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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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in den Bordcomputer dieses Buggys hier eingehackt, denn er wusste genau, wo du und Sirit ausgestiegen waren. Und dann musste ich dich ja noch befreien. Ich hatte das Überraschungsmoment auf meiner Seite, aber der Angriff auf das Lager hätte auch schiefgehen können. Wir hatten verdammtes Glück, dass ich dein Sklavenband orten konnte, weil ich gestern in der Basis seine Signatur abgehört hatte. Schade, dass wir deine Freundin zurücklassen mussten. Aber es war keine Zeit, verstehst du?«
    »War nicht meine Freundin. Tat mir nur leid. Hat das Band um und ist allein.«
    Es dauerte ewig, bis sie diese Worte herausgebracht hatte. Etienne antwortete nicht, sondern starrte nur auf den zerschrammten Boden des Wüstenbuggys, der sich unter dem Sand vorarbeitete.
    »Lass uns umkehren«, sagte sie.
    »Nein«, entgegnete er, aber jetzt nicht mehr ärgerlich, sondern leise und traurig. Er legte seine Hand auf ihre. Wütend zog sie ihre Hand zurück. Er ließ sie eine Weile weinen.
    Sie fuhren fast einen ganzen Tag nach Süden, immer untergetaucht, immer in Angst vor den Satelliten der EF und vor den Fenneks oder den Fennekfrauen, die ihnen auf den Fersen sein mochten. Etienne hatte für alles gesorgt, er musste seine Flucht von langer Hand geplant haben. Der Buggy war voll aufgetankt und konnte bis nach Südafrika fahren, wenn es sein musste. Sie hatten genug zu essen und zu trinken, in verschiedenen Rucksäcken steckten Vorräte und Ausrüstungsgegenstände, von Karabinerhaken bis zu Klopapier. Sogar an Feuerholz hatte er gedacht.
    Tabea begann sich langsam wieder zu erholen, nach diesem schrecklichen Tag in der Gewalt Sirits und ihrer Freundinnen. War Sirit jetzt auch tot? Sie hoffte es sehr. Mühsam krauchte sie in dem Laderaum des Buggys hin und her, aß etwas, pinkelte in den Nachttopf und leerte ihn in einen der Plastiktanks für die Fäkalien, die sie mitführten. Das feine Summen des Sklavenbands an ihrem Hals machte sie verrückt. Wollte Etienne es ihr nicht bald abnehmen? Sie hätte ihn jederzeit darum bitten können, aber aus irgendeinem Grund war sie zu scheu dazu. Am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn er von sich aus das Thema angesprochen hätte. Diese Art Schüchternheit, die sie gar nicht an sich kannte, ärgerte sie.
    Etienne selbst sprach nicht viel. Vielleicht war er noch sauer auf sie, weil sie die andere Sklavin auch noch hatte retten wollen und weil sie sich überhaupt noch nicht bei ihm bedankt hatte.
    Als sie endlich auftauchten, ging die Sonne gerade unter. Die Navigation anhand des Erdmagnetfeldes war so genau gewesen, dass sich die Felsengruppe, die Etienne als Rastplatz für diese Nacht ausgewählt hatte, beim Auftauchen direkt vor ihrer Nase befand. Geschickt steuerte Etienne den Buggy durch die engen Spalten zwischen den hohen Felsen hindurch. Ein paarmal ließ er die Scheinwerfer kurz aufflackern, um sich in dem Felsengewirr zu orientieren, dann fand er auch schon einen Überhang, unter dem er den Buggy parken konnte, ohne ihn einzuklemmen. Etienne schnappte sich eine Mitrailleuse, er sagte, er wolle überprüfen, ob sie hier wirklich allein waren. Als er zurückkam, machten sie ein Feuer.
    »Kannst du mir das Band abnehmen?«, fragte Tabea, als sie eine Weile in die Flammen gestarrt hatten. Er senkte den Blick.
    »Ich bekomme es nicht zu fassen«, sagte sie, »ich rutsche immer ab.«
    »Das ist gut so«, sagte er leise, so leise, dass sie beim Prasseln des Feuers fast nicht hörte. »Wenn das Band nämlich eine Bedrohung registriert, weil jemand es zu fassen kriegt, dann zieht es sich zusammen und erwürgt dich.«
    Tabea schluckte. Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder.
    »Und das heißt«, fragte sie, »dass ich jetzt für immer dieses Band tragen muss?«
    »Nein«, sagte Etienne. »Wahrscheinlich nicht. Ich hab mich in der Basis noch ein wenig über dieses Modell schlau gemacht. Nach einer gewissen Zeit sind die Batterien leer und es fällt von selbst ab. Man könnte sagen, dass du Glück hast. Es gibt Sklavenbänder, die mit Sonnenenergie arbeiten, oder sogar welche, die die Körperwärme ihres Trägers in Elektrizität umwandeln. Für so was hatte Sirit glücklicherweise kein Geld.« Etienne lächelte dünn.
    »Wie lange?«, fragte sie. »Wann ist die Batterie leer?«
    »Mindestens ein Jahr«, gab er zu Antwort. Die Spitze des Stocks, mit dem er zwischen den rot glühenden Holzscheiten herumstocherte, fing Feuer.
    Tabea merkte, sie hatte nicht einmal mehr Kraft genug, um zu
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