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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser
Autoren: Niklaus Schmid
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schießen würde, allerdings auf eine Taube, die auf dem Dach saß.«
    »Und warum müssen die beiden damit gerechnet haben?«
    »Weil Laflör wohl schon einmal eine seiner eigenen Tauben abgeschossen hat, jedenfalls glaubten die Vereinskollegen das und sie wollten ihn dabei überführen.«
    »Und Sie sollten dabei sein?«
    »Sie sagen es, Herr Kommissar.«
    »Ist das ein Ja, Herr Zeuge?« Tepass kniff die Augen zusammen.
    Ich glaube, er wartete nur darauf, mir irgendetwas anhängen zu können. Es gab bei der Kripo Beamte, die über das gesunde Maß an Abneigung, das fast alle Polizisten gegenüber privaten Ermittlern hegen, einen regelrechten Hass entwickelten. Ein gewisses Ausloten der Kräfte war auch oft im Spiel, weil der normale Bürger bei Vernehmungen für die richtig scharfen Hunde wie Tepass einfach nicht genug Angriffsfläche bot; denn die meisten Bürger kannten ihre Rechte nicht oder wollten einfach nur so schnell wie möglich wieder zu Hause sein, um Tagesschau und Abendessen nicht zu verpassen. Ich kannte meine Rechte. Aber übertreiben durfte ich das Spielchen nicht.
    Als Tepass mich jetzt mit zusammengekniffenen Augen musterte, sagte ich schlicht: »Ja.«
    »Kallmeyer hat Sie dorthin bestellt?«
    »Ja.«
    »Kallmeyer ist also Ihr Klient?«
    »Nein. Er wollte mich beauftragen. Aber ich bin zu spät gekommen, und wer zu spät kommt, den…«
    »Sparen Sie sich das, Mogge.«
    »Herr Mogge, bitte! Sie können aber auch Elmar sagen, wenn Sie mir Ihren Vornamen nennen, Herr Tepass. Mogge allein, das dürfen nur Freunde zu mir sagen.«
    »Schön, Herr Mogge«, sagte er mit lauernder Freundlichkeit.
    »Sie haben also mit diesem Fall beruflich nichts zu tun?«
    »Bis jetzt noch nicht.«
    »Seien Sie froh, Herr Mogge.«
    »Spezieller Grund?«
    »Ich mag Sie nicht.«
    Mit dem Gedanken, dass dies womöglich der Beginn einer gediegenen Feindschaft sein könnte, verließ ich’ Tepass’
    Dienstzimmer.
    4.
    Nieselwetter allein genügte nicht. Zum Regen kam, dass sich allem Anschein nach eine Erkältung ankündigte, Kratzen im Hals, kalte Füße. Und das im Sommer! Ich blickte in den Rasierspiegel und schnitt Grimassen. Jeden Tag ein paar Haare weniger. Das Einzige, was sich bei mir vermehrte, war die Anzahl der Leute, die mich nicht leiden konnten. Seit gestern gehörte Kommissar Tepass nun dazu.
    Das Lämpchen an meinem Telefon blinkte. Das Duschwasser hatte den Anruf übertönt. Ich hörte das Band ab.
    Frau Laflör wollte mich sprechen. Doch zunächst musste ich etwas mit Kallmeyer klären, persönlich, also fuhr ich zu ihm nach Walsum.
    In der Werkssiedlung hielt ich an der Ecke Gottessegen und Sonnenschein. Harte Arbeit, karge Löhne, aber immerhin klangvolle Straßennamen. Die letzten Meter ging ich zu Fuß, vorbei an einer Trinkhalle, die sich mit dem Namen Tropic Oase schmückte, und an dem Eingang zu einem Knusperhäuschen, den die Bewohner mit drei Marmorstufen aufgewertet hatten. Dann war ich am Ziel.
    Diesmal öffnete mir Kallmeyer selbst die Tür. Eine ausgebeulte Jogginghose spannte sich über seinem Bauch, das ärmellose Unterhemd gab den Blick auf eine Tätowierung an seinem Oberarm frei, Taube mit einem Eichenblatt im Schnabel, darunter der Schriftzug Asta. Bestimmt nicht der Name seiner Frau.
    »Haben wir noch was zu besprechen?«, knurrte er mich an.
    Ich hatte vorgehabt, ihn auf den Auftrag und auf die Spesen anzusprechen, unterließ es aber. Der Mann sah aus, als suche er nach einem Grund, nun mir anstelle von Laflör den Hals umzudrehen.
    »Wollte mir mal Ihre Tauben ansehen, interessiert mich rein privat.«
    Das war eine Lüge, aber sie stimmte Kallmeyer etwas milder.
    Sein Gesicht mit den Bartstoppeln hellte sich auf. Er bat mich ins Wohnzimmer. Imitierte Perserteppiche, nachempfundene Eichenmöbel – ich schätzte, der Picasso Mädchen mit Taube war auch nicht echt.
    Zuerst zeigte Kallmeyer mir die Pokale, die seine Tauben bereits gewonnen hatten. Dann gingen wir zum Taubenstall.
    Zu dem strengen Duft, den Kallmeyers Unterhemd verströmte, gesellte sich jetzt der Geruch von Taubenmist. Wohl an die achtzig Tauben saßen in den gemauerten Nestschalen an der Wand, gurrten, flatterten, ruckten mit den Köpfen. Es war die blaugraue Sorte, in meinen Augen sahen sie alle gleich aus.
    Eine nahm Kallmeyer aus dem Nest.
    »Das ist meine Asta, hat schon viele Rennen gewonnen.« In seiner Stimme schwang plötzlich ein zärtlicher Ton.
    »Ist sie das hier?« Ich deutete auf die Tätowierung auf seinem
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