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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie
Autoren: Georg Brun
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Bibiana nicht besser, und Carla wurde fast zeitgleich ein zweites Mal schwanger; allerdings lebte die alte Contessa nicht mehr, und die neue Hausfrau bestand darauf, daß die Bälger aus dem Haus kamen; lediglich bis nach Carlas Niederkunft waren sie noch im Palazzo geduldet worden.
    Nachdem Serenas Mutter tot war, machte sich Bibiana mit ihrem Söhnchen und ihrer Nichte auf den Weg nach Rom; dort, so hieß es, könne eine junge Frau ihr Glück machen. Bibiana wußte, auf was sie sich einließ. Sie hoffte, rasch erfolgreich sein und das Leben einer ehrlosen Hure gegen das Dasein einer angesehenen Kurtisane eintauschen zu können.
    Serena sprang durch die Gasse hinauf zu dem von vielen Fackeln und offenen Feuern erhellten Platz. Anstatt in einer eigenen Wohnung einen Haushalt zu führen und betuchte Herren zu empfangen, mußte sich ihre Tante von der alten Apollonia herumkommandieren lassen und für einige Giuli oder gar Quattrini verschwitzten Arbeitern und nach Wein stinkenden Söldnern zu Willen sein. Manchmal gaben die Männer überhaupt kein Geld, und es war sogar vorgekommen, daß sie Bibiana bestohlen hatten. Von dem wenigen, das ihre Tante verdiente, mußte sie Apollonia ihren Teil abgeben, denn umsonst wurde die Ruffiana nicht tätig, und ohne Vermittlung der Kupplerin stand eine in Rom fremde Dirne auf verlorenem Posten. Aber letzte Nacht, und bei diesem Gedanken machte Serenas Herz einen kleinen Sprung vor Freude, hatte Bibiana zum ersten Mal einen hohen Herrn gehabt, der sie offenbar den ganzen Tag bei sich behalten hatte. Spätestens morgen bei Sonnenuntergang, hatte ihre Tante gestern abend gesagt, ehe sie zum Borgo aufgebrochen war, würden sie sich in der Schenke von Giuseppe treffen, damit Bibiana von ihrer ersten Nacht mit einem Purpurhut, so nannten sie den höheren Klerus, berichten könne.
    Aufgeregt hüpfte Serena über den Platz. Ein Bischof an der Angel versprach mehr Geld und damit ein besseres Leben. Sie setzte sich auf einen freien Schemel bei Giuseppe und hing eine Weile ihren bunten Träumen nach. Sie würde ein Kleid aus Seide bekommen, genauso, wie es die Kinder der Aristokraten trugen; und sie würde jeden Tag dreimal richtig essen, Brot, Fleisch und Gemüse, soviel sie wollte. Noch war Bibiana nicht da, und Serena fühlte die Spannung in sich anwachsen. Um sich abzulenken, beobachtete sie das Treiben auf dem Campo de Fiori. Viele Huren liefen hin und her und ließen ihre Hüften wackeln, die Männer pfiffen und grölten. Schnell kamen Frauen und Freier miteinander ins Gespräch; manchmal wurden sie sich sofort einig; doch oftmals feilschten sie bei einem Becher Wein, ehe sie in einer der dunklen Gassen verschwanden.
    Giuseppe stellte Serena einen Becher erdigen Rotweines hin. »Trink«, sagte er scherzhaft, »es macht eine Frau aus dir«, und dabei zwinkerte er ihr zu.
    »Paß auf«, rief ein grober Kerl vom Nebentisch herüber, »daß es dir nicht rot aus der Hose läuft.«
    Serena streckte ihm die Zunge heraus und lachte. Sie kannte diese Art Männer und ihre Zoten; Apollonia und Bibiana hatten ihr beigebracht, wie sie damit umgehen sollte. Solange sie auf die Scherze nicht groß einging und sämtliche Annäherungsversuche ungerührt an sich vorbeigehen ließ, würden die Männer sie nicht für voll nehmen und in Ruhe lassen. Außerdem schnürte sie ihr Mieder jeden Morgen so kräftig, daß ihre noch zarten Brüste nicht zu erkennen waren. Deshalb wirkte sie jünger als die vierzehn Jahre, die sie seit wenigen Wochen zählte. So blieb sie von ernsthaften Werbungen ausgeschlossen, denn die Männer vom Campo de Fiori machten sich nichts aus jungen Mädchen. Bei den Purpurhüten, so ging das Gerede, sei das anders; aber die Herren der Kurie kamen selten hierher, sie ließen sich ihre Lustknaben und Freudenmädchen von den Mezzani empfehlen, den Schmeichlern und Kupplern, die bei den Edelleuten an den Tischen saßen.
    Allmählich brannten die Fackeln herunter, ohne daß ihre Tante auftauchte. Serena wurde zusehends unruhiger. Die Männer um sie herum lachten noch lauter und starrten auch immer gieriger zu ihr herüber. Serena fragte sich oft, wie ihre Tante es aushielt, mit solch groben Kerlen zusammen zu sein. Doch wenn sie sich den Bischof gefangen hatte, würde sie dieser Fron wahrscheinlich für lange Zeit entkommen.
    Es wurde dunkler auf dem Campo de Fiori, und Serena dankte Giuseppe für den Wein und schlenderte über den belebten Platz, in der Hoffnung, ihre Tante oder wenigstens
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