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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Reich dehnte seine Macht immer weiter aus. Nun drang es bis in die Hoheitsgewässer von Malvone und Ilyndhir vor und verbreitete dort Angst und Schrecken.
    »Diese Gurrländer sind eine Pest, der man bereits vor Jahren mit Feuer und Schwert hätte begegnen sollen«, stieß einer der Fischer aus.
    Meras Großmutter, die an ihrem gewohnten Platz in der Ecke saß und mit Rocken und Spindel hantierte, lachte bitter auf. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie froh ihr alle gewesen seid, als die Gurrländer die Ardhunischen Inseln erobert und dem dortigen Piratenunwesen einen Riegel vorgeschoben haben. Jetzt lernen auch wir die Grausamkeit des Kaisers von Gurrland und seiner Soldaten kennen.«
    Berrell maß sie mit einem bitterbösen Blick. »Soldaten? Ha! Die verdammten Gurrländer sind nicht einmal richtige Menschen. Habt ihr schon einmal einen von ihnen erblickt? Ich kann euch sagen, wie sie aussehen. Es sind große, ungeschlachte Kerle mit Tierschnauzen und langen Hauern, die aus dem Unterkiefer bis zur Nase hochragen. Vor allem aber sind die Kerle dumm und grausam!«
    Merala wackelte nach der Art der Greisinnen mit dem Kopf. »In meinen jungen Jahren habe ich Gurrländer kennengelernt, die höflicher waren als manche Leute, die heutzutage in den ›Blauen Fisch‹ kommen.«
    Der Seitenhieb gegen den Steuerschätzer war deutlich zu spüren. Der Mann plusterte sich entsprechend auf, doch die alte Frau, die in einem abgeschabten blauen Kleid auf ihrem Hocker saß, beachtete ihn nicht weiter, sondern streichelte gedankenverloren ein kleines Pelztier, das es sich auf ihrem Schoß bequem machte und seine Beine mit einem grunzenden Ton von sich streckte.
    Einer der Fischer, der sich bei dem Beamten einschmeicheln wollte, um bei der nächsten Steuerschätzung besser davonzukommen, machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung der alten Frau.
    »Hört nicht auf das, was die alte Wetterhexe erzählt! Die behauptet, Stürme vorhersagen zu können, doch als wir zuletzt ihren Worten vertraut haben und losgefahren sind, fanden wir uns im schlimmsten Taifun der vergangenen Jahre wieder. Ihr Verdienst ist es gewiss nicht, dass wir mit heiler Haut davongekommen sind.«
    Mera mochte es gar nicht, wenn jemand respektlos von ihrer Großmutter sprach, und nahm sich vor, den nächsten Krug für den großmäuligen Mann so einzuschenken, dass er viel Schaum und wenig Bier enthielt.
    Hannez verteidigte die alte Frau vehement. »Merala hat uns Hunderte Male vor Stürmen gewarnt hat, die alle wie vorausgesagt über das Meer gezogen sind! Da kann sie sich auch einmal irren.«
    »Ich habe mich nicht geirrt! Es war ein magischer Sturm, und den kann auch ich nicht früh genug erkennen. Die Fischer, die bereits auf dem Meer waren, vermochte ich nicht mehr zu warnen, aber einige andere konnte ich davon abhalten, ebenfalls in diesen Sturm hineinzufahren.« Der alten Frau war anzumerken, dass ihr diese Art von Stürmen Sorgen bereiteten, doch ihre Stimme klang eher gleichmütig, so als würde sie den Mann, der sie angegriffen hatte, nicht ernst nehmen.
    »Das stimmt!«, bestätigte Hannez. »Ohne ihre Warnung wären wir aufgebrochen und vom Sturm in die Drachenzähne hineingetrieben worden.«
    Merala seufzte. »Es war ein magischer Sturm, der seinen Ursprung in Gurrland hatte. Der Herr des Feuerthrons ...«
    Der Beamte unterbrach die alte Frau mit einem ärgerlichen Laut. »Bleib uns doch mit diesem Märchen von Leib! Der Feuerthron wurde vor tausend Jahren zerstört, als unsere tapferen Soldaten unter dem Kommando der Gründerkönigin Ilna I. das erste gurrländische Reich niederwarfen.«
    »Es waren weniger unsere tapferen Soldaten als die magische Kraft des Volkes von Runia, die die Macht des Feuerthrons gebrochen hat. Die Runier haben den brennenden Stein in tausend Stücke zerschlagen, doch selbst mit ihren Fähigkeiten vermochten sie ihn nicht völlig zu vernichten. Es blieb genügend Kraft in den Resten, und die benutzt nun der neue Kaiser von Gurrland, um seine Herrschaft auszudehnen. Girdania und die Ardhunischen Inseln waren erst der Anfang. Inzwischen stehen seine Truppen in Gelonda, und wenn nicht bald etwas geschieht, werdet Ihr sie die Straße von Ilynrah heraufkommen sehen!« Während ihrer Rede war Merala aufgestanden, hatte Timpo, wie sie das vierfüßige Fellknäuel nannte, auf den Arm genommen, und blickte nun auf Berrell herab wie auf einen uneinsichtigen kleinen Jungen.
    Während Mera sich fragte, woher ihre Großmutter
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