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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Autoren: Richard Dawkins
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Hummer lebendig in den Kochtopf werfen). Köche und Rechtsanwälte müssen Wörter auf ihre eigene besondere Weise verwenden, und das muß ich in diesem Buch auch. Lassen wir es dahingestellt, ob Autos und Computer »wirklich« biologische Objekte sind. Der springende Punkt dabei ist: Sollte auf einem Planeten etwas gefunden werden, das diesen hohen Grad an Komplexität aufweist, würden wir ohne Zögern daraus schließen, daß es auf diesem Planeten Leben gibt oder gegeben hat. Maschinen sind direkte Produkte lebender Objekte; sie leiten ihre Komplexität und ihren Bauplan von lebenden Dingen her, und sie sind charakteristisch für die Existenz von Leben auf einem Planeten. Das gleiche gilt für Fossilien, Skelette und gestorbene Körper.
    Ich sagte, die Physik sei das Studium einfacher Dinge, und auch das klingt zunächst einmal sonderbar. Die Physik scheint ein kompliziertes Fachgebiet zu sein, denn die Ideen der Physik sind für uns nicht leicht verständlich. Unsere Gehirne sind dafür geplant, das Jagen und Sammeln, das Paaren und Großziehen von Kindern zu verstehen: eine Welt mittelgroßer Gegenstände, die sich mit mäßiger Geschwindigkeit in einem dreidimensionalen Raum bewegen. Wir sind schlecht dafür ausgestattet, das sehr Kleine und das sehr Große zu begreifen
    - Dinge, deren Dauer in Pikosekunden und Gigajahren gemessen wird, Kräfte und Felder, die wir weder sehen noch berühren können und von denen wir nur deshalb wissen, weil sie Dinge beeinflussen, die wir sehen oder berühren können. Wir meinen, die Physik sei kompliziert, weil wir sie nicht so leicht verstehen und weil die Physikbücher voller schwieriger Mathematik stecken. Aber die Objekte der Physiker sind dennoch im wesentlichen einfache Gebilde. Es sind Wolken aus Gas oder winzigen Partikelchen oder Klumpen einheitlicher Materie wie Kristalle mit fast endlos wiederholten Atomstrukturen. Sie besitzen keine hochkomplizierten arbeitenden Teile, wenigstens nicht nach biologischen Maßstäben. Selbst große physikalische Objekte wie Sterne bestehen aus einem recht begrenzten Aufgebot von Teilen, die mehr oder weniger zufällig angeordnet sind. Das Verhalten physikalischer, nichtbiologischer Objekte ist so einfach, daß man die existierende mathematische Sprache zu ihrer Beschreibung verwenden kann: deswegen stecken Physikbücher voller Mathematik.
    Physikbücher mögen kompliziert sein, aber Physikbücher sind - wie Autos und Computer - das Produkt eines biologischen Objekts, des menschlichen Gehirns. Die in einem Physikbuch beschriebenen Objekte und Erscheinungen sind einfacher als eine einzige Zelle im Körper des Physikbuchautors. Und der Autor besteht aus Billionen solcher Zellen, die sich oft voneinander unterscheiden und die alle mit Hilfe einer hochqualifizierten Architektur und Präzisionsingenieurtechnik zu einer Arbeitsmaschine zusammengebaut sind, dazu fähig, ein Buch zu schreiben. Unser Gehirn ist kaum besser dafür ausgerüstet, extreme Komplexität oder auch extreme Größen und die anderen schwierigen Extreme der Physik zu verstehen. Bisher hat niemand die Mathematik erfunden, um die gesamte Struktur und das Verhalten eines Objekts beschreiben zu können, wie wir es etwa in einem Physiker oder auch nur in einer einzigen seiner Zellen vorfinden. Wir können lediglich einige der allgemeinen Regeln verstehen, wie Lebendiges funktioniert und warum es überhaupt existiert.
    So kommen wir zu uns, den Menschen: Wir wollten wissen, warum wir und alle anderen komplizierten Dinge existieren. Und wir können diese Frage jetzt in allgemeiner Form beantworten, auch wenn es uns nicht gelingt, die Komplexität im einzelnen zu verstehen. Ein Beispiel: Die wenigsten von uns verstehen genau, wie ein Flugzeug funktioniert. Wahrscheinlich verstehen das noch nicht einmal seine Konstrukteure ganz: Motorenspezialisten verstehen nicht viel von Flügeln, und Flügelfachleute haben nur eine ungefähre Vorstellung von Motoren. Dabei verstehen die Flügelspezialisten noch nicht einmal mathematisch präzis, wie ein Flügel funktioniert: Sie können das Verhalten eines Flügels in Turbulenzen nur vorhersagen, wenn sie ein Modell im Windkanal untersuchen oder die Situation im Computer simulieren - was auch ein Biologe tun könnte, um ein Tier zu verstehen. Aber sowenig wir auch verstehen, wie ein Flugzeug funktioniert, so wissen wir alle doch, wie es entstanden ist. Es wurde von Menschen auf einem Zeichenbrett entworfen, dann stellten andere nach diesen
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