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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Inhalts ergoss sich über den Küchenboden, fluchend schob Tabea das Zeug wieder in die Tüte zurück. Dabei fiel ihr ein klein zusammengefaltetes Zettelchen auf, das aus billigem, weichem Papier war. Sie öffnete es. In violetter Farbe stand da ein einziger Satz:
     
    Du kannst gesund sein!
     
    Was das nun wieder sollte? Als sie den Zettel in die Altpapiertüte zurückstecken wollte, erschrak sie fast zu Tode: Björn stand in der Küchentür, stumm; die rechte Hand hatte er in ihre Richtung ausgestreckt.
    »Gib das mir«, sagte er. Sie gehorchte. Auf seinem Gesicht lag ein grausamer Ausdruck, der ihr noch mehr Angst einjagte. Hastig raffte sie den Papiermüll zusammen, verstaute ihn und stand auf. Sie wollte die Tüte schnell wegbringen, um Abstand zwischen sich und Björn zu bringen, aber er blockierte ihren Weg.
    »Der Zettel ist mir beim Gottesdienst zugesteckt worden. Er stammt von Leuten, die falsche Versprechungen machen. Sie sagen, sie können uns Zombies wieder so schnell wie normale Menschen werden lassen. Hat angeblich was mit Elektrizität zu tun. Aber es ist verboten und außerdem nutzlos, das Grüne Buch hat mich schon gewarnt. Ich habe die Sache angezeigt.«
    Er steckte den Zettel in seine Hosentasche und gab den Weg frei. Sie machte, dass sie aus der Wohnung kam.

ROLLERBIKE
     
     
     
    Zu Weihnachten schenkte er ihr ein Rollerbike. Er wusste nicht, ob das richtig war. Im Grünen Buch stand ja, dass eine Vaterfigur ihren Schützling lieben und achten, aber nicht verwöhnen sollte. Vaterfiguren mussten wie echte Väter sein, und echte Väter, sagte das Grüne Buch, verwöhnen ihre Kinder nicht, sondern zeigen ihnen den Weg. Vielleicht, dachte Björn, hätte er das Heilige Kind bei der Audienz fragen sollen, ob er Tabea ein Rollerbike schenken durfte, denn schon zu diesem Zeitpunkt hatte er den Plan gefasst. Aber das Heilige Kind hatte nur wenig Zeit gehabt. Und außerdem: Wer würde das Heilige Kind wegen eines Weihnachtsgeschenks um Rat bitten? Sicher hatte der Traum etwas damit zu tun. In der Nacht vor dem Kauf des Rollerbikes hatte er einen seiner seltenen Schlafträume gehabt, weil er für ein paar Minuten eingenickt war. Er hatte geträumt, dass Tabea nicht sein Schützling, sondern seine wirkliche Tochter war, sogar naturgeboren. Er hatte zusammen mit ihr Eheringe gekauft, per Intro, und dabei gedacht: Sie ist so jung, wie kann sie schon heiraten? Um sie vor Unglück zu bewahren, hatte er ihr die Ehe verboten. Sie hatte gehorcht, sehr zu seinem Erstaunen. »Weil ich doch deine Tochter bin«, hatte sie gesagt, bevor er aufgewacht war. Björn glaubte, dass dieser Traum etwas mit seiner Entscheidung zu tun hatte, Tabea ein Rollerbike zu kaufen. Es war wunderschön, glitzernd, meerblau. Man brauchte sich nur einmal damit abzustoßen, und es fuhr einen, wohin man wollte. Die Energie in den Akkus reichte ewig. Man konnte das Bike ganz klein zusammenfalten, es passte dann in einen Rucksack. Björn wusste, dass dieses Modell etwas taugte, er hatte die Militärversion in den Wüstencamps und den besetzten Städten kennen gelernt. Tabea hatte auch nett sein wollen und Björn einen Traum für den Halluzinationsstab geschenkt. Den ganzen Grönlandfeldzug. Björn halluzinierte nicht gerne, es verursachte ihm Kopfweh und brachte seine ehemaligen Schnittstellen zum Brennen, ein ganz unangenehmes Gefühl. Vielleicht auch eine Unverträglichkeit mit dem Heiligen Netz. Und natürlich interessierte ihn der Grönlandfeldzug als Traum nicht, er war ja dort gewesen. Wahrscheinlich hatte sie den Traum selbst haben wollen und den Umweg über das Weihnachtsgeschenk gewählt. Er war ihr nicht böse, mit vierzehn war man halt so. Er hatte sich bei ihr bedankt und nachher den Traum in die Schublade mit dem restlichen Traumgerät gelegt.
    Am Heiligabend gelang es dem Feind, die städtischen Verteidigungsanlagen zu durchbrechen und in einigen südlichen Randzonen der Hauptstadt Pollen abzuwerfen. Björn hörte in einem Intro davon, als er sein Zimmer aufräumte; Tabea schlief bereits. Die Pollen waren schnell neutralisiert worden, aber es gab dann doch ein Dutzend Heufieber-Opfer. Björn fühlte sich nutzlos und wurde von einer Wut geschüttelt, dass er sich beinahe vergessen hätte. Er konnte sich nur beruhigen, indem er sich immer wieder sagte, dass er kein Soldat mehr war und jetzt eine andere Aufgabe hatte.
     
     
    Kurz nach dem Pollenangriff kamen die Erinnerungen zurück. Ausgelöst durch die kleine Vase auf dem
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