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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Lustknaben im Pfuhl eine gewisse Paranoia. Aber paranoid waren die Elben auf Nophelets dunkler Meile nicht erst seit den aktuellen Ereignissen, und es widersprach Waikos praktisch denkender Art, sich in etwas hineinzusteigern. Wenn es um Kaunaps ging, war er gut im Verdrängen.
    Warum aber schlug ihm das Herz jetzt so fest gegen die Rippen?
    Waiko schluckte und blickte in die hellen Lampen des ächzenden Vulwoogs.
    Ganz ruhig, dachte er. Das hier ist ein Geschäft wie jedes andere. Du bist überreizt. Lass dich nicht vom Geschwätz der Narren verwirren.
    Waiko war kein ängstlicher Typ. Richtig mutig war er allerdings auch nicht, bestenfalls tollkühn, wenn die Situation oder ein ausreichendes Entgelt es erforderten. Seine grazilen Beine, die man schon für wenige Kaunaps spreizen durfte, rannten schnell über die Kopfsteinpflaster von Foggats Pfuhl, sobald es die Umstände nötig machten.
    Dennoch …
    Die Tür des Vulwoogs öffnete sich, ein Schatten floss heraus. Ein Mann in einem dunklen Mantel, in den Schwaden aus Nebel und Vulwoogdampf nur verschwommen zu erkennen. Er schien etwas in Händen zu halten, möglicherweise eine kleine schwarze Tasche, Waiko konnte es nicht genau erkennen.
    Der Schatten hob einen Arm.
    Waiko schluckte abermals. Verdammt, er musste sich jetzt zusammenreißen, er brauchte die Kaunaps! Beim alten Pakko, der ihm eine enge, schäbige Kammer seines nicht minder engen, schäbigen Hauses vermietet hatte, stand er übel in der Kreide, und Pakko war niemand, der einen mit dem Mietzins etliche Monate im Rückstand befindlichen Elb lange körperlich unversehrt ließ. Waiko hätte ihm die Miete durchaus mit seinen lustspendenden Fertigkeiten vergolten, wie es viele seiner Bekannten im Pfuhl bei ihren Vermietern taten. Doch Pakkos Potenz hatte sich, ebenso wie sein Humor und sein Mitgefühl, schon vor einer Ewigkeit verabschiedet; zurückgeblieben war ein bösartiges, triebloses Neutrum, gierig und erbarmungslos.
    Routine, dachte Waiko. Du nennst deinen Preis, kassierst die Kaunaps im Vorfeld, erledigst deinen Job, und das war's. Die ’Nacht ist noch jung. Wer weiß, vielleicht erwischst du noch zwei weitere Kunden, dann wäre die Miete beisammen. Oder möglicherweise reicht schon dieser hier. Männer in Vulwoogs sind spendabel.
    Waiko riskierte einen Blick in Richtung der Fahrerkabine und versuchte, hinter den ockerfarbenen Fenstern den Chauffeur des Vulwoogs ausfindig zu machen. Aber in dem fahlen, kranken Orklicht konnte er kaum etwas erkennen.
    Der Mann (der potenzielle Kunde, dachte Waiko) ließ den Arm sinken und trat einen weiteren Schritt vor, wobei seine Hand unter dem weiten Mantel verschwand. Dann grüßte er Waiko mit einer warmen, festen Stimme, wobei er leicht stockte, so als hätte er gerade etwas gegessen und noch Fleisch zwischen den Zähnen.
    Der Fremde kam näher.
    Waiko erkannte, dass der Mann keinen Mantel trug, wie er zunächst angenommen hatte. Es war ein Cape, ein wallender Überwurf, der jetzt von einem plötzlichen Windstoß in die Höhe gewirbelt wurde.
    Noch immer konnte er kein Gesicht erkennen. Aber irgendwie wusste Waiko, dass der Mann, der sich ihm näherte, grinste.
    Seine Muskeln spannten sich. Innerhalb weniger Sekunden konnte er zwei Straßen weit entfernt sein, wo es mehr Licht gab und …
    »Eine wundervolle Nacht, nicht wahr?«, sagte der Fremde leise.
    Einen Moment lang lieferten sich in Waiko Instinkt und Geldgier ein Duell. Er öffnete den Mund, atmete die feuchte Nacht, die nach Salzlake und Brackwasser schmeckte.
    »In der Tat«, erwiderte er. »Eine wundervolle Nacht.«
    Erst mal Konversation machen. Die Kontrolle behalten. Kontrolle und Übersicht, das war in seinem Gewerbe die halbe Miete.
    »Eine Nacht für etwas Großes.« Der Fremde bewegte sich.
    Ein plötzlicher Schmerz in Waikos Brust, tief.
    Dann ging das Licht aus.
    Der Nebel war durch Waikos spitze Elbenohren in sein Gehirn eingedrungen und hatte sich seiner grauen Zellen bemächtigt. Sämtliche Empfindungen schienen wie in Watte gepackt. Einen Moment lang befand der Rest von Waikos Persönlichkeit, dass ihn dies beunruhigen müsste, doch dann kam der Schmerz, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als in den Zustand tauber Ohnmacht zurückkehren zu können.
    Einst, so hieß es, waren Elben die empfindsamsten Geschöpfe in ganz Lorgonia gewesen, hatten für Menschen unfühlbare Schwingungen wahrnehmen können, sensibler selbst als Vampyre in der Nacht. Waiko hatte sich nie für sonderlich
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