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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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nächste Kohlenbecken und lass uns zu Bett gehen.« Seqenenre legte die Rolle sehr sorgsam zwischen die zerdrückten Blumenblätter, die überall auf seinem Tischchen lagen, und musterte sie nachdenklich.
    »Er ist nicht wahnsinnig«, sagte er. »Falls er durch diese Krankheit unter dem besonderen Schutz der Götter stünde, das ganze Land würde es wissen, doch das ist nicht der Fall. Nein.« Auf einmal lag ihm die Verantwortung so schwer im Magen, als hätte er statt Gänsebraten Steine gegessen. »Es ist nichts als ein weiterer Versuch, uns zu verwirren und zu erschrecken, uns zu etwas zu drängen, von etwas wegzudrängen, aber was, das weiß ich nicht.«
    »Vielleicht möchte er schlicht betonen, dass er Herr über uns ist, und Waset zugleich demütigen«, warf Kamose ein. »Er kennt unsere Abstammung. Wir sind weit entfernt von Auaris, mehr als sechshundert Meilen. Liegt er nachts schlaflos, weil er sich fragt, welche Verschwörungen wir wohl so weit außerhalb seiner Reichweite anzetteln? Vor dem Husten der Nilpferde kann er sich doch wohl nicht fürchten.«
    »Aber wir haben einen rechtsgültigen Vertrag mit ihm«, meinte Aahotep. »Wir zahlen Tribut. Wir sind seit Generationen treue Untertanen. Sein Vater hat deinen Vater nicht auf diese Weise gequält, Seqenenre. Und, Kamose, wir zetteln keine Verschwörungen an. Wir kümmern uns um unsere fünf Nomarchen und um unsere eigenen Angelegenheiten.«
    »Er will uns, glaube ich, dazu treiben, dass wir gegen unsere uralte Abmachung mit ihm verstoßen«, antwortete Seqenenre ruhig. »Wir sollen ihm die Ausrede liefern, dass er sein Heer hierher führen, uns verbannen oder, schlimmer noch, einen Nomarchen einsetzen kann, der keinen Tropfen königliches Blut in den Adern hat. Dann wird er wieder Schlaf finden.«
    »Aber warum jetzt?«, fragte Tetischeri dringlich. »Ich kann mich so gerade noch an die große Seuche erinnern, die in Auaris vor vierzig Jahren gewütet hat, als Apophis’ Großvater Sekerher auf dem Horusthron saß. Die Einwohner sind gestorben wie die Fliegen, und ihre Leichen hat man in offene Gruben in der Stadt geworfen. Damals waren die Setius wehrlos, aber wir hier im Süden haben die gute Gelegenheit zum Aufstand nicht genutzt. Warum jetzt dieses Misstrauen?« Achselzuckend sagte Seqenenre:
    »Aber nachdem sich die Pest ausgetobt hatte, hat Sekerher die gewaltigen Erdwälle aufgetürmt, die nun die Hügel umgeben, auf denen die Stadt erbaut ist«, meinte er. »Im Nachhinein ist ihm aufgegangen, dass seine Sicherheit an dem dünnen Faden des guten Willens hier im Süden gehangen hat. Er hat eine Gefahr bemerkt, die es gar nicht gegeben hatte, die jedoch in Zukunft beachtet werden müsste. Apophis mag hier zwar nicht wirklich regieren, aber er hat uns nicht aus den Augen verloren. Er misstraut uns.«
    »Auaris lohnt das Verteidigen nicht«, sagte Aahotep. »Das ist ein Gewirr schmutziger Gassen ohne Baum und Strauch, in denen Ratten im Abfall herumwühlen. Ich weiß gar nicht, warum die Setius in solchem Dreck hausen, wo sie doch das ganze grüne Delta zur Verfügung haben.«
    »Doch, ich weiß es«, gab Tetischeri zurück. »Weil sie keine Ägypter sind, darum. Das sind Fremdländer, die ohne Re leben. Auaris!«, entrüstete sie sich. »Der Palast am Nebenarm! Das war einmal eine recht nette, kleine Stadt, ehe die Setius sie für sich entdeckten. Was für ein hübsches Bild dieser Name jetzt heraufbeschwört!«
    »Wir planen aber keinen Aufstand«, hielt Kamose ruhig dagegen. »Mutter hat Recht. Wir zetteln keine Verschwörungen an. Darüber sollten wir nicht weiter reden. ›Die Zunge beinhaltet Macht, und Sprache bewirkt mehr als Krieg‹, hat einer der Könige, die wahr an Stimme sind, einmal gesagt. Schick ihm einen weiteren schlauen Brief, Vater, und wir können uns wieder um wichtigere Dinge wie Säen und Kalben kümmern.«
    »Dieses Gerede ist lachhaft!«, warf Si-Amun ein und blickte Kamose mit gerunzelter Stirn an. »Aufstand, Vertrauen, diese Worte sollten für uns bedeutungslos sein. Was bilden wir uns ein, wer wir sind? Wir können uns doch nicht vor einer Anweisung des Einzig-Einen drücken? Wenn er will, dass die Nilpferde getötet werden, dann töten wir sie! Alles andere ist Gotteslästerung!«
    Kamose kam mühsam hoch. »Es hat gar nichts mit den elenden Nilpferden zu tun, und das weißt du genau«, fing er an, doch Aahmes-nofretari zog Si-Amun am Arm.
    »Vater bestimmt, was zu tun ist«, sagte sie. »Nicht wahr, Vater? Warum gibt
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