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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros
Autoren: George R.R. Martin
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einen Moment lang an. »Für zwei Silberstücke bekommt Ihr einen Tag. Danach verkaufe ich meine Arbeit dem nächsten.«
    Dunk holte die beiden Hirsche aus dem Beutel und drückte sie dem Waffenschmied in die schwielige Hand. »Ihr werdet alles bekommen. Ich will einer der Recken werden.«
    »Ach ja?« Pat biss auf eine der Münzen. »Und die andern, nehme ich an, die sind nur gekommen, um Euch zuzujubeln?«
    Der Mond stand bereits hoch am Himmel, als Dunk seine Schritte zu der Ulme zurücklenkte. Hinter ihm erstrahlten die Wiesen von Aschfurt im Licht der Fackeln. Lieder und Gelächter hallten über das Gras, aber seine eigene Stimmung war ernst. Er kannte nur eine Möglichkeit, die Münzen für seine Rüstung zusammenzubekommen. Und wenn er verlieren sollte … »Ich brauche nur einen Sieg«, murmelte er laut. »Das sollte doch zu schaffen sein.«
    Und dennoch, der alte Mann hätte sich nie darauf eingelassen. Ser Arlan war kein Lanzenstechen mehr geritten, seit ihn der Prinz von Drachenstein vor vielen Jahren bei einem Turnier in Sturmkap vom Pferd gestoßen hatte. »Nicht jeder Mann kann von sich behaupten, sieben Lanzen gegen den besten Ritter der Sieben Königslande gebrochen zu haben«, pflegte er zu sagen. »Ich könnte nie hoffen, es besser zu machen, warum also sollte ich es versuchen? «
    Dunk vermutete, dass Ser Arlans Alter mehr damit zu tun gehabt hatte als der Prinz von Drachenstein, aber er hatte nie eine dementsprechende Bemerkung gewagt. Der alte Mann hatte seinen Stolz gehabt, bis zuletzt. Ich bin schnell und stark, das hat er immer gesagt, und was für ihn galt, muss nicht auch für mich gelten, dachte er störrisch.
    Er durchquerte eine Stelle mit hohem Schilfgras und zerbrach sich den Kopf über seine Chancen, als er das Flackern eines Feuers durch die Büsche sah. Was ist denn das? Dunk blieb nicht stehen, um nachzudenken. Plötzlich hatte er das Schwert in der Hand und trampelte durch das Gras.
    Er platzte brüllend und fluchend heraus, blieb aber ruckartig stehen, als er den Jungen neben dem Lagerfeuer erblickte. »Du!« Er ließ das Schwert sinken. »Was machst du hier?«
    »Einen Fisch grillen«, sagte der kahlköpfige Junge. »Möchtet Ihr auch was abhaben?«
    »Ich meinte, wie bist du hierhergekommen? Hast du ein Pferd gestohlen?«
    »Ich bin hinten auf dem Wagen eines Mannes mitgefahren, der ein paar Lämmer in die Burg gebracht hat, für die Tafel des Lords von Aschfurt.«
    »Nun, dann solltest du schleunigst nachsehen, ob er schon wieder fort ist, oder dir einen anderen Wagen suchen. Ich will dich nicht hier haben.«
    »Ihr könnt mich nicht wegschicken«, sagte der Junge dreist. »Ich habe die Nase voll von dem Gasthaus.«
    »Ich werde mir keine Frechheiten mehr von dir gefallen lassen«, warnte Dunk ihn. »Ich sollte dich gleich jetzt über mein Pferd werfen und nach Hause bringen.«
    »Dann müsstet Ihr den ganzen Weg bis nach Königsmund reiten«, sagte der Junge. »Ihr würdet das Turnier versäumen.«
    Königsmund. Einen Moment fragte sich Dunk, ob er verspottet wurde, aber der Junge konnte unmöglich wissen, dass er ebenfalls in Königsmund geboren worden war. Noch ein armer Kerl aus Flohloch, ob es mir gefällt oder nicht, und wer kann es ihm verdenken, dass er da rauswill?
    Er kam sich albern vor, wie er mit dem gezückten Schwert über einem achtjährigen Waisenknaben stand. Er steckte es in die Scheide und sah den Jungen finster an, damit der gleich wusste, dass nicht gut Kirschen essen mit ihm war. Ich sollte ihm mindestens eine ordentliche Tracht Prügel verpassen, dachte er, aber der Junge sah so mitleiderregend aus, dass er es nicht über sich brachte, ihn zu schlagen. Er sah sich in dem Lager um. Das Feuer loderte fröhlich in einem ordentlichen Kreis aus Steinen. Die Pferde waren gestriegelt, Kleidungsstücke hingen an der Ulme und trockneten über den Flammen. »Was haben die da zu suchen?«
    »Ich habe sie gewaschen«, sagte der Junge. »Und ich habe die Pferde gebürstet, ein Feuer gemacht und diesen Fisch gefangen. Ich hätte Euer Zelt aufgebaut, konnte aber keines finden.«
    »Das ist mein Zelt.« Dunk winkte mit der Hand über seinen Kopf zu den Ästen der hohen Ulme, die über ihnen aufragte.
    »Das ist ein Baum«, sagte der Junge unbeeindruckt.
    »Ein anderes Zelt braucht ein wahrer Ritter nicht. Ich schlafe lieber unter den Sternen als in einem rauchigen Zelt.«
    »Und wenn es regnet?«
    »Dann schützt mich der Baum.«
    »Bäume sind undicht.«
    Dunk lachte.
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