bude vorbeikamen, hörten sie das absonderliche Gelächter, und verstohlen lugten sie durch ein Fenster. Da sahen sie, wie sich Pipifax, Macho und Frohdoof abwechselnd den Einen Ohrring ins Läppchen hängten, anhuben zu sprechen, und wehe! schon hörte man nichts mehr, außer dem Gelächter der Nichtbeohrringten. Dann lachten sich die drei Dösköppe schlapp. Immer einer lautlos und
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