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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss
Autoren: John Hart
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habt und weil ihr seit dem Schöpfungstag hier im County wohnt. Aber nichts davon bedeutet, dass ihr was Besseres seid als ich. Oder als mein Junge.«
    »Das habe ich nie behauptet.«
    Der Alte nickte, und seine Stimme zitterte vor Frustration und Wut. »Sag deinem Daddy, er muss aufhören, so verdammt selbstsüchtig zu sein, und an die anderen Leute hier im County denken. Ich bin nicht der Einzige, der das sagt. Viele Leute in der Gegend haben die Nase voll. Sag ihm das von mir.«
    »Das reicht«, sagte ich und trat einen Schritt näher. Das gefiel ihm nicht. Er hob die Fäuste. »Rede nicht von oben herab mit mir, Junge.«
    Seine Augen loderten hitzig auf, und tief in mir regte sich Ärger, als die Erinnerungen aufstiegen. Noch einmal durchlebte ich die Kleinlichkeit und Missachtung des alten Mannes, und wie schnell und bereitwillig er mit den Fäusten dabei war, wenn sein Sohn irgendeinen unschuldigen Fehler beging. »Hören Sie zu«, sagte ich. »Warum lecken Sie mich nicht einfach am Arsch?« Ich rückte ihm noch weiter auf den Leib, und so groß der Alte auch war, ich überragte ihn trotzdem. Sein Blick huschte nach links und rechts, als er meine Wut sah. Sein Sohn und ich hatten eine breite Schneise durch dieses County geschlagen, und seiner Behauptung zum Trotz war selten ich derjenige gewesen, der in irgendeiner Bar blutend auf dem Boden gelegen hatte. »Die Angelegenheiten meines Vaters gehen Sie nichts an. Und wenn Sie ihm etwas zu sagen haben, schlage ich vor, Sie sagen es ihm selbst.«
    Er wich zurück, und ich folgte ihm hinaus in die heißflüssige Luft. Er hielt die Hände erhoben und ließ mich nicht aus den Augen. Seine Stimme hatte einen scharfen, rauen Ton. »Die Dinge ändern sich, Junge. Sie werden klein und sterben. Sogar in Rowan County. Sogar für die gottverdammten Chases.«
    Dann ließ er mich stehen und ging mit schnellen Schritten entlang den abblätternden Türen seines Straßenrandimperiums davon. Zweimal drehte er sich um, und in seinem Habichtgesicht sah ich Verschlagenheit und Angst. Als er mir den Mittelfinger zeigte, fragte ich mich — nicht zum ersten Mal —, ob es ein Fehler gewesen war, nach Hause zu kommen.
    Ich sah, wie er in seinem Büro verschwand, und dann ging ich wieder in mein Zimmer, um mir den Gestank abzuwaschen.
    Ich brauchte zehn Minuten, um zu duschen, mich zu rasieren und mir saubere Sachen anzuziehen. Die heiße Luft umfing mich, als ich ins Freie trat. Die Sonne drückte auf die Bäume auf der anderen Straßenseite und senkte sich sanft und flach auf die Welt. Pollendunst schwebte im gelben Licht, und Zikaden zirpten am Straßenrand. Ich zog die Tür hinter mir ins Schloss, und als ich mich umdrehte, sah ich beinahe gleichzeitig zwei Dinge. Zebulon Faith lehnte mit verschränkten Armen an der Wand seines Büros. Er hatte zwei Kerle bei sich, massige alte Knaben mit breiten Schultern und fettem Grinsen. Das war das Erste, was ich sah. Das Zweite war mein Wagen. Große Buchstaben, in die verstaubte Motorhaube gekratzt.
    Mörder.
    Mindestens einen halben Meter hoch.
    So viel zur Hoffnung.
    Das Gesicht des Alten spaltete sich in einem Grinsen, durch das er seine Worte presste. »Zwei Rotzbengel«, sagte er. »Sind in die Richtung abgehauen.« Er zeigte über die leere Straße zum Parkplatz des alten Drive-in-Kinos, einer von Unkraut überwucherten Teerfläche. »Verdammtes Pech«, fügte er noch hinzu.
    Der eine der beiden Kerle stieß dem anderen den Ellenbogen in die Rippen. Ich wusste, was sie sahen: das Auto eines reichen Mannes mit New Yorker Kennzeichen, einen Großstadttypen mit blanken Schuhen.
    Sie hatten keine Ahnung.
    Ich ging zum Kofferraum, warf meine Tasche hinein und nahm das Montiereisen heraus. Es war aus massivem Stahl, einen halben Meter lang, mit einem Maulschlüssel an einem Ende. Ich überquerte den Parkplatz und schlug mit der schweren Stange an mein Bein.
    »Das hätten Sie nicht tun sollen«, sagte ich.
    » Fuck you , Chase.«
    Schwerfällig kamen sie von der Veranda herunter, Zeb Faith in der Mitte, und gingen auseinander. Ihre Sohlen scharrten über den harten Lehmboden. Der Mann rechts von Faith war größer als der andere und sah aus, als habe er Angst. Also konzentrierte ich mich auf den linken, und das war ein Fehler. Der Schlag kam von rechts, und der Kerl war schnell. Es war, als erwische mich ein Baseballschläger. Der zweite folgte fast genauso schnell. Er sah, wie ich mich zusammenkrümmte, und holte zu einem Uppercut aus, der
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