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Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer
Autoren: Amy J. Fetzer
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Interview geben?« Wieder wollte er nach Tess Renfrew fragen, aber er wollte auch nicht riskieren, dass sie das Gespräch einfach abbrach.
    »Ich habe ja nicht geschwiegen. Die Medien drucken sowieso, was sie wollen.«
    Sie spürte, wie ihr unter den heißen Lampen der Schweiß zwischen den Schulterblättern hinunterlief. »Nie hat mich jemand nach meinen Ansichten gefragt. Und weil mein Name mit dem vieler anderer, die ich gar nicht kannte, in Verbindung gebracht wurde, kam ich zu der Überzeugung, dass die Medien auch die Wahrheit verzerren würden, wenn ich sie ihnen freiwillig mitteilen würde.«
    »Haben Sie deshalb das Fernseh-Interview gewählt statt des gedruckten Artikels?«
    Grüne Augen, so scharf wie Glas, versuchten ihn einzuschätzen. »Was glauben Sie?«
    »Sie wollten sichergehen, dass es Ihre Fans von Ihnen selbst hören.«
    »Sehr scharfsinnig, Justin.« Sie stellte die Tasse auf den flachen Tisch, und sie hatte das Gefühl, als führe sie ihn an seiner modischen Krawatte durch dieses Gespräch. »Die nächste Frage, bitte!«
    »Anthony Wainwright.«
    Ihr schwaches Lächeln wurde wärmer, wahrend sie sich ein rosafarbenes Kissen heranzog und ihren Blick kurz auf dem gerüschten Rand ruhen ließ, an dem sie herumzuspielen begann. »Anthony ist Anthony. Ein Waliser, streng und hart, aber ein Gentleman. Wir haben uns kennen gelernt, als ich für das Sommertheater vorgesprochen habe.« Oder genauer, als ich dort fallen gelassen wurde, erinnerte sie sich. »Er hat sich selbst zu meinem Schauspiellehrer und allgemeinen Schutzengel gemacht.« Dieser Vergleich verblasste gegenüber dem, was Tony jetzt für sie bedeutete. »Ich war sehr jung, ohne Hilfe, und hatte es unbedingt nötig, etwas aufpoliert zu werden, wie er es nennen würde. Ich nehme an, er sah in mir einen...«
    »Diamanten im Rohzustand?« unterbrach Justin.
    »Eher einen ungewachsten Apfel vielleicht.«
    Justin lachte. Na also, wer sagt’s denn: Zum Schluss doch noch ein wenig Sinn für Humor. Er warf einen Blick auf seine Notizen. »Sie haben drei Verleumdungsprozesse gewonnen, und einer ist noch anhängig ...«
    »Nicht mehr.«
    Seine Brauen schossen in die Höhe. »Wirklich?«
    Sie nickte leicht, und das glatte Haar ergoss sich über ihren Schoß wie strömender, roter Wein.
    »Werden Sie auch diesmal wieder Ihr Schmerzensgeld für wohltätige Zwecke verwenden?«
    »Ja, für die Obdachlosen.«
    »Warum für sie? Warum nicht für die AIDS-Forschung oder Krebsbekämpfung oder...«
    »Dieses Geld geht nicht erst durch verschiedene Kanäle, wo dann am Ende nichts übrig bleibt für diejenigen, die es jetzt brauchen«, sagte sie zorniger, als es eigentlich angebracht war. »Ich achte darauf, dass es den Leuten zukommt, die vor den Garküchen stehen. Und, um Ihre Frage vorwegzunehmen: Das Geld wird für besseres und reichlicheres Essen, für Bettstellen und Decken verwendet und für eine Art Darlehen für Familien, die wieder auf die Füße kommen wollen. Für Weiterbildung oder Wohnung.« Sie zuckte mit den schmalen Schultern. »Sie entscheiden selbst unter Mithilfe von Beratern.«
    »Es gibt Leute, che sagen, dass Sie das alles tun, weil Sie auf diese Weise Ihre Schuldgefühle loswerden wollen, weil Sie selbst so viel besitzen.«
    Penelope lehnte sich ein wenig vor, Auge in Auge mit ihrem Gegenüber. Sie überging das Gefühl, dass sich ihr Magen beinahe umdrehte. »Niemand wählt freiwillig ein Leben, in dem er sich nur mit Pappkartons gegen die Unbilden des Wetters schützen kann, Mister Baylor.«
    Mein Gott, was für ein Raubtierblick, dachte er. Er fühlte sich wie ein Brocken rohes Fleisch für eine Tigerin. »Und den allein stehenden Obdachlosen - helfen Sie denen auch?«
    Sie sah ihn nachsichtig an. »Natürlich. Der Fonds beseitigt ja lediglich einige Hindernisse, wenn das Leben zu einem täglichen Kampf geworden ist. Er hilft Menschen bei ihrem Versuch zu überleben, während sie von Kriminellen umgeben sind, die auch noch den letzten Rest ihrer Welt zunichte machen.« Nun lass es gut sein, mein Gott, und komm von deinem Podest herunter, Hamilton: Du hast schon zu viel geredet.
    Und er hatte es bemerkt. »Das hört sich an, als ob Sie aus Erfahrung sprechen, ist das so?«
    Zornig strich Penelope ihr Haar zurück. »Bleiben Sie bitte ernst, Justin!« Unter halb geschlossenen Augenlidern sah sie ihn scharf an.
    »Sie verdienen Bewunderung für Ihre Einstellung, Miss Hamilton.« Das war wirklich so gemeint.
    »Ich tue es nicht, um
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