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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
Autoren: Simon Spurrier
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»Und desto schneller können wir in den Pub abdampfen. Wie wirst du’s dir zusammenreimen?«
    Shaper spürte, wie sich das Zittern seine Arme hinauf ausbreitete, und tat so, als hätte er es nicht bemerkt.
    »Indem ich aufmerksam lausche.«
    »Worauf?«
    »Keine Ahnung. Irgendwas, das nicht ins normale Bild passt.«
    Vinces Augen weiteten sich. »Kumpel, da drüben ist ein Haus voll Geriatriepatienten, die sich den zerriebenen Schwengel eines verfluchten Raubtiers reinziehen. Was genau ist denn daran überhaupt normal?«
    Shaper ignorierte ihn und schaltete missmutig durch die Kanäle. In Zimmer 1 herrschte mittlerweile Stille – Ksenias Transaktion war abgeschlossen. In Zimmer 2 ließen feuchte Furzlaute erahnen, dass Vicky ihren Freier letztlich dazu überredet hatte, auf ihrem Busen zu prusten, und indem er rasch zu Zimmer 3 weiterwechselte, gelangte er zur frommen kleinen Melanie, die einem weiteren Höhepunkt entgegensteuerte.
    Nichts.
    Es musste heute Nacht sein. Er konnte bereits fühlen, dass sich die narkotischen Wickel lösten wie Salz in einem Bach; seine Toleranz gegenüber den Drogen wurde stärker. Unter ihrer Wirkung spürte er schon die Krankheit, die Freiheit witterte und vorfreudig zitterte …
    »Kumpel«, brummte Vince, der blind für Shapers wachsende Panik blieb. »Ich sag dir was: Dein Job ist wesentlich interessanter als meiner.«
    »Ach ja?«
    »Jeden Tag was anderes, oder? Tigerschwanz … meine Fresse.« Der Mann fürs Grobe warf seine Kippe aus dem Fenster und bemühte sich, nicht zu lallen. »Ich meine – ich? Ob man einmal oder zweimal auf ’nen Kerl einschlägt, is’ dasselbe, wie wenn man tausendmal auf ihn einschlägt. Und vom Job als Rausschmeißer vor Klubs will ich gar nicht reden, das ist erst ’ne eintönige Kacke …«
    Shaper hörte ihm nicht mehr zu. Der Atem stockte ihm in der Kehle, etwas Heißes stieg hinter seinen Augen auf.
    Ob man einmal oder zweimal auf ’nen Kerl einschlägt   …
    Einmal, zweimal, drei…
    »Scheiße!« Seine Hand schnellte zur Tür des Vans.
    Vince, der durch den Alkoholnebel aufschaute, wurde erst nach und nach bewusst, dass er allein im Auto saß, dann nahm er vage wahr, dass eine abgerissene Gestalt über die Straße rannte.
    »Kumpel?«, fragte er.
    Als sich Shaper an Mrs. Swanson vorbeigedrängt hatte, die verdattert an der Tür stand, begannen die Dinge in seinem Gehirn allmählich auszufransen.
    Scheiße .
    Das Bordell präsentierte sich ihm als glänzendes rosa Band, das er wie durch eine Fischaugenlinse wahrnahm. Mittlerweile hatte das Zittern, geschürt vom Adrenalin, seine Schultern erreicht, und als er durch den Umkleideraum stolperte, war er davon überzeugt, dass sein Kopf wie eine Tesla-Spule Funken sprühte, während seine Füße schlotternd durch statische Frequenzen wateten. Kein Wunder, dass ihn alle anstarrten.
    Narkotischer Zusammenbruch in zehn, neun, acht   …
    »Platz da, ich komme!«, brüllte er. Dann grinste er.
    Ich komme. Kicher .
    Reiß dich zusammen, reiß dich zusammen  …
    Irgendwo hinter sich hörte er, wie Mrs. Swanson Entschuldigungen verteilte, während sie hinter ihm herhetzte. Wahrscheinlich mit den Händen über den Augen – die gute Seele. Er schenkte ihr keine Beachtung und steuerte auf Zimmer 3 zu.
    An der Tür hielt er inne, um sich zu sammeln. Sein Gehirn lotete die Mauern seines Amphetamingefängnisses aus und verzerrte die Welt mit jedem hammerähnlichen Herzschlag ein wenig mehr. Shaper hielt den Atem an, um den Lärm zu dämpfen, dann drückte er das Ohr ans Holz der Tür.
    Drinnen stieß jemand keuchend spitze Schreie aus, die Bettfedern quietschten, und eine männliche Stimme grunzte im Takt dazu. Präzisionsficken.
    Schmatz-schmatz-schmatz .
    Melanies Stimme schwoll zu einem neuen Refrain an: » Oh Gott, oh Gott  …« Und wie von einem speziellen Geheimnis wurde alles vom gespenstischen Läuten von Kirchenglocken, vom Gestank verwesenden Fleisches und von einem Schwarm blutroter Fliegen unter der Tür überlagert.
    Die kranken Empfindungen eines kranken Gehirns, wie Shaper wusste, unsichtbar und stumm für alle anderen. Seine eigenen, unausgesprochenen Ängste, verpackt in dramatische Sinneseindrücke.
    Die Krankheit, die ihm zusetzte.
    Die Tür erwies sich als abgesperrt. Shaper grinste, als er einen Schritt zurückwich und die Schulter senkte. Nur vage nahm er die innere Stimme wahr, die ihn daran erinnerte, dass er für genau diesen Moment eigentlich jemanden mitgebracht
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