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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch
Autoren: Laabs Dirk
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Arbeiter.
    Er studiert Außenwirtschaftshandel, promoviert und tritt eine Stelle im Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel an. Hier findet Alexander Schalck seine große Aufgabe: die Devisenbeschaffung.
    Er steigt zum Staatssekretär auf, ist aber tatsächlich mächtiger als die meisten Minister der DDR.
    Schalck organisiert nicht nur Westgeld für die DDR, sondern auch Westtechnologie, die er wiederum aus den Devisenerlösen bezahlt. Denn das kleine Land braucht nicht nur Rohstoffe, sondern auch moderne Maschinen, später Computer und Speicherchips. Dabei sollen die strengen NATO-Embargogesetze gerade verhindern, dass Hightech-Güter in die DDR gelangen. Die westlichen Staaten wollen – zumindest ist das ihre offizielle Position – den Export von technologisch fortschrittlichen Entwicklungen jeder Art in die DDR unterbinden, da sie fürchten, dass die moderne Technologie im Waffenbau Verwendung finden könnte. Schalck umgeht das Embargo mit Hilfe westdeutscher Firmen.

    Der Handel zwischen den deutschen Staaten ist seit dem Mauerbau so zwar komplizierter, aber für viele westdeutsche Unternehmen auch lukrativer geworden. Darauf setzt Schalck.
    Weder die ostdeutsche noch die westdeutsche Öffentlichkeit soll erfahren, welche Rolle der Staatssekretär wirklich spielt: Zum einen hilft er Firmen in der Bundesrepublik, westdeutsche Gesetze zu brechen, zum anderen belegt die Existenz seiner Abteilung KoKo, dass das System der DDR sich nicht selbst tragen kann. Also muss Schalck ein Phantom und seine Arbeit ein Geheimnis bleiben. Bis zum Herbst 1989.
    Ende Oktober, nach dem Sturz Erich Honeckers, tritt Schalck erstmals öffentlich auf. Er ist Gast in einer Talkshow des DDR-Fernsehens zum Thema »Leistungsgesellschaft DDR«. Er erweckt den Anschein, als wolle er sich für ein höheres Amt im Staat positionieren und die Tatsache nutzen, dass sein Gesicht nicht mit den Machenschaften der SED verbunden wird. Was er wirklich für die DDR getan hat, verrät er nicht. Kurz darauf, am 4. November 1989, ist er wie knapp eine Million DDR-Bürger auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz. Die Menschen demonstrieren gegen die SED und für freie Wahlen, Presse- und Reisefreiheit. Schalck wird von einem ostdeutschen Fernsehteam entdeckt und befragt. Der »geheimnisvolle Staatssekretär«, wie er vorgestellt wird, hält sich weiterhin bedeckt.
     
    Auch Detlef Scheunert, persönlicher Referent des Ministers für Schwermaschinenbau, ist auf dem Alexanderplatz. Obwohl er für den Staatsapparat der DDR arbeitet, kennt er nur Gerüchte über die KoKo. Scheunert steht vor einer glänzenden Karriere und ist trotzdem mit einem Kollegen aus dem Ministerium zu der Demonstration gekommen. Ein Umbruch steht bevor, das spürt er. Scheunert, 29 Jahre alt, ist ein groß gewachsener Mann mit dunklen Haaren, Brille und Schnauzbart. Er hat ein gewinnendes Lächeln, und das braucht er auch, um seine Freunde zu versöhnen, wenn er mal wieder laut und deutlich seine Meinung vertreten hat. In vielen Gesprächen, die er mit Bekannten in seinem Stadtteil Friedrichshain führt, spürt Scheunert, dass die Menschen von dem Regime der SED endgültig genug haben und sich eine neue, andere DDR wünschen. Durch seine Arbeit im Ministerium kennt er die Lage der DDR-Wirtschaft und weiß, dass sich etwas ändern muss.
    Für Scheunert war es ein weiter Weg bis ins Ministerium. Er stammt aus einem kleinen Ort in Sachsen, im Dreieck Leipzig – Dresden – Karl-Marx-Stadt gelegen, 3 »hinter den sieben Bergen«, wie er sagt. Seine Kindheit verlebt
er auf einem Bauernhof. Nachdem die Sowjetarmee 1945 Hunderte sächsische Junker hingerichtet hatte, standen viele Höfe leer, Land lag brach. Sein Vater pachtet nach dem Krieg zu seinem eigenen Hof mehrere Äcker und Höfe hinzu. So wächst Detlef Scheunert auf dem Hof einer Junkerfamilie auf. Der Besitzer ist von den Russen ermordet worden, die Witwe kann den Hof allein nicht führen. Unter der Bedingung, dass sie in dem Gutshaus bleiben darf, kann Scheunerts Vater den Hof pachten.
    Scheunert senior, ein massiger Mann, Weltkriegsveteran, streng, unerbittlich, ehrgeizig, überlässt die Erziehung der drei Söhne seiner Frau. Doch tatsächlich prägt vor allem die Witwe den jungen Scheunert. Sie darf als Pensionärin ungehindert reisen, auch nach dem Bau der Mauer. Oft fährt sie nach Hamburg und bringt dem Jungen Bücher und Zeitschriften aus dem Westen mit. Obwohl er »hinter den sieben Bergen« lebt, ist er
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