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Der Flirt

Titel: Der Flirt
Autoren: Kathleen Tessaro
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warf sie ungeöffnet in den Papierkorb. »Warst du nicht zu dem Schluss gekommen, er sei zu jung für dich? Spricht er überhaupt Englisch?«

    »Sei nicht so gehässig, Schatz. Sein Englisch ist richtig gut geworden. Abgesehen davon« - sie hörte, wie er sich eine neue Zigarette anzündete - »vergeuden wir unsere Zeit nicht mit Konversation.«
    »Bitte! Ich will nicht alle deine Geheimnisse wissen!«
    »Du kennst sie sowieso.«
    Sie lächelte. »Ich habe eines.«
    »Wirklich? Was oder eher wer ist es?«
    »Na, wer ist denn jetzt gehässig? Er heißt Hughie, und er ist köstlich!«
    »Wie alt?«
    »Oh, ich weiß nicht … Anfang zwanzig?«
    Sie hörte ihn ausatmen. »Du brauchst einen richtigen Mann, Leticia. Keinen grünen Jungen.«
    »Und das aus deinem Mund!« Resolut klappte sie ihren Terminkalender zu. »Richtige Männer gibt’s gar nicht. Ist dir das noch nicht aufgefallen? Abgesehen davon ist er nur eine Affäre.«
    »Affären haben auch Gefühle, weißt du.«
    »Das bezweifle ich. Alles, was Männer wollen, ist Sex. Besonders junge Männer.«
    »Und was ist mit dir? Was willst du?«
    Sie fuhr mit den Fingern über einen besonders exquisiten und teuren Ballen blauen französischen Seidensatins. »Wen schert’s, was ich will? Was zählt, ist, was ich haben kann.«
    »Emily Ann …«
    Sie zuckte zusammen. »Du weißt, dass ich diesen Namen hasse, er ist so unglaublich hässlich!«
    »Emily«, wiederholte er nachdrücklich, »ich mache mir Sorgen. Diese Affären werden bei dir noch zur Gewohnheit.«
    »Warum auch nicht? Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft. Es hat keinen Sinn, sich zu sehr an etwas zu binden.«
    »Du bist viel zu jung, um so zynisch zu sein.«

    »Oh, bitte!« Sie seufzte. »Lass uns heute nicht ernst werden! Ich kann nicht, ich bin nicht in der Stimmung. Ich will mich bloß ein bisschen amüsieren. Und Hughie ist amüsant.«
    »Er ist auch ein Mensch aus Fleisch und Blut.«
    »Was meinst du damit? Dass ich einen schlechten Einfluss auf ihn ausübe? Keine Vorträge … nicht heute.«
    »Ich sage doch nur, dass du vorsichtig sein sollst.«
    »Hör auf, Leo«, warnte sie ihn.
    Er achtete nicht darauf. »Du tust so, als wärst du hart, obwohl wir doch beide wissen, dass du das gar nicht bist.«
    »Ich muss jetzt.«
    »Schatz, ich hab dich lieb, und ich will nicht, dass du verletzt wirst.«
    »Was? Von Hughie?« Sie lachte. »Siehst du, darum geht’s doch! Er kann mich nicht verletzen! Und ich kann ihn nicht verletzen. Wir haben Regeln, Leo. Es geht nur um Sex … mehr nicht.«
    »Ich habe Neuigkeiten für dich, Sonnenschein. Regeln hin oder her, dein Herz hast du nicht unter Kontrolle. Das hat niemand.«
    »Hör zu, ich ruf dich später noch mal an. Ich habe jede Menge Arbeit, und wenn du nicht vorbeikommst, muss ich sehen, wie ich allein mit dieser Kimonomonstrosität fertig werde. Wir reden später, ja? Und keine heißen Brasilianer mehr, verstanden?«
    Sie klappte das Handy zu und drückte die Hände auf die Augen.
    Leo war so schwierig.
    Und plötzlich war er wieder da, der dumpfe Schmerz, legte sich schwer über sie. Jetzt war es ein dumpfer Schmerz, doch mindestens ein Jahr lang war es ein brennender, schneidender Schmerz in ihrer Brust gewesen, als würde jemand sie ohne
Anästhesie am offenen Herzen operieren. Sie hatte nicht essen, nicht schlafen können …
    Der verdammte Kerl! Warum musste er so … so hart über sie urteilen?
    Sie atmete tief durch.
    Es spielte keine Rolle. Das lag inzwischen alles hinter ihr. Sie war wieder auf die Füße gekommen und besser drauf denn je.
    In ihrem Atelier stellte Leticia den Wasserkessel auf den Herd und zündete sich eine Zigarette an. Zwischen der Herzogin und der Schriftstellerin war genug Zeit, dass Hughie vorbeikommen konnte. Sie lehnte sich an die Arbeitsplatte, inhalierte tief und schloss die Augen.
    Hughie war groß und jung und sah auf klassische Weise gut aus. Und er war unglaublich leicht zu kontrollieren! Es gab keine Machtkämpfe, keine zimperlichen Verabredungsrituale oder Manipulationen. Sie rief an, er kam, sie bumsten. Und dann bumsten sie noch ein bisschen.
    Es war eine einfache und in gewisser Weise schöne Beziehung. Hughie hatte etwas an sich, eine Frische. Keine tiefgründigen Gedanken oder finsteren Stimmungen mischten sich in sein Spiel. Natürlich musste er noch viel lernen, er war wie ein Rohdiamant. Doch das war aufregend. Und das Beste war, dass er verrückt war nach ihr. Es war nur eine Affäre, doch in jeder
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