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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo
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verheiraten will, tut man immer gut, zu glauben. Doch, wie gesagt, folge mir, mein Junge, verliere keine Zeit, melde ihr deine Ankunft und teile ihr deine Hoffnungen mit!
    Ich gehe, sagte Edmond, umarmte seinen Vater, grüßte Caderousse und entfernte sich.
    Caderousse blieb noch einen Augenblick, nahm dann von dem alten Dantes Abschied, ging ebenfalls die Treppe hinabund suchte Danglars wieder auf, der ihn an der Ecke der Rue Senac erwartete.
    Nun, sagte Danglars, hast du ihn gesehen? Hat er von seiner Hoffnung, Kapitän zu werden, gesprochen?
    Er spricht davon, als ob er es bereits wäre.
    Geduld! Geduld! sagte Danglars, mir scheint, er hat's gar zu eilig. Und er ist immer noch in die Katalonierin verliebt?
    Wie toll; soeben ist er zu ihr gegangen. Doch wenn ich mich nicht sehr täusche, wird er hier auf Schwierigkeiten stoßen.
    Sag einmal, du liebst Dantes nicht, wie? – Ich liebe die Anmaßenden nie. – Nun also, was weißt du von der Katalonierin? – Nichts Bestimmtes; nur habe ich gesehen, daß Mercedes, so oft sie in die Stadt kommt, von einem großen schwarzen Katalonier, den sie Vetter nennt, begleitet wird. – Ah, wirklich? Und glaubst du, dieser Vetter mache ihr den Hof? – Ich denke wohl. Was zum Teufel kann ein Bursche von einundzwanzig Jahren mit einem hübschen Mädchen von siebzehn weiter machen?
    Und du sagst, Dantes sei zu den Kataloniern gegangen?
    Ja, wenn wir ihm folgen, so können wir im Garten der Reserve bei einem Glase Wein das weitere abwarten.
    Beide begaben sich mit raschen Schritten nach dem bezeichneten Orte und ließen sich eine Flasche Wein bringen. Der Vater Pamphile, der sie ihnen vorsetzte, hatte Dantes vor kaum zehn Minuten vorübergehen sehen.

Die Katalonier.
     
    Hundert Schritte von der Laube, wo die beiden Freunde den sprudelnden Lamalgue-Wein tranken, erhob sich hinter einem nackten, sonnigen Hügel die kleine Ansiedlung der Katalonier.Eines Tages wanderte eine Anzahl Katalonier aus dem Mutterland aus und landete hier, wo sie sich noch heute befindet. Man wußte nicht, woher sie kam, und kannte nicht einmal ihre Sprache. Einer von den Führern, der Provençalisch verstand, bat die Gemeinde Marseille, ihnen dieses nackte, unfruchtbare Vorgebirge zu geben, auf das sie ihre Schiffe gezogen hatten. Die Bitte wurde gewährt, und drei Monate nachher erhob sich um ihre fünfzehn Fahrzeuge ein kleines Dorf. Seit drei bis vier Jahrhunderten sind sie ihrem Vorgebirge treu geblieben, ohne sich mit der Bevölkerung von Marseille zu vermischen, denn sie heirateten unter sich und behielten Sitten, Tracht und Sprache ihres Mutterlandes bei.
    In einer der einfachen Hütten stand ein junges Mädchen mit rabenschwarzen Haaren und Augen an der Wand. Ihre bis an den Ellbogen entblößten Arme, die zwar gebräunt, aber schön geformt waren, bebten wie von fieberhafter Ungeduld, und sie stampfte mit ihrem geschmeidigen, schön gebogenen Fuße auf die Erde, so daß die reine, stolze, kühne Form ihres mit einem baumwollenen Strumpf bekleideten Beines ein wenig sichtbar wurde.
    Drei Schritte von ihr saß auf einem Stuhle ein großer etwa zwanzigjähriger Bursche und betrachtete sie mit einer Miene, in der sich Unruhe und Trotz bekämpften. Seine Augen sahen fragend und verlangend aus, aber der feste, entschiedene Blick des jungen Mädchens beherrschte den Jüngling.
    Wie steht's, Mercedes, sagte der junge Mann, Ostern naht; ist's da nicht Zeit, Hochzeit zu machen? Antwortet mir!
    Ich habe Euch hundertmal geantwortet, Fernand, und Ihr müßt in der Tat Euer eigener Feind sein, daß Ihr mich noch einmal fragt!
    Wiederholt es, ich bitte Euch, noch einmal, daß ich es endlich glauben kann! Sagt mir zum hundertstenmale, daß Ihr eine Liebe ausschlagt, die Eure Mutter billigte! Macht mir's begreiflich, daß Ihr mit meinem Glücke Euer Spiel treibt, daß mein Leben und mein Tod nichts für Euch sind.Ach, mein Gott, zehn Jahre lang habe ich geträumt. Euer Gatte zu werden, und soll nun diese Hoffnung verlieren, die der einzige Zweck meines Lebens war!
    Ich bin es wenigstens nicht gewesen, die Euch in dieser Hoffnung ermutigt hat, Fernand, antwortete Mercedes. Ihr könnt mir in dieser Hinsicht nichts vorwerfen. Stets sagte ich Euch: Ich liebe Euch wie meinen Bruder, fordert aber nie mehr von mir, denn mein Herz gehört einem andern. Das habe ich Euch immer gesagt, Fernand.
    Ich weiß es wohl, Mercedes, antwortete der junge Mann. Ja, Ihr habt mir gegenüber das grausame Verdienst der Offenherzigkeit.
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