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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams
Autoren: Das Siegel des Verraters
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Glühwürmchen und die Zikaden herauskamen, und
dann wäre der beste Schwertkämpfer von Solamnia siegreich aus dem letzten Kampf hervorgegangen. Doch nun
würde die spannendste Paarung des Turniers bald vorüber
sein, so daß die restlichen Kämpfe überflüssig waren, nur
noch ein sanfter Regen nach dem Aufruhr von Donner und
Blitz.
Dennoch aber bahnte sich ein Sturm an. Die Luft knisterte, als die beiden Männer sich zum Wettstreit rüsteten –
Angriff mit seinem Sekundanten Gunthar Uth Wistan und
Bonifaz mit seinem, dem jungen, finsteren Tiberio Uth Matar, dessen Familie zehn Jahre später mit Wappen und allem aus Solamnia verschwunden sein würde. Der Sturm
nahte, als die vier Männer in den Kreis traten und die beiden Streiter die Lederhelme und die Leinenhemden des
Turniers anlegten.
Das lange, ruhige Vorspiel endete, die Männer stellten
sich am Rand des Kreises auf – Angriff und Gunthar ganz
nach Osten, Bonifaz und Tiberio nach Westen, und alle
warteten regungslos, bis die Trompete erklang, um den
Beginn des Zweikampfes zu verkünden.
Angriff sauste wie der Wind durch Licht und Schatten
des Kreises. Bonifaz wirbelte wild herum und griff ihn
zweimal an, doch Angriff schien überall zu sein, nur nicht
im Bereich von Bonifaz’ Schwert. Zweimal trafen sich die
Klingen, und beide Male mußte Bonifaz taumelnd zurückweichen und sein Bestes geben, um den darauf folgenden
Angriff abzuwehren.
Innerhalb von Sekunden wußte Bonifaz, daß er geschlagen war. Er hatte zu lange mit dem Schwert gekämpft, um
nicht zu wissen, wann er unterlegen war, wann sein Gegner geschickter, schneller, stärker und waghalsiger war, als
er es sich überhaupt vorstellen konnte. Von Anfang an war
der Kampf nur eine Frage der Zeit. Wenn Bonifaz sich
selbst übertraf und bravourös kämpfte wie nie zuvor,
konnte er die Niederlage vielleicht drei oder vier Minuten
hinauszögern.
Oh, daß ich mich wenigstens nicht zum Narren mache,
schärfte er sich verzweifelt ein. Was auch geschieht, ich will
nicht wie ein Narr dastehen! Dann griff er seinen Gegner
mit einem letzten, hoffnungslosen Stoß an, wobei er sein
Schwert wie eine Lanze führte.
Im nächsten Moment war es, als wären seine heimlichen
Gebete erhört worden. Aus irgendeinem Grund – ob aus
Übermut oder Fairneß oder einfach aus Gnade, würde Bonifaz nie verstehen – sprang Angriff in die Luft, ergriff einen tiefhängenden Zweig des Olivenbaums und schwang
sich geschickt aus dem Weg, um nach einem sauberen Überschlag gut zehn Fuß von seinem vorherigen Platz entfernt zu landen. Ein paar von den jüngeren Rittern applaudierten begeistert, doch auf der Tribüne herrschte größtenteils Schweigen, so verdutzt und überrascht war man.
Doch Bonifaz, der am Rand des Kreises stand, fühlte sich
von den Dummheiten seines alten Freundes bloßgestellt.
»Verfahrensfrage an den Rat!« rief er, wobei er sein
Schwert zum alten Zeichen des Waffenstillstands hob.
»Stattgegeben, Fürst Bonifaz«, erwiderte Fürst Alfred
Merkenin verwirrt, der sich vom rotbeflaggten Balkon, der
den Turnierrichtern den besten Blickwinkel bot, zu Bonifaz
herunterbeugte. Mitten in einem Turnier eine Verfahrensfrage aufzuwerfen, war gestattet, wenn es auch selten vorkam. Es geschah normalerweise, um eine Verletzung der
Regeln der Fairneß zu beanstanden.
So auch hier. Bonifaz kramte rasch in seinem beträchtlichen Erfahrungsschatz nach einem bestimmten Satz, auf
den er in seinem jahrelangen Studium des Maßstabs mal
gestoßen war, eine Regel des Maßstabs für das Turnier, die
besagte…
Natürlich. Stand es nicht im fünfunddreißigsten Band?
»Holt mir doch bitte den… fünfunddreißigsten Band des
kodifizierten Maßstabs.«
Stirnrunzelnd schickte Fürst Alfred einen Knappen nach
dem Buch. Der Kampf ruhte, während die zuschauenden
Ritter wild spekulierten, welche verstaubte Regel Fürst Bonifaz von Nebelhafen wohl aus seinem Gelehrtenärmel ziehen würde. Angriff sprang wieder zu dem Zweig hoch und
kletterte in eine knorrige Gabelung des großen Baums, wo
er Platz nahm, um die Rückkehr des Knappen zu erwarten.
Das Buch wurde – von zwei Gelehrten in roten Roben
begleitet – zum Balkon gebracht. Fürst Stephan nahm das
Buch so vorsichtig, als wäre es aus Glas, und reichte es
Fürst Alfred, der es auf seinen Schoß legte und Bonifaz erwartungsvoll anschaute.
Bei meinem Eid und dem Maßstab, laß es so dastehen,
wie ich mich erinnere, dachte der Kämpfer. Laß es dastehen,
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