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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verprassen. In wenigen Wochen steht die neue Steuerschätzung an, und dann könntet ihr es bereuen.«
    Mera ekelte sich vor dem Mann, der wie eine fette, blaue Schnecke am Tisch hockte, aber die Worte, die er von den murrenden Fischern zu hören bekam, richteten sie wieder auf.
    »Sollten wir herausbekommen, dass du falsche Steuerbescheide erstellst, werden wir uns an die Königin wenden!«
    »Nach Fisch stinkende Leute wie ihr werden doch nicht einmal durch das Portal des Palastes gelassen«, antwortete Berrell von oben herab.
    »Dann beschweren wir uns eben beim Stadtpräfekten, und wenn der uns nicht anhören will, beim Sechstelmeister. Sollte das alles nichts helfen, verkaufen wir den Köchen Ihrer Majestät halt keine Fische mehr. Dann wird die Königin schon merken, wer hier stinkt.«
    »Das ist Rebellion!«, fuhr der Beamte auf.
    »Was du machst, ist Erpressung und Amtsmissbrauch, und das lassen wir uns nicht gefallen«, antwortete Hannez zornig und erhielt Beifall von den anderen.
    Berrell sah ein, dass er mit seinen Drohungen bei den biederen Männern der Fischervorstadt nicht gut ankam. Die Leute hier waren ein raues Volk, und zwischen ihm und seinem Haus in der Oberstadt lag der Fluss, über den nur eine wacklige Brücke aus Holz und Seilen führte, da es sich nach Ansicht des Magistrats nicht lohnte, einen festen Übergang aus Steinen zu errichten.
    Ein Blick durchs Fenster zeigte dem Beamten, wie dunkel es inzwischen geworden war. Sollte ihm einer der Fischer folgen, wenn er nach Hause ging, so konnte der Mann ihn auf der Brücke packen und ins Wasser werfen, ohne dass es jemand bemerkte. Dann würde er jämmerlich ertrinken und vom Fluss in die nahe Meeresbucht gespült werden. Sein Stolz verbot ihm jedoch, einzulenken und sich vor dem stinkenden Gesindel zu demütigen.
    »Ich stehe hier im Namen und Auftrag Ihrer Majestät, der Königin! Wenn ich etwas sage, ist es, als hätte die Königin selbst gesprochen! Sollte mir auf dem Heimweg etwas passieren ...«
    Weiter kam er nicht, denn Hannez unterbrach ihn sichtlich verärgert. »Willst du etwa behaupten, dir etwas anzutun wäre das Gleiche wie ein Königsmord? Spar dir deine Worte! Wir sindehrliche Fischer und werden uns an einem wie dir nicht die Hände schmutzig machen. Einen Rat gebe ich dir aber auf den Weg: Bleibe bei der nächsten Steuerschätzung brav bei der Wahrheit, sonst werden wir alle, die wir hier sitzen, und auch unsere Freunde, die derzeit draußen auf dem Meer fischen, gemeinsam vor den Palast der Königin ziehen und Gerechtigkeit einfordern!«
    Die Adern am Hals des Steuerschätzers schwollen an, und sein Kopf färbte sich so rot wie der Wein, den Ihre Majestät Ilna V. so gerne trank. »Ihr ... ihr wagt es, mir zu drohen? Ich werde ...«
    Zum zweiten Mal an diesem Abend kam er nicht dazu, einen Satz zu beenden, denn in dem Augenblick wurde die Tür geöffnet, und ein später Gast betrat die Wirtsstube. Es handelte sich um einen mittelgroßen, hager wirkenden Mann, der trotz des trockenen Wetters in einen weiten Umhang gehüllt war. Ein breiter Hut beschattete sein Gesicht, doch als er den Kopf hob, konnten alle auf seinen Wangen die blaue Tätowierung erkennen, die ihn als Hofmagier der Königin auswies.
    »Torrix!« Einer der Fischer sprach diesen Namen in einem Ton aus, als würde er sich ans andere Ende der Welt wünschen.
    Mera schüttelte verwundert den Kopf. Die Anwesenheit des Steuerschätzers Berrell konnte sie sich noch erklären, denn die Fischgerichte ihrer Mutter schmeckten nun einmal besser als die in den Gasthäusern der vornehmeren Sechstel von Ilynrah. Aber am gleichen Tag auch den obersten königlichen Wahrsager und Magier im »Blauen Fisch« zu sehen war mehr als ungewöhnlich. Im Allgemeinen verließ Torrix das Palastgelände nur zu den Riten, die zu Ehren der Großen Blauen Göttin stattfanden, oder anderen offiziellen Ereignissen. Also war es wenig wahrscheinlich, dass er nur hierherkam, um einen Krug Bier zu trinken.
    »Ilynas Segen sei mit euch!« Obwohl er nicht laut sprach, füllte die Stimme des Magiers den Raum. Die Fischer starrten ihn ängstlich, aber auch ehrfürchtig an, während Berrell sich in die Brust warf und auf den freien Platz neben sich wies.
    »Willkommen, Herr Torrix! Setzt Euch doch her zu mir!« Der Steuerschätzer sah sein Ansehen schon in gewaltige Höhen steigen, wenn der Hofmagier mit ihm anstieß und einen Krug Bier leerte.
    Torrix beachtete Berrell nicht einmal, sondern ging mit
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