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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt
Autoren: Helmut Vorndran
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in der Revision der HUK Coburg arbeitet, an einem beruflich bedingten
Perfektionswahn leidet, aber das gibt ihr noch lange nicht das Recht, mir
streng reglementierte Klozeiten zu verordnen!«
    Haderlein
verschluckte sich spontan, hustete kurz und nippte aus diesem Grund schnell
noch einmal an seinem Kaffee. »Klozeiten?«, presste er hervor, während er den
Hustenreiz zu unterdrücken versuchte.
    »Ganz
genau, Klozeiten! Das werdet ihr nicht glauben. Frau von Heesen hat es für
nötig befunden, mir eine Eieruhr neben die Kloschüssel zu stellen. Das muss man
sich mal auf der Zunge zergehen lassen, eine Eieruhr! Erst schmeißt sie mein
dreilagiges bedrucktes Klopapier raus, weil das angeblich ökologisch nicht ganz
hasenrein ist, aber dafür zieht eine Eieruhr auf unserem stillen Örtchen ein!
Da kann sich doch kein Mensch entspannen, wenn direkt neben einem eine Uhr geräuschvoll
rückwärts tickt. Wie soll ich denn relaxen, wenn ich jederzeit mit dem
bescheuerten Klingeln eines Küchenweckers rechnen muss?« Nach Zustimmung
heischend hetzte sein Blick von einem Schreibtisch zum nächsten, doch leider
waren alle Kollegen gerade außerordentlich intensiv mit etwas anderweitig
Wichtigem beschäftigt. Nur Honeypenny fixierte Lagerfeld zunehmend grimmig, was
er aber nicht bemerkte und ihn ergo auch nicht weiter in seinem engagierten
Vortrag hinderte, in dem er gerade das Thema wechselte, aber nicht die
Zielperson.
    »Außerdem
ist es mir in unserer Bude viel zu warm. Wenn ihr mich fragt, sind Frauen
wärmetechnisch eine absolute Fehlkonstruktion, eine Katastrophe der Natur.
Meines Erachtens ist eine menschliche Wohnung mit achtzehn Grad absolut
ausreichend temperiert. Das sagen übrigens auch Schlafforscher.« Triumphierend
wanderte sein nach Zustimmung bettelnder Blick wieder durch die Weiten des
Raumes. Vergeblich.
    »Wenn Ute
das zu kalt ist, soll sie eben eine Jacke anziehen. Aber bitte, da hätte man ja
noch drüber reden können. Ein Grad hin oder her, mein Gott, scheiß drauf. Heute
früh hab ich sogar noch versucht die Stimmung ein bisschen aufzulockern. Mal
unner uns, so a bissla Erodig glädded doch scho amal die aane oder annera
Woge«, verfiel Lagerfeld plötzlich und unerwartet ins Fränkische, fing sich
aber sofort wieder, als er sah, dass Haderlein das Gesicht verzog.
    »Jedenfalls
hab ich versucht, die verfahrene Situation ein bisschen zu entspannen. Das ist
ja auch wirklich der volle Stress. Grad mal eine Woche zusammenwohnen und dann
noch die halbe Nacht die Küche streichen. Da hab ich mir halt gedacht, so a
weng a Sex würde die ganze Stimmung anheben. Hat bei uns bis jetzt eigentlich
immer geklappt.«
    »Erotik?«,
wandte Honeypenny ungläubig ein. »Um drei Uhr morgens? Nachdem ihr mehrere
Stunden Wände gestrichen hattet, hatte Ute noch Lust auf einen Mann?«
    Lagerfeld
verzog das Gesicht, als hätte er in eine übergroße Zitrone gebissen, und
schüttelte den Kopf. »Sie wär zu kaputt, hat sie gesagt. Und wenn überhaupt
eventuell, dann sollte ich nach der ganzen Renoviererei zuerst mal duschen.«
Lagerfelds Augen wurden groß, als er an die Szene zurückdachte.
    »Das muss
man sich mal vorstellen«, deklamierte er lautstark und mit hoch erhobenen, noch
immer weiß gesprenkelten Händen. »Duschen, früh um halb vier, wegen kurz
mal –«
    Weiter
kam er nicht mehr. Honeypenny hatte sich kurzentschlossen eines der Honigbrote
Haderleins geschnappt und Lagerfeld mitten ins verblüffte Gesicht gepfeffert.
Schweigend drehte sie sich um und schritt mit hochrotem Kopf und mühsam
aufrechterhaltener Contenance zu ihrem Schreibtisch zurück, während dem
stocksteif dasitzenden Lagerfeld das Honigbrot langsam am Gesicht
hinunterrutschte und auf den Boden klatschte.
    »Männer
sind doch alle gleich«, konnte man aus Richtung von Honeypennys Schreibtisch
vernehmen. »Alles Idioten, irgendwann werde ich hier noch –«
    Das war
nun das Signal für Riemenschneider, sich der unerwarteten Leckerei zuzuwenden,
die ihr unversehens vor den Rüssel gefallen war. Das kleine Ferkel, das während
des Spektakels recht teilnahmslos unter dem Tisch gesessen hatte, bemächtigte
sich der zermatschten süßen Brotreste und vertilgte sie geräuschvoll zu Füßen
Lagerfelds.
    Der war
gerade auf seinem persönlichen Tiefpunkt des noch jungen Tages angelangt und
wusste nicht, ob er heulen oder schreien sollte. Die Entscheidung wurde ihm
abgenommen, als das Telefon klingelte. Haderlein schob es ihm hinüber und sagte
schnell:
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