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Der Gegenschlag - Extreme Measures

Der Gegenschlag - Extreme Measures

Titel: Der Gegenschlag - Extreme Measures
Autoren: Vince Flynn
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anzugreifen.
    Für Karim war diese Nacht ein entscheidender Moment in seinem Leben. Er verstand die Situation sowohl taktisch als auch psychologisch. Der Kommandeur war Taliban und hatte vor dem Fall der amerikanischen Türme in New York in dieser Region das Sagen gehabt. Wenn herauskam, dass er nicht imstande war, sieben Amerikaner vor seiner eigenen Haustür zu vertreiben, dann wäre das eine arge Schmach für ihn gewesen. Der Mann würde eher zweihundert gute Männer opfern als seinen Ruf verlieren.
    Damals in den Bergen wurde Karim von einer unglaublichen inneren Ruhe ergriffen. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, mit dem Kommandeur zu diskutieren. Er wusste, wenn er dem Befehl nicht nachkam, würde er als Feigling gebrandmarkt nach Saudi-Arabien zurückgeschickt werden und bis ans Ende seiner Tage mit dieser Schmach leben müssen. Wenn er seine Männer den Berg hinaufführte, würde er wahrscheinlich zusammen mit vielen seiner Männer getötet werden. Nachdem also seine Möglichkeiten beschränkt waren, entschied er sich für die einfachste und klarste Lösung des Problems. Karim
zog seine Pistole, schoss dem Kommandeur in den Kopf und übernahm das Kommando. Er schickte seine Melder los, um mehr Männer und Artillerie anzufordern, und ließ die Verwundeten bergen. Während der letzte verbliebene Mörser im schwachen Licht der Morgendämmerung in Stellung gebracht wurde, hörte Karim plötzlich das gleichmäßige Knattern eines Hubschraubers oben in der dünnen Gebirgsluft. Als das Geräusch lauter wurde, griff er nach seinem lichtstarken Fernglas und blickte zum Gipfel hinauf. Er beobachtete staunend, wie sieben Männer in den Bauch der amerikanischen Bestie stiegen und auf der anderen Seite des Gebirgskamms verschwanden.
    Nach dieser einseitigen Auseinandersetzung hatte Karim begonnen, die amerikanischen Spezialeinsatzkräfte zu studieren. Rasch begriff er, dass es nicht bloß an den besseren Waffen und der Taktik lag, warum sie so wirkungsvoll waren, sondern an ihrer Ausbildung. Von den sieben Männern, die hier mit ihm am Tisch saßen, hatte er fünf schon in Afghanistan unter sich gehabt. Die beiden anderen hatte ihm Zawahiri aufgezwungen. Der arrogante Mann hatte behauptet, dass es zwei seiner besten Männer wären. Als Karim herausfand, dass Zacharias Zawahiris Neffe war, wurde ihm alles klar. Der unfähige Kerl war ihm geschickt worden, damit er alles im Auge behielt und seinem Onkel Bericht erstattete.
    Der Ägypter brachte das ganze Team in eine schwierige Situation. Er war bei jeder Übung mit Abstand der Schlechteste, und wegen ihm war nun die ganze Mission in Gefahr. Karim dachte an die Amerikaner und ihre erstklassige Ausbildung. Der Selektionsprozess für ihre Eliteeinheiten war beinhart. Bei einigen von ihnen, zum Beispiel den SEALs, waren es bis zu achtzig Prozent, die es nicht bis ans Ende schafften. Karim versuchte sich an das
Wort zu erinnern, mit dem sie diesen Ausleseprozess beschrieben. Es hatte etwas mit Wasser zu tun. Sie nannten es »washing out«. Der Ausdruck gefiel ihm; er hatte einen religiösen Unterton. So als würden die Unreinen oder Unwürdigen weggeschwemmt.
    Er sah auf Zacharias hinunter. Ihn zu seinem Onkel zurückzuschicken wäre aus zwei Gründen sehr riskant gewesen; erstens würde ihnen Zawahiri wahrscheinlich die Geldmittel entziehen und das ganze Team zurückbeordern, zweitens würde dieser Idiot womöglich irgendwo unterwegs einem Zollbeamten in die Hände laufen und die ganze Operation verraten. Karim hatte erneut einen Moment der Klarheit. Das selbstgefällige Gesicht des Ägypters und die halbfertige Bombe machten ihm die Entscheidung umso leichter. Die Mission war wichtiger als ein einzelner Mann. Karim zog seine 9-mm-Pistole, richtete sie auf Zacharias’ Kopf und drückte ab.

5
    LUFTSTÜTZPUNKT BAGRAM, AFGHANISTAN
    Nash trat zu der Tür, die in den Zellentrakt führte, und wartete auf das summende Geräusch, das ihm sagte, dass das Schloss geöffnet wurde. Rapp war direkt hinter ihm und atmete ihm in den Nacken wie ein Stier vor der Arena. Zusammen hatten sie bestimmt über hundert Terroristen, Informanten und feindliche Kämpfer vernommen. In neun Fällen hatten sie zusammengearbeitet, um Männer wie Abu Haggani und Mohammad al-Haq zum Reden zu bringen. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten hatten sie alles aus ihnen herausgeholt. Rapp und Nash waren jeder für sich schon überaus effektiv;
zusammen entfalteten sie die geballte Energie eines
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