Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin
Autoren: Birgit Jaeckel
Vom Netzwerk:
schrägen Blick in sein Trinkhorn warf und den Inhalt dann ausschüttete. Das einzige Zeichen, dass er sich über sich selbst und seine unbedachten Worte ärgerte.
    »Du weißt, dass ich es weiß«, kam Sumelis ihm zu Hilfe. Einen Moment lang tauchte vor ihrem geistigen Auge ein markantes Antlitz auf. Augen von der Farbe frischen Grases leuchteten unter dunklen Haaren und dichten Wimpern. Sumelis hatte dieses Gesicht nur einmal gesehen, als sie sieben Jahre alt war. Ein kalter, selbstgefälliger, grausamer Blick. Dazu die Reaktion ihrer Mutter, eine durcheinandergewirbelte Seele. Rache. Und Rettung.
    Caran schwieg. Seine Finger spielten mit dem goldenen Ringschmuck um seinen Hals. Sumelis wusste, es kostete ihn Anstrengung, nicht die Frage zu stellen, die er sich seit zehn Jahren stellen musste. Die er niemals an Talia richten würde, da sie keine Bedeutung bekommen sollte. Die ein schwächerer Vater schon längst gestellt hätte.
    Wessen Tochter bist du?
    »Lass uns über etwas anderes sprechen«, schlug Sumelis vor. Gelächter und Gesang schollen durch die offenen Fenster der Halle nach draußen, dann die sanften Klänge einer Leier. Sie wechselten sich ab mit den höheren Tönen einer Flöte, ein anmutiger Wechselgesang über die unsterbliche Hingabe eines Sehers, der einen Wassergeist liebte, welcher im Mondlicht als grünhäutige Frau die Seeoberfläche durchbrach und beim ersten Sonnenstrahl als moosbeschuppter Fisch in der wirbelnden Tiefe verschwand.
    »Hast du dir schon einmal überlegt, ob du nicht hier bleiben möchtest?«, fragte Caran. »Die Zeiten haben sich geändert, wir haben einen neuen Hohedruiden. Vielleicht, wenn du dich zurückhältst, wäre es möglich …«
    »Ich würde niemals meine Gabe verleugnen können. Zehn Jahre sind keine Ewigkeit, Großvater. Im Übrigen würde Mutter umkommen vor Sorge. Sie hat mir ja jetzt schon monatelang vorher immer wieder vorgetragen, was ich auf keinen Fall machen dürfe. Die Leute vergessen schnell, doch genauso schnell erinnern sie sich auch wieder. An vermeintlich Böses. Beängstigendes.« Sumelis ließ ihrem letzten Satz ein unbekümmertes, jugendliches Lachen folgen, das der Düsterkeit ihrer Worte die Gefolgschaft verweigerte. Sie streckte die Arme aus und drehte sich im Kreis, so dass der Saum ihres Kleids flog. »Außerdem, welcher vindelikische Mann würde eine Zauberin heiraten? Hier ist die Auswahl doch noch eingeschränkter als im Norden!«
    Caran musste schmunzeln. »Wieso sind Hochzeiten für euch Weiber eigentlich immer ansteckend? Ist es ein besonderer Fiebergeist, der von Stirn zu Stirn springt und sich in die Menschen gräbt?«
    Sumelis’ Antwort ging unter im fröhlichen Gejubel der aus dem Haus quellenden Menschenmasse. Wie ein Wasserfall brandeten die Gäste in den Hof. Mit Rädchenamuletten und Schmuck aus Gold, Silber, Bernstein, Koralle und Glas herausgeputzte Feiernde, zitternd und hüpfend zugleich in der kalten Abendluft. Die Männer trugen fast ausnahmslos bronzene Reitersporen, sorgfältig frisierte Schnurrbärte, doch als Gäste keine Waffen. Die Frauen führten bunte Hauben oder komplizierte, zu unzähligen kleinen Zöpfen geflochtene und von Bändern gehaltene Frisuren vor. Darunter von Fibeln gehaltene farbenprächtige Kleider und leichte Mäntel, die sie sich gegen die Kühle rasch übergeworfen hatten. Gläserne Armreifen und Ringe lugten unter langen Ärmeln hervor, als mit fliegenden Händen Holzscheite von Hand zu Hand gereicht und zu einem kleinen Stapel aufgeschichtet wurden. Jauchzen, als das Feuer zu züngeln begann. Frauen fachten die Flammen mit dem Wedeln ihrer Röcke an, Kinder warfen kleine Zweige, Kräuter und vereinzelte Fleischstücke hinein, deren Fett in der Hitze spritzte und zischte. Caran gesellte sich zu seiner Frau, die in die Hände klatschte und wie alle anderen laut die Namen des jungen Paares rief. Dann stürzten Litus und Samis durch die Tür des Haupthauses nach draußen, Hand in Hand. Der Goldreif, der Samis’ Schleier hielt, blitzte im Schein des Feuers, das strahlende Gesicht darunter so schön, dass so mancher Mann Neid auf Litus verspürte. Dieser griff Samis fester an der Hand. Sie sahen sich an, nickten sich zu, bevor sie Anlauf nahmen, um mit einem Satz über das Feuer zu springen. Die Leute klatschten und pfiffen. Sumelis johlte mit ihnen, bis sie unvermittelt einen kalten Hauch im Nacken spürte. Sie drehte sich um, aber hinter ihr war lediglich das breite, überdachte Tor mit seinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher