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Der Fluch des schwarzen Ritters

Der Fluch des schwarzen Ritters

Titel: Der Fluch des schwarzen Ritters
Autoren: Thomas Brezina
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Meerkatzen und der Papageien und bildeten eine Art U.
    Mit schreckgeweiteten Augen starrte die Frau auf ein mächtiges Tier, das ihr den Weg aus dem Käfig-U versperrte. An der einzigen offenen Seite lauerte nämlich ein kräftiger Tiger.
    „Sira! Das ist Sira, der Tiger aus der Raubtiernummer!“ flüsterte Poppi entsetzt.
    „Wieso läuft er frei herum?“ murmelte Dominik.
    „Blöde Frage“, zischte Axel. „Der Tiger muß aus seinem Käfig ausgebrochen sein. Oder es hat ihn jemand herausgelassen!“
    Poppi schluckte. „Sira ist gefährlich. Normalerweise ist er ein friedliches und freundliches Tier. Aber Hans, der Raubtierdresseur hat mir gestern etwas erzählt: Sira ist in letzter Zeit oft unruhig und nervös. Er hat schon zweimal versucht, Hans anzufallen.“
    Lilo begann heftig zu schwitzen. Die Raubkatze schien es im Augenblick auf die Frau mit den Kindern abgesehen zu haben. Aber sie könnte ihre Meinung auch ändern und sich plötzlich auf die Knickerbocker stürzen. Die Entfernung zwischen dem Raubtier und ihnen war nämlich wesentlich kürzer. Die anderen Leute waren viel weiter entfernt. Am liebsten hätte Lieselotte kehrtgemacht und die Flucht ergriffen. Aber nicht einmal das traute sie sich. Dadurch könnte der Tiger erst recht auf sie aufmerksam werden.
    Die Frau beim Waschbärkäfig drückte ihre Kinder fest an sich und starrte auf den Tiger. „Weg... weg... verschwinde!“ keuchte sie. Doch dann versagte ihre Stimme, und sie brachte kein weiteres Wort hervor.
    Der Tiger duckte sich und schlich Schritt für Schritt näher an sie heran. Jeder Muskel seines Körpers war auf das Äußerste angespannt. Sein Schwanz schlug heftig hin und her. Ein Zeichen für große Unruhe. Ihm war nun alles zuzutrauen.
    „So tun Sie doch etwas! Erschießen Sie die Bestie!“ brüllte plötzlich ein Mann beim Elefantengehege. „Wollen Sie warten, bis das Tier die Kinder zerfleischt?“
    Ein bärtiger Mann in einem Safarianzug drängte sich durch die Menschen. Es handelte sich um Klaus Klabuster, den Direktor und Besitzer des Zirkus Fantastico. Er warf dem aufgebrachten Mann einen wütenden Blick zu und legte den Finger auf die Lippen.
    „Pssst!“ zischte er und zückte eine Pistole.
    Poppi schlug die Hand vor den Mund. „Nein“, stöhnte sie. Jetzt wurde Sira vor ihren Augen erschossen. Das konnte sie nicht mit ansehen.
    Mittlerweile war der Tiger höchstens noch zwei Meter von der Frau entfernt. Er warf den Kopf in die Höhe und riß das Maul auf. Ein leises Knurren kam aus seinem Rachen.
    Direktor Klabuster zielte und legte den Finger auf den Abzug. Er wußte, daß er diesen entsetzlichen Schritt machen mußte, doch er brachte es nicht über das Herz. Sira lebte schon seit über zehn Jahren im Zirkus, und bisher hatte es kaum Schwierigkeiten mit ihm gegeben.
    „Drücken Sie endlich ab!“ zischte der Herr beim Elefantengehege.
    Poppi hörte vor Angst zu atmen auf. Das war alles so entsetzlich. Tränen rollten über ihr Gesicht.
    Plötzlich aber spürte Axel einen warmen Körper neben sich. Jemand drückte ihn zur Seite und drängte sich an ihm vorbei. Da der Junge kurze Hosen trug, hatte er das Gefühl, daß etwas Pelziges, Haariges an ihm angestreift war. Er blickte nach unten und traute seinen Augen nicht.

Eine haarige Freundschaft
     
     
    Das war Ringo, der Schimpanse. Der Affe stieß vergnügte Laute aus und watschelte unerschrocken direkt auf den Tiger zu.
    Ein Raunen ging durch die umstehenden Menschen. Alle Augen waren nun auf Ringo geheftet. Was hatte der Schimpanse vor?
    Der Direktor des Zirkus ließ die Waffe sinken. Nun gab es eine große Hoffnung, und er wünschte sich, daß sie in Erfüllung gehen würde.
    Mittlerweile war Ringo bei Sira angelangt und baute sich zwischen ihm und den Kindern und der Frau auf. Er hob seine langen Arme und begann zu kreischen und zu schnattern. Wie ein Gummiball hüpfte er vor dem mächtigen Tier auf und nieder. Er schien nicht die geringste Angst vor ihm zu haben.
    Das Wunder geschah: Sira senkte den Kopf, knurrte leise und drehte sich um.
    „Jetzt... jetzt kommt er zu uns!“ flüsterte Lilo. „Sollen wir weglaufen? Der Abstand ist noch groß genug!“
    „Still!“ kommandierte eine tiefe Stimme hinter ihnen. „Macht den Weg frei!“
    Poppi drehte langsam den Kopf und erblickte Hans, den Raubtierdresseur. Er trug den Dressurstab und die kurze Peitsche bei sich. Diese Peitsche war nicht zum Schlagen, sondern nur zum Knallen da.
    Ringo, der Schimpanse
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