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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch
Autoren: Laabs Dirk
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Nationale Volksarmee (NVA) war eine Friedensarmee. Man war arm, ja, aber stand man nicht auf der richtigen Seite? Auf der des Friedens? Und jetzt das: Der Staat handelt im großen Stil mit Waffen. Der Name Schalck fällt. Er ist der Drahtzieher, heißt es. Entsetzen in der DDR. Wenige Stunden nach dem Sturm auf das Waffenlager setzt sich Schalck nach West-Berlin ab. Die Grenzer an der Invalidenstraße halten sein Auto nicht auf und lassen ihn passieren.

    Die Mauer ist weg, der Consiliere der DDR, Oberst Alexander Schalck-Golodkowski, auch. Zurück bleiben ein verunsicherter Staatsapparat und Scheunert mit seiner Familie. Ein Kollege fragt: »Und, haust du auch ab? Denk darüber nach!« Doch er wüsste nicht warum. Er hat nichts zu verbergen, glaubt er.
    Die Bürgerrechtler, die 1989 die Macht der SED gebrochen haben, zerstreiten sich über ihre nächsten Schritte. Ihre Vertreter werden in Leipzig ausgepfiffen. Die Menschen skandieren: »Wir sind ein Volk«, nicht mehr »Wir sind das Volk«.
    Die kleine Welt der DDR gerät aus den Fugen. Polnische Händler strömen nach Ost-Berlin und verkaufen dort Westwaren. Ostdeutsche bringen ihr Geld nach West-Berlin oder arbeiten dort schwarz. Westdeutsche lassen sich quasi umsonst im Osten die Haare schneiden, Ostkunden werden nicht mehr bedient, weil sie kein Westgeld haben, die Kombinate werden von den eigenen Mitarbeitern geplündert. Der neue Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, besucht die Elektro-Apparate-Werke in Teltow, wo einst Schalck gelernt hat. Er sagt, die DDR-Regierung würde es nicht dulden, dass die Waren von hier aus in den Westen geschmuggelt und dort verramscht würden. Man werde durchgreifen. Aber die alte Angst vor dem Staat ist verflogen. Die Menschen schmuggeln und verhökern Ostware, wie es bis vor kurzem Schalck im Auftrag der SED getan hat.
    4. Dezember 1990, Berlin, Haus der Elektrotechnik
    Einen Tag nachdem sich der KoKo-Chef Schalck abgesetzt hat, wird in einem Hinterhof des Bürohauses am Alexanderplatz 3 ein Mann von Protestlern gestellt. In dem Büroriegel gegenüber vom »Hotel Stadt Berlin« ist das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik untergebracht. Ein Arm des Staatsapparats, mit dessen Unterstützung Schalck Waren in die DDR schmuggelte. In dem Haus sind viele Mitarbeiter untergebracht, alle gehören zur Hauptabteilung XVIII/VIII des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Diese ist offiziell für den »Schutz der DDR-Volkswirtschaft« verantwortlich. Sie vor allem brachte die Embargoware der KoKo in die DDR. Leiter der Abteilung ist Oberst Artur Wenzel. Er schleppt am späten Abend mehrere Koffer zu seinem Auto. Doch am Hinterausgang schieben Bürgerrechtler Wache. Sie kontrollieren das Gepäck und finden über 700 000 Mark West, zwei Goldbarren und 150 000 Ostmark. Herbeigeeilte Volkspolizisten können den Oberst nur mühsam aus den Händen der Bürgerrechtler befreien.

    Am Morgen des 6. Dezember 1989 wird Artur Wenzel tot in seiner Zelle aufgefunden, erhängt am Fenstergitter.
    Wenzels Stellvertreter Willi Koch setzt sich daraufhin in den Westen ab und nimmt Kontakt zum BND auf. Geld hat er nicht im Gepäck, aber Akten und Disketten, auf denen die wichtigsten Aktionen seiner Abteilung im Ausland gespeichert sind. Zudem die Namen von 13 000 Personen, die mit der Abteilung zusammengearbeitet und Embargogüter für die DDR organisiert haben. Nur Koch war auf die Idee gekommen, den Kofferraum von Wenzels Lada zu durchsuchen, der hinter dem Ministerium am Alexanderplatz geparkt war. Dort findet er das Material und sagt wenig später umfassend beim BND aus.
    Sieben Monate später, im Sommer 1990, werden westdeutsche Manager ihre Autos auf demselben Parkplatz abstellen. Denn dann wird die Treuhandanstalt in das Haus der Elektrotechnik einziehen und am Alexanderplatz ihre Arbeit aufnehmen. Detlef Scheunert wird hier als einziger Ostdeutscher direkt beim Vorstand arbeiten. Ende 1989 hofft er auf ein freies Leben, auf einen Neuanfang. Der Kollaps der DDR macht ihm keine Angst. Er ist jung, kennt sich aus, hat Einblicke, man wird ihn brauchen, auch in einem neuen Staat.
    Dass sich zu viele Männer mit Koffern in den Westen abgesetzt haben, weiß Scheunert nicht.
    Auch Schalck bringt Koffer voller Informationen über den Westen mit in den Westen. Zurück lässt er seine wichtigste Mitarbeiterin, Waltraud »Traudl« Lisowski, die wie Scheunert bald für die Treuhandanstalt arbeiten und die DDR-Wirtschaft »privatisieren«
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