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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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Kamose. »Die halten uns, glaube ich, für das letzte Bollwerk zivilisierter Annehmlichkeiten, ehe sie den Härten des Südens trotzen müssen. Wie sie die Wüste fürchten und verachten! Ahmose! Wo willst du hin?« Seqenenres jüngster Sohn lief barfuß und im zerknautschten, staubigen Schurz an ihnen vorbei.
    »Ich treffe mich mit Turi auf dem Exerzierplatz, wir wollen ringen!«, schrie Ahmose über die Schulter zurück. »Wir haben gewettet!«
    »Zum Abendessen bist du aber daheim, Ahmose!«, rief Seqenenre hinter ihm her. »Wir haben Gäste!« Der Junge winkte zur Bestätigung.
    »Gäste«, wiederholte Kamose bitter, »die wir nicht eingeladen haben. Aber wir haben keine andere Wahl, wir müssen sie aufnehmen.« Seqenenre erwiderte den Salut des wachhabenden Soldaten am Haupteingang. Als er und Kamose ins Haus traten, kam Uni aus dem Schatten und rasch auf sie zu. Kamose verschwand in Richtung seiner eigenen Gemächer im Männerflügel.
    »Gerade will ein königliches Boot an der Bootstreppe anlegen«, teilte Seqenenre dem Haushofmeister mit. »Wer auch immer an Bord ist, schicke ihm eine Eskorte zum Empfang. Isis soll die Herrin Tetischeri und meine Frau benachrichtigen, und halte Obst und Wein im Garten bereit. Ich möchte beten und meinen Schurz wechseln.« Ohne Unis Nicken zu beantworten, ging er eiligen Schrittes zu seinen Gemächern. »Wasser, schnell!«, befahl er dem Leibdiener, der auf seinen Ruf gekommen war und sich verbeugte. »Und ich brauche frische Wäsche. Wir haben Gesellschaft aus dem Delta.« Was sorgst du dich im Voraus, wenn es keine Sorgen gibt, redete er sich gut zu, während er seine Sandalen aufschnürte und nach dem Wasserkrug griff. Bleib ganz ruhig. Mache dir Apophis’ Boten nicht zum Feind. Störe nicht das Gleichgewicht der Maat, Fürst von Waset!
    Er öffnete den Schrein und griff zu dem Weihrauchgefäß, das daneben stand, entzündete die Holzkohle mit der Kerze, die zu diesem Zweck ständig brannte, und streute ein paar Körnchen Weihrauch auf die Glut. Alsdann huldigte er dem Abbild Amuns, des Großen Gackerers, des Herrn und Beschützers Wasets, und machte auf dem kühlen Fußboden seinen Fußfall. Hilf mir, dass ich nicht die Beherrschung verliere, betete er. Schenke mir die Gabe der Weisheit, dass ich mir anhöre, was den Herold des Königs so weit geführt hat, ohne meine Ungeduld oder meine Verachtung zu verraten. Halte meine Zunge im Zaum, dass ich mir und meiner Familie nicht schade oder sie gefährde. Verschleiere meine Gedanken vor ihm, dass er nur Höflichkeit in meinen Augen liest. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Er stand auf und genoss kurz den süßlichen Rauch des Kohlenbeckens, ehe er es ausblies, den Schrein zuklappte und sich der Fürsorge seines Dieners überließ, der mit einem Becken voll warmem Wasser und Leinentüchern zurückgekehrt war.
    Eine Stunde später betrat er frisch gekleidet seinen sonnenbeschienenen, duftenden Garten. Seine Augen waren mit Kohl umrandet. Um die Stirn trug er einen schlichten Silberreif und um den Hals Anchs und silberne Wadjet-Augen. Von der beinahe schwarzen Haut seiner Hände hoben sich die Ringe glitzernd ab. Man hatte neben seinem Teich im Schatten der Bäume Matten ausgebreitet, und der königliche Besucher und seine beiden Gefährten saßen mit gekreuzten Beinen und lauschten der sanften, getragenen Stimme seiner Gemahlin Aahotep. Kamose saß etwas abseits, auch er formell geschminkt, und hatte die Hände auf den sauberen weißen Falten seines Schurzes gefaltet.
    Als sich Seqenenre näherte, standen alle auf und verbeugten sich. Ein Diener kam zu ihm und bot ihm eine Schale Obst an, doch er schüttelte den Kopf und nahm den Wein, den ihm Uni reichte. Er setzte sich ins Gras und bedeutete den anderen, es ihm gleichzutun. »Seid gegrüßt«, sagte er leutselig. »Es ist uns eine Ehre, einem Diener des Einzig-Einen unsere Gastfreundschaft anbieten zu können. Mit wem spreche ich?«
    »Ich bin Chian, Herold des Königs«, antwortete einer der Männer. Er war schlank und hellhäutig und hatte seine Augen zum Schutz gegen die südliche Sonne mit reichlich Kohl geschminkt. Sein Schurz war hauchdünn, sein Ledergürtel mit Karneolen besetzt, und auf seiner Brust prangten zwei Goldketten, die bei jedem Atemzug auffunkelten. »Das hier sind meine Wachen. Sei bedankt für deine Begrüßung, Fürst. Ich habe die Freude, dir und deinem ganzen Haus, insbesondere der Herrin Tetischeri, deiner Mutter, die guten Wünsche des Herrn der
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