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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns
Autoren: John Maddox Roberts
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aus. Fausta hatte einige Wände einreißen sowie die Decke anheben und mit einem großen Oberlicht aus vielen kleinen Scheiben versehen lassen, so daß nach Abriß der Gebäude auf der anderen Straßenseite Sonnenlicht den großzügigen Raum erhellte. Die Wände waren mit kunstvollen Fresken bemalt, die diverse mythologische Szenen darstellten, während Mosaike mit Landschaftsmotiven den Boden zierten. Bildmosaike waren eine neue Mode, die der ägyptische Botschafter eingeführt hatte. Entlang der Wände waren Statuen der Vorfahren aufgestellt, ihrer Vorfahren, nicht seiner.
    »Hast du je eine derart dramatische Verbesserung gesehen?« fragte Julia mich.
    »Es ist... anders«, mußte ich zugeben. »Fausta hat mir das Haus vor der Renovierung gezeigt.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Milo konnte nicht wirklich erwartet haben, daß sie in dieser düsteren, alten Festung lebt! Ich habe sie im Verlauf der Arbeiten häufig besucht und zahllose Anregungen mit genommen.«
    Ich spürte einen ersten, leichten Anflug von Beklommenheit.
    Fausta war eine Cornelierin und Julia eine Julierin, die Fausta schon aus diesem Grunde überbieten mußte. Allein der Gedanke ließ mich erzittern.
    »Meine Liebe, es ist dir doch, ähm, hoffentlich klar, daß es noch eine ganze Weile dauern kann, bis wir in ähnlichem Stil leben können...«
    Sie kicherte und bedeckte ihren Mund mit einem Palmenfächer. »O Decius, natürlich weiß ich das! Diese Dinge brauchen Zeit. Doch früher oder später wirst du deinen Vater beerben, und auch Caesar wird deine Loyalität honorieren; über kurz oder lang wird dir eine praetorianische Provinz zugesprochen werden.« Sie legte eine Hand auf meine Schulter und küßte mich auf die Wange. »Ich weiß, daß es noch vier, vielleicht auch fünf Jahre dauern wird, bevor wir uns ein Haus wie dieses leisten können. Und jetzt komm, laß uns die anderen begrüßen!« Mit weichen Knien folgte ich ihr.
    Wir waren auf dem Weg zum Impluvium, als Fausta uns entdeckte. Sie und Julia umarmten sich herzlich und tauschten die üblichen Komplimente aus, während ich hinterher trottete und mir wünschte, daß Milo auftauchte. Fausta war goldblond wie eine germanische Prinzessin, eine der wenigen römischen Frauen, die von Natur aus so aussah. Auch ihr Gewand war aus koischem Stoff, allerdings nur eine einzige, durchsichtige Schicht, doch Fausta hatte die passende Haltung dafür. Sie bewegte sich hoheitsvoll wie eine Göttin.
    »Kommt mit«, sagte Fausta. »Ich habe endlich das Impluvium aufgestockt. Das müßt ihr sehen.« Wir folgten ihr durch einen Torbogen auf eine ausgedehnte Fläche unter freiem Himmel. Sie hatte das vierstöckige Gebäude entkernt und völlig umgestaltet.
    Wo zuvor nur vertikale Luftschächte mit Fenstern zu den oberen Räumen gewesen waren, hatte sie die einzelnen Stockwerke nach oben hin terrassenförmig abgestuft wie Theaterränge für Götter. Jeder der so entstandenen drei Balkone war mit riesigen Girlanden behängt und mit großen Vasen mit farbenprächtigen Blumen und kleinen Bäumen verziert. Auf den Geländern hockten Tauben und sogar einige Pfaue, Weihrauch brannte auf Dutzenden von Bronzerosten.
    Der Boden hatte eine ähnlich drastische Veränderung erfahren. Zuvor hatte es nur ein bescheidenes Auffangbecken für Regenwasser gegeben. Jetzt breitete sich hier ein veritabler See aus, dessen herber Geruch mich erstaunte.
    »Ist das Meerwasser?« fragte ich.
    »Genau«, bestätigte Fausta. »Es ist so lästig, sich die Salzwasserfische den weiten Weg aus Ostia mit Kähnen herbringen zu lassen, und wenn sie ankommen, sind sie nicht mehr richtig frisch. Ich lasse mir das Wasser in Fässern bringen; es muß zwar häufig erneuert werden, doch der Aufwand lohnt sich. Ich habe Süßwasserfische so satt.« Unter der Oberfläche tummelten sich verschiedene Meeresbewohner: Meeräschen, Thunfische, Aale, sogar Tintenfische. Das Wasser war ein wenig trüb, doch auf dem Grund des Beckens sah ich ein weiteres Mosaik, eine riesige Neptunfigur in einem von Seepferdchen gezogenen Muschelwagen. Sein Haar und sein Bart waren traditionell blau, die Verzierungen seines Wagens und der Kopf seines Dreizacks aus reinem Blattgold. Ein Sklave watete mit einem vergleichbaren, wenn gleich prosaischeren Dreizack durch das Wasser. Er warf die Waffe und holte sie mit einem auf den Zacken aufgespießten, zappelnden Thunfisch wieder heraus.
    Die Zuschauer applaudierten, als hätte er im Circus mit einem Speer einen Löwen erlegt.
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