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Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman
Autoren: Lara Morgan
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eine Katze, die in der Falle sitzt?«
    Shaan wandte den Blick ab und starrte aus dem Fenster. »Ich bin einfach nur müde. Ich muss mich in der Anlage melden, um bei der Ausgabe des Mittagessens zu helfen, und außerdem Fische für Torg besorgen. Wenn du mich also begleiten willst, dann steh auf, oder ich gehe allein.«
    Tuon bewegte sich nicht. »Du hattest wieder diesen Traum, stimmt’s?«
    Shaan ließ sich erneut gegen den Fensterrahmen sinken und sah Tuon niedergeschlagen an.

    »Du solltest es mir besser erzählen. Du weißt doch, dass ich es sowieso rausbekomme.«
    Mit dem durchdringenden Blick ihrer blauen Augen schien Tuon sie am Fenstersims festzunageln. Shaan versuchte zurückzustarren, aber sie war zu müde, um dem Blick standzuhalten. »In Ordnung«, seufzte sie. »Ja, bei der Göttin, dieser verfluchte Traum ist wieder da.«
    »War dieses Mal irgendetwas anders?«
    »Nein, es hat sich nichts geändert. Da waren wieder die brennende Stadt und die Menschen und …« Sie zögerte. Darüber wollte sie nicht sprechen. Sie wollte auch nicht daran denken, wie realistisch sich alles angefühlt hatte, der Rauch, der ihre Lungen ausgefüllt hatte, der stechende Gestank von versengtem Fleisch und die Stimme. »Es war nur ein Traum, Tuon. Der gleiche, den ich schon seit Wochen habe. Der gleiche, von dem du immer und immer wieder hörst.«
    »Nur ein Traum?«
    Shaan fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und bereute, dass sie davon angefangen hatte. »Ja, nur ein Traum. Nichts von Bedeutung. Ist doch egal.« Sie strich die Vorderseite ihres Kleides glatt. »Komm schon, es wird immer heißer. Lass uns aufbrechen.«
    Aber Tuon bewegte sich nicht. »Du musst zu einem Traumseher gehen, Shaan. Diese Träume kommen immer häufiger. Du solltest mit jemandem darüber sprechen. Vielleicht sogar mit Morfessa.«
    »Dem Ratgeber der Führerin?« Shaan hätte beinahe aufgelacht.
    »Er ist der beste Traumseher in der Stadt.«
    »Auf keinen Fall gehe ich zu ihm hin. Und überhaupt: Ich habe gar kein Geld und kann mir auch nicht vorstellen, dass Morfessa jeden Beliebigen empfangen würde. Ich bin eine Arbeiterin in der Anlage, ein Niemand.«
    »Ich werde dafür bezahlen«, beharrte Tuon. »Du solltest mit jemandem sprechen. Diese Träume müssen irgendetwas bedeuten, sie …«
    »Sie bedeuten überhaupt nichts. Es ist nur die Hitze. Komm schon und zieh dich an. Ich muss den Fisch besorgen.«

    Tuon seufzte. »In Ordnung, in Ordnung. Gib mir mal meine Sachen.«
    Shaan war dankbar, dass Tuon das Thema fallen ließ, und holte ein blaues Kleid, das reich mit Blumen bestickt war, aus dem Schrank.
    Doch Tuon sah sie eindringlich an, als sie das Kleid entgegennahm. »Versprich mir, Shaan, dass du wenigstens darüber nachdenkst, einen Traumseher zu Rate zu ziehen. Machst du das?«
    »In Ordnung.«
    Damit gab sich Tuon zufrieden, zog sich rasch an, und gemeinsam stapften sie die Treppe hinunter. In der Küche war der Besitzer des Red Pepino, Torg Fairwind, damit beschäftigt, energisch einen Klumpen Brotteig zu bearbeiten, ihn zu klopfen und durchzuwalken. Seinen kahlen Kopf hatte er mit einem Tuch bedeckt. Ein dicker Goldring baumelte an seinem rechten Ohr und schimmerte, wenn er sich bewegte.
    Torg lächelte, als die beiden Mädchen den Raum betraten, und seine Zähne hoben sich weiß glänzend von seiner schwarzen Haut ab. »Morgen.«
    Die beiden Frauen zuckten vor der Hitze, die der Ofen ausstrahlte, zurück.
    »Was machst du denn da?« Tuon keuchte und fächelte sich Luft ins Gesicht. »Dafür gibt es Bäcker, falls du es noch nicht weißt.«
    »Ja, aber denen traue ich nicht über den Weg.« Er donnerte ein großes Stück des Teigklumpens auf die Tischplatte. »Niemand macht Brot wie Torg.« Er zwinkerte ihnen zu und hieb so kräftig auf den Teig, dass der Tisch wackelte.
    »Ihr geht los, meinen Fisch besorgen?« Er sah Shaan an, und sie nickte.
    »Ich hole nur noch meine Ausrüstung.«
    »Gut. Und sieh zu, dass du dich gründlich wäschst. Ich kann den Wein von letzter Nacht noch an dir riechen. Wenn du dir nur mal die Haare waschen und ein bisschen Fleisch auf die Knochen bekommen würdest, könntest du einige Münzen mehr verdienen, genau wie Tuon.«

    »Nein, vielen Dank«, knurrte Shaan mit finsterer Miene. »Da würde ich lieber meinen Kopf in diesen Ofen stecken.« Sie nahm ihren Schnürbeutel vom Haken neben der Hintertür. »Komm schon, Tuon.«
    Der Klang von Torgs Kichern und das gleichmäßige Aufklatschen vom Teig auf
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