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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns
Autoren: John Maddox Roberts
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diktatorischen Ambitionen nicht wahrhaben. Außerdem redete sie wie die meisten Patrizier in Anwesenheit der Sklaven, als wären sie gar nicht da.
    Cato und Cassandra, meine eigenen betagten Sklaven, standen gackernd im Atrium. Ich ging hinaus, um nach zu sehen. Sie waren mir kaum noch nützlich, doch ich kannte sie schon mein ganzes Leben lang. Sie standen kopfschüttelnd in der Tür und blickten auf die Straße.
    »Was ist los?« fragte ich sie.
    »Sieh nur, was sie gemietet hat«, sagte Cassandra.
    Ich spähte über ihre Schulter und grunzte dann, als hätte ich einen Schlag in den Magen erhalten. Direkt vor dem Tor wartete eine Sänfte, die mit blaßgrüner Seide verhängt war, verziert mit goldenen, skythischen Stickereien. Neben den polierten Tragestangen aus Ebenholz warteten vier schwarze Nubier, die dazu passende ägyptische Wickelröcke und entsprechenden Kopfschmuck trugen.
    »Sind sie schon eingetroffen?« fragte Julia hinter mir.
    »In der Tat«, erwiderte ich knapp, weil ich sie vor den Sklaven nicht rügen wollte, obwohl sie ganz genau wußte, was ich davon hielt. »Du siehst reizend aus, meine Liebe.«
    Und das tat sie wirklich. Julia war von großer natürlicher Schönheit, und sie wußte, wie sie sie ins rechte Licht rückte.
    Außerdem hatte sie die klassische patrizische Haltung, die sie noch größer und stattlicher erscheinen ließ. Sie trug ein Gewand aus jenem berüchtigten koischen Stoff, der die Censoren so aufbrachte; natürlich trug sie mehrere Schichten übereinander, um die Transparenz zu verschleiern.
    Wir bestiegen unsere Sänfte, die mit dicken, wohlriechenden Daunenkissen ausgestattet war. Die Träger hoben die Pfähle auf ihre muskulösen Schultern und trugen uns so sanft davon, daß man das Gefühl hatte zu schweben. Hermes und Cypria folgten zu Fuß. Hin und wieder konnte ich hören, wie sie sich bissige Bemerkungen an den Kopf warfen. Sie verstanden sich nicht besonders gut.
    »Julia«, setzte ich an, »warum hast du angesichts der anstehenden Kosten meines Aedilenamtes dieses aufwendige Fortbewegungsmittel gemietet? Das muß doch mehr gekostet haben, als uns für eine Woche zur Verfügung steht.«
    »Was für ein vulgärer Einwand, Decius«, erwiderte sie. »Ich habe es gemietet, weil wir Fausta besuchen.« Sie sah mich von der Seite an. »Und natürlich den Praetor Urbanus. Wir würden unseren vornehmen Gastgebern wenig Ehre erweisen, wenn wir in einer schäbigen, alten, mit Leinen verhängten Sänfte ankämen, die von fußkranken, bunt zusammen gewürfelten Sklaven getragen wird. Du mußt der Würde deines angestrebten Amtes schon ein wenig Rechnung tragen, mein Lieber.«
    »Wie du meinst, meine Liebe«, sagte ich, meine Niederlage eingestehend. Einen Disput mit Julia zu gewinnen war für gewöhnlich weit schmerzhafter, als zu verlieren.
    Die Nubier setzten uns in der schmalen Gasse vor der massiven Tür von Milos Haus ab. Nachdem ich der Sänfte entstiegen war, sah ich die Auswirkungen von Faustas Renovierungsmaßnahmen. Der gesamte Wohnblock gegenüber dem Haus war verschwunden. Statt dessen erstreckte sich dort jetzt ein wunderschön gestalteter Park mit Brunnen und Teichen, in denen Schwäne zufrieden ihre Bahnen zogen.
    »Was ist denn hier passiert?« fragte ich überrascht. »Hat es ein Feuer gegeben?«
    »Nichts dergleichen«, informierte Julia mich. »Fausta fand, daß hier alles zu eng war, und hat einige der Mietskasernen abreißen lassen. Sie gehörten ohnehin Milo. Ist es nicht wunderschön?«
    »Ganz nett«, räumte ich ein. »Aber Milo hatte damals den Haupteingang auf die Rückseite des Hauses verlegen lassen, weil diese Seitenstraße für einen Angriff mit der Ramme zu eng war. In diesem Park können Milos Feinde problemlos einen Belagerungsturm errichten.«
    »Es lohnt sich, ein wenig Gefahr zu ertragen, um in Würde zu leben«, meinte Julia. »Komm, gehen wir hinein, die anderen Gäste versammeln sich schon.«
    Im Haus wurden wir von einer Horde hübscher, junger Sklaven beiderlei Geschlechts umschwärmt, die uns Blumengirlanden um den Hals legten, Kränze aufs Haupt drückten, unsere Hände mit Parfüm einrieben und Rosenblätter vor uns streuten. Das war eine weitere Veränderung. Bisher hatte ich in Milos Haus nie etwas anderes als kräftig gebaute und gut bewaffnete Männer gesehen. Seine Liktoren hatten für den Abend freibekommen, doch die sechs Fasces waren als Zeichen seines Imperiums in Ständern bei der Tür aufgestellt.
    Auch das Atrium sah anders
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