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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz
Autoren: David Ignatius
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Spanisch mit einem fürchterlichen Akzent, danach hatte er ein ebenso schlechtes Russisch gelernt,und seit neuestem sprach er ein noch viel schlechteres Farsi. Aber ganz gleich, welcher Sprache sich Harry Pappas auch bediente, die Menschen schienen ihn immer zu verstehen.
    «Wenn jemand nicht kapiert, was Harry sagt, dann redet er eben lauter», erzählte sein bester Freund Adrian Winkler gern über ihn. Adrian war Engländer, und wie die meisten Geheimagenten beim SIS konnte er sich fließend in mehreren Sprachen verständigen. Und obwohl er, genau wie Harry, zum Blödeln neigte, war sein Englisch doch dezent und kultiviert, während Harry keine Gelegenheit zu einem derben Witz oder einem respektlosen Fluch ausließ. Das hatte ihm im Lauf seiner langen Karriere sehr geholfen, im Niemandsland der Geheimdienstarbeit zu überleben.
    Trotz seiner poltrigen Art hatte Harry Pappas einen wunden Punkt, von dem ein jeder wusste: Vor einigen Jahren war sein einziger Sohn im Irak gefallen. Die Zustände dort bereiteten allen bei der CIA Bauchschmerzen, aber für Harry war es noch viel schlimmer. Der Tod seines Sohnes war auch der Grund, warum er die Leitung der Operativen Iran-Abteilung übernommen hatte; er brauchte die Arbeit, um über seinen Schmerz hinwegzukommen.
    An dem Tag, als die Botschaft aus Teheran kam, wollte das gerade nicht so recht klappen. Sein Schreibtisch quoll über vor unerledigter Arbeit, darunter auch eine Rückfrage zu einem Bericht an die leitenden Mitglieder des Senatsausschusses für Geheimdienste. Der Ausschuss bestand für Harry aus einem Haufen Schwachköpfe, die alles im Nachhinein kritisierten. Außerdem wollte der CI A-Direktor , dass Harry einem Komitee des Nationalen Sicherheitsrates Redeund Antwort stand. Am liebsten hätte er den Termin einfach abgesagt, aber ihm war klar, dass das nicht ging.
    Harry wusste genau, was sie wollten, der Direktor der CIA ebenso wie der Direktor des Nationalen Nachrichtendienstes, das Weiße Haus ebenso wie die Geheimdienstausschüsse von Kongress und Senat. Sie alle wollten immer nur eines von ihm: mehr Informationen aus Teheran. Wenn in dem täglichen Bericht der CIA an den Präsidenten nichts über den Iran stand, fragte dieser unweigerlich nach, ob es nicht vielleicht doch etwas gäbe. Der Direktor hatte Harry deshalb vorgeschlagen, er solle den berichtenden Beamten doch einmal in der Woche ins Weiße Haus begleiten, um Flagge zu zeigen und sich persönlich dafür zu entschuldigen, dass die Nachrichtenlage so dünn war. Aber Harry hatte sich herausgewunden. Er hätte nämlich für nichts garantieren können.
    Am liebsten hätte er dem Präsidenten ins Gesicht gesagt: «Gehen Sie mir doch nicht ständig auf die Nerven. Halten Sie einfach die Klappe und lassen Sie mich in Ruhe.» Aber genau das durfte er natürlich nicht sagen, zu niemandem, und vor allem nicht jetzt, wo ihm die Verwalter des Geheimbudgets das Geld förmlich hinterherwarfen. Sie wollten mehr, mehr, mehr: mehr Führungsoffiziere, mehr Aktionsplattformen, mehr Agenten vor Ort. Anscheinend glaubten sie, dass sie nur genügend Geld ausspucken müssten, damit die geheimen Informationen wie aus einem Zapfhahn sprudelten. Doch Harry musste alle ihre Angebote ablehnen. Er hatte nicht einmal genügend Aufgaben für seine vorhandenen Führungsoffiziere, geschweige denn für ein Dutzend weiterer. Und was er in seiner Abteilung am wenigsten brauchenkonnte, waren Leute, die sich gegenseitig auf die Füße traten und ihm einen Haufen unnötiger Arbeit machten, weil sie sonst nichts zu tun hatten. Aber egal, wie oft er nein sagte, er bekam das Geld trotzdem. Auf diese Weise machte sich die Regierung vor, dass sie etwas tat.
    «Bekämpfe nie das Problem.» Das war einer von Harrys Wahlsprüchen, den er vor Jahren in einer Biographie über General George C.   Marshall gelesen hatte. Lange hatte er herumgerätselt, was das wohl zu bedeuten hatte, bis ihm eines Tages klargeworden war, was der große General damit sagen wollte: Bekämpfe das Problem nicht, sondern
löse
es. Finde heraus, worin es besteht, und dann tu etwas dagegen. Genau das tat Harry dann auch. Er gehörte nicht zu den Klugscheißern, die allen zeigen mussten, wie intensiv sie nachdachten. Er kam aus Worcester und hatte sich über die paramilitärische Laufbahn hochgedient. Er war schon froh, wenn die anderen ihn als selbstverständlich ansahen.
    Und so übte sich Harry in Geduld, denn eines wusste er: Es gab bereits iranische Agenten da
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