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Der Heckenritter von Westeros

Der Heckenritter von Westeros

Titel: Der Heckenritter von Westeros
Autoren: George R.R. Martin
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versteht nicht. Heddel hat den Befehl über meine Männer.«
    »Ihr müsst doch wenigstens einige treue Wachen haben«, sagte Ei.
    »Diese Männer hier«, antwortete Lord Butterquell. »Und noch ein paar andere. Ich war zu nachlässig, das will ich gestehen, aber ich bin kein Verräter. Frey und ich haben von Anfang an Zweifel an Lord Gipfels Prätendenten gehegt. Er trägt das Schwert nicht! Wäre er der Sohn seines Vaters, hätte Bitterstahl ihm Schwarzfeuer gegeben. Und dieses Gerede über Drachen … Wahnsinn, Wahnsinn und Torheit.« Seine Lordschaft wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Und jetzt haben sie das Ei gestohlen, das Drachenei, das der König persönlich meinem Großvater für treue Dienste geschenkt hat. Heute Morgen war es noch da, als ich erwachte, und meine Wachen schwören, dass niemand das Schlafgemach betreten oder verlassen hat. Vielleicht hat Lord Gipfel sie gekauft, das weiß ich nicht. Aber das Ei ist verschwunden. Sie müssen es haben, oder…«
    Oder der Drache ist geschlüpft, dachte Dunk. Falls in Westeros erneut ein lebender Drache erscheinen würde, würden sich die Lords und das Volk hinter den Prinzen scharen, dem die Bestie gehorchte. »Mylord«, sagte er, »wenn ich vielleicht ein Wort mit meinem … meinem Knappen reden dürfte?«
    »Wie Ihr wünscht, Ser.« Lord Butterquell kniete sich wieder zum Beten hin.
    Dunk zog Ei zur Seite und ließ sich auf ein Knie nieder, um mit ihm auf gleicher Augenhöhe zu sprechen. »Du bekommst eine solche Ohrfeige, dass sich dein Gesicht nach hinten dreht, und den Rest deines Lebens wirst du nur noch sehen, wo du gerade vorbeigekommen bist.«
    »Gewiss, Ser.« Ei hatte den Anstand, verlegen dreinzuschauen. »Es tut mir leid. Ich wollte meinem Vater nur einen Raben schicken.«
    Damit ich Ritter bleiben kann. Der Junge hat es gut gemeint. Dunk sah hinüber zum betenden Butterquell. »Was hast du mit ihm gemacht?«
    »Ihm Angst gemacht, Ser.«
    »Ja, das habe ich gemerkt. Bevor die Nacht vorbei ist, wird er sich die Knie wund geschürft haben.«
    »Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, Ser. Der Maester hat mich zu ihnen gebracht, nachdem er den Ring meines Vaters gesehen hat.«
    »Zu ihnen?«
    »Lord Butterquell und Lord Frey, Ser. Es waren auch einige Wachen da. Alle waren schrecklich aufgeregt. Man hat das Drachenei gestohlen.«
    »Nicht du, hoffe ich?«
    Ei schüttelte den Kopf. »Nein, Ser. Ich wusste, dass ich in der Patsche steckte, als der Maester Lord Butterquell meinen Ring gezeigt hat. Ich wollte sagen, ich hätte ihn gestohlen, doch das hätten sie mir bestimmt nicht geglaubt. Dann erinnerte ich mich daran, dass mein Vater mir einmal einen Ausspruch von Lord Blutrabe erklärt hat: Es sei besser, Angst zu verbreiten, als Angst zu haben. Also habe ich ihnen erzählt, mein Vater habe mich geschickt, um sie auszuspionieren. Er sei mit einem Heer unterwegs hierher und Seine Lordschaft solle mich lieber freilassen und dem Hochverrat abschwören, oder es würde ihn den Kopf kosten.« Er lächelte schüchtern. »Das hat besser geklappt, als ich dachte, Ser.«
    Dunk hätte den Jungen am liebsten an den Schultern gepackt und geschüttelt, bis die Zähne klapperten. Das ist kein Spiel, hätte er brüllen können. Hier geht es um Leben und Tod. »Hat Lord Frey alles mit angehört?«
    »Ja. Er wünschte Lord Butterquell viel Glück in der Ehe und verkündete, dass er unverzüglich auf die Zwillinge zurückkehren werde. Dann hat uns Seine Lordschaft hierher zum Beten gebracht.«
    Frey konnte fliehen, dachte Dunk, aber Butterquell hat diese Möglichkeit nicht, und früher oder später wird er sich wundern, warum Prinz Maekar mit seinem Heer nicht auftaucht. »Falls Lord Gipfel erfährt, dass du in der Burg bist …«
    Die äußeren Tore der Septe flogen krachend auf. Dunk drehte sich um und sah den Schwarzen Tom Heddel in Kettenhemd und Harnisch. Regenwasser tropfte von seinem nassen Mantel und bildete Lachen zu seinen Füßen. Ein Dutzend Bewaffnete mit Speeren und Äxten stand hinter ihm. Ein blauweißer Blitz zuckte über den Himmel und erzeugte kurz tiefe Schatten auf dem hellen Steinfußboden. Eine feuchte Windböe ließ die Kerzen in der Septe tanzen.
    Verfluchte sieben Höllen, konnte Dunk gerade noch denken, ehe Heddel sagte: »Da ist der Junge. Ergreift ihn.«
    Lord Butterquell hatte sich erhoben. »Nein. Halt. Der Junge wird nicht belästigt. Tommard, was hat das zu bedeuten?«
    Heddel starrte ihn verächtlich an.
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