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Der gute Mensch von Sezuan

Der gute Mensch von Sezuan

Titel: Der gute Mensch von Sezuan
Autoren: Hermann Hesse
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Durch-die-Finger-Sehen und der Gaul zieht besser.
    Noch im Juni ein wenig Geduld und der Baum
    Beugt sich im August unter den Pfirsichen. Wie
    Sollen wir zusammenleben ohne Geduld?
    Mit einem kleinen Aufschub
    Werden die weitesten Ziele erreicht.
    Zum Schreiner: Nur ein Weilchen gedulden Sie sich, Herr Lin To!
    DER SCHREINER Und wer geduldet sich mit mir und mit meiner Familie? Er rückt eine Stellage von der Wand, als wolle er sie mitnehmen. Sie bezahlen oder ich nehme die Stellagen mit!
    DIE FRAU Meine liebe Shen Te, warum übergibst du nicht deinem Vetter die Angelegenheit? Zum Schreiner: Schreiben Sie Ihre Forderung auf und Fräulein Shen Tes Vetter wird bezahlen.
    DER SCHREINER Solche Vettern kennt man!
    DER NEFFE Lach nicht so dumm! Ich kenne ihn persönlich.
    DER MANN Ein Mann wie ein Messer.
    DER SCHREINER Schön, er soll meine Rechnung haben. Er kippt die Stellage um, setzt sich darauf und schreibt seine Rechnung.
    DIE FRAU Er wird dir das Hemd vom Leibe reißen für seine paar Bretter, wenn ihm nicht Halt geboten wird. Erkenne nie eine Forderung an, berechtigt oder nicht, denn sofort wirst du überrannt mit Forderungen, berechtigt oder nicht. Wirf ein Stück Fleisch in eine Kehrichttonne, und alle Schlachterhunde des Viertels beißen sich in deinem Hof. Wozu gibt's die Gerichte?
    SHEN TE Er hat gearbeitet und will nicht leer ausgehen. Und er hat seine Familie. Es ist schlimm, daß ich ihn nicht bezahlen kann! Was werden die Götter sagen?
    DER MANN Du hast dein Teil getan, als du uns aufnahmst, das ist übergenug.
    Herein ein hinkender Mann und eine schwangere Frau.
    DER HINKENDE zum Paar: Ach, hier seid ihr! Ihr seid ja saubere Verwandte! Uns einfach an der Straßenecke stehen zu lassen!
    DIE FRAU verlegen zu Shen Te: Das ist mein Bruder Wung und die Schwägerin. Zu den beiden: Schimpft nicht und setzt euch ruhig in die Ecke, damit ihr Fräulein Shen Te, unsere alte Freundin, nicht stört. Zu Shen Te: Ich glaube, wir müssen die beiden aufnehmen, da die Schwägerin im fünften Monat ist. Oder bist du nicht der Ansicht?
    SHEN TE Seid willkommen!
    DIE FRAU Bedankt euch. Schalen stehen dort hinten. Zu Shen Te: Die hätten überhaupt nicht gewußt, wohin. Gut, daß du den Laden hast!
    SHEN TE lachend zum Publikum, Tee bringend: Ja, gut, daß ich ihn habe!
    Herein die Hausbesitzerin Frau Mi Tzü, ein Formular in der Hand.
    DIE HAUSBESITZERIN Fräulein Shen Te, ich bin die Hausbesitzerin, Frau Mi Tzü. Ich hoffe, wir werden gut miteinander auskommen. Das ist ein Mietskontrakt. Während Shen Te den Kontrakt durchliest. Ein schöner Augenblick, die Eröffnung eines kleinen Geschäfts, nicht wahr, meine Herrschaften? Sie schaut sich um. Ein paar Lücken sind ja noch auf den Stellagen, aber es wird schon gehen. Einige Referenzen werden Sie mir wohl beibringen können?
    SHEN TE Ist das nötig?
    DIE HAUSBESITZERIN Aber ich weiß doch gar nicht, wer Sie sind.
    DER MANN Vielleicht könnten wir für Fräulein Shen Te bürgen? Wir kennen sie, seit sie in die Stadt gekommen ist, und legen jederzeit die Hand für sie ins Feuer.
    DIE HAUSBESITZERIN Und wer sind Sie?
    DER MANN Ich bin der Tabakhändler Ma Fu.
    DIE HAUSBESITZERIN Wo ist Ihr Laden?
    DER MANN Im Augenblick habe ich keinen Laden. Sehen Sie, ich habe ihn eben verkauft.
    DIE HAUSBESITZERIN So. Zu Shen Te: Und sonst haben Sie niemand, bei dem ich über Sie Auskünfte einholen kann?
    DIE FRAU souffliert: Vetter! Vetter!
    DIE HAUSBESITZERIN Sie müssen doch jemand haben, der mir dafür Gewähr bietet, was ich ins Haus bekomme. Das ist ein respektables Haus, meine Liebe. Ohne das kann ich mit Ihnen überhaupt keinen Kontrakt abschließen.
    SHEN TE langsam, mit niedergeschlagenen Augen: Ich habe einen Vetter.
    DIE HAUSBESITZERIN Ach, Sie haben einen Vetter. Am Platz? Da können wir doch gleich hingehen. Was ist er?
    SHEN TE Er wohnt nicht hier, sondern in einer anderen Stadt.
    DIE FRAU Sagtest du nicht in Schung?
    SHEN TE Herr Shui Ta. In Schung!
    DER MANN Aber den kenne ich ja überhaupt! Ein Großer, Dürrer.
    DER NEFFE zum Schreiner: Sie haben doch auch mit Fräulein Shen Tes Vetter verhandelt! Über die Stellagen!
    DER SCHREINER mürrisch: Ich schreibe für ihn gerade die Rechnung aus. Da ist sie! Er übergibt sie. Morgen früh komme ich wieder! Ab.
    DER NEFFE ruft ihm nach, auf die Hausbesitzerin schielend: Seien Sie ganz ruhig, der Herr Vetter bezahlt es!
    DIE HAUSBESITZERIN Shen Te scharf musternd: Nun, es wird mich auch freuen, ihn kennenzulernen. Guten Abend,
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