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Der Bestseller

Der Bestseller

Titel: Der Bestseller
Autoren: Robert Carter
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geworden, doch seine Wangen waren noch immer himbeerrot. Ich begreife nicht, warum so viele Frauen ihn offenbar unwiderstehlich finden; man sah ihn selten ohne eine schöne Frau an seiner Seite, und von seinem Privatleben sprach man im Verlag nur mit aufrichtiger Ehrfurcht. Aber kein Rätsel ist so rätselhaft wie die menschliche Sexualität. Vielleicht sollte man auch gar nicht versuchen, es zu lösen. Wie Mae West über den Kinsey Report sagte: Das verdirbt einem den ganzen Spaß am Sex.
    »Nick«, sagte Parker (er rief es fast), »der Stand ist wunderbar !« Dabei war sein Gesichtsausdruck aufreizend selbstgefällig. Im Grunde war es ein affektiertes Grinsen.
    Ich machte mich gefaßt.
    »Aber wo ist das Plakat zu Ein Wind aus dem Süden ?«
    Das war Parkers Spitzentitel für das Herbstprogramm. Obwohl unsere Vertreter auf der Programmkonferenz erheblichen Widerstand geleistet hatten, wollte er nicht zugeben, daß das Publikum möglicherweise doch nicht auf einen historischen Roman gewartet hatte, der in Philadelphia spielte, während einer Gelbfieberepidemie um 1750 — außer vielleicht in Philadelphia. »Da steht praktisch schon >Pulitzerpreis< drauf«, protestierte er. Ich stellte mir vor, wie Parker das Prädikat eigenhändig auf den Schutzumschlag schrieb. Und wenn er, wie er es oft tat, sagte, das Buch werde »eine gute Presse« bekommen, sah ich es in Gedanken in einen Schraubstock gepreßt, und Druckerschwärze tropfte heraus.
    »Mary ist für den Stand verantwortlich«, sagte ich. »Haben Sie sie gefragt?«
    »Sie hat gesagt, Sie hätten das letzte Wort.«
    »Nur wenn es irgendwelche Konflikte gibt.«
    »Wie auch immer«, sagte er, deutete mit dem Zeigefinger auf meine Brust und starrte mich mit leicht geröteten Augen an, »Sie sind der Boß.«
    Ich zuckte die Schultern. »Wir können nicht für jedes Buch aus dem neuen Programm ein Plakat aufhängen.« Eine faule Ausrede, aber die beste, die mir aus dem Stegreif einfiel.
    »Sie denken anscheinend nur noch an diesen läppischen kleinen Detektivroman«, sagte Parker. Es geht mir gegen den Strich, wenn sich jemand über unsere Kriminalromane lustig macht, denn ich verdiene damit nicht nur meine Brötchen, sondern auch meinen Kaviar und Champagner.
    » Sag es mit Kugeln «, antwortete ich. »Damit werde ich dieses Jahr Ihr und mein Gehalt bezahlen.« Der Spitzentitel im Herbstprogramm spielte in Buffalo, wo der Privatdetektiv Homer Blank durch Schneewehen stapfte und nach einem Hacker suchte, der den Sicherheitscode einer Bank geknackt hatte und sie nun ausnahm wie eine Weihnachtsgans. Um die Bestellungen in Schwung zu bringen, hatten wir nicht nur ein Plakat mitgebracht, sondern auch für die Convention eine Taschenbuch-Sonderausgabe drucken lassen, auf deren Rückseite eine Grußbotschaft von meiner Wenigkeit stand — das ist etwas, für das ich mich, um meinen Wein nicht zu verwässern, nur einmal im Jahr hergebe.
    »Vielleicht sollte ich mal einen Krimi einkaufen«, sagte Foxcroft.
    »Bleiben Sie bei Ihrem Leisten, Parker«, sagte ich.
    Es mag eigenartig erscheinen, daß ich mir von einem meiner Angestellten eine derartige Unverschämtheit bieten lasse. In einer anderen Branche wäre das sicher undenkbar. Aber vergessen Sie nicht: Parker Foxcroft hat den untrüglichen Riecher. Autoren wenden sich hoffnungsvoll an ihn und bitten um seinen Segen. Kritiker des New Statesman, des Times Literary Supplement und anderer Intelligenzblätter schlagen Jahr für Jahr Purzelbäume vor Begeisterung über die Bücher, die durch seine Hände gegangen sind. Ich bin immer wieder kurz davor, ihn hinauszuwerfen, aber wie kann ich das, solange er diesen Riecher hat?
    Jedenfalls fand ich es aus irgendeinem Grund aufreizend, daß er bei all seinen unangenehmen Charaktereigenschaften auch noch die Namen von zwei Privatschulen führte.
    Parker schlenderte weiter, und ich gesellte mich zu Sidney, der allein am Fenster stand.
    »Weißt du, ob Harry schon gekommen ist?«
    »Bunter?« fragte Sidney. »Keine Ahnung.«
    »Ich hoffe es«, sagte ich. »Wir wollen heute abend auf die Party gehen, die der New Yorker veranstaltet. Kommst du auch?«
    Harry Bunter kümmert sich um die Nebenrechte, eine Tätigkeit, die ihn zu einer leitenden Position und einem großzügig bemessenen Gehalt berechtigt. Man sagt ja, daß die Schweine, die dem Trog am nächsten sind, das meiste zu fressen kriegen, und so bekommen diejenigen, die das meiste Geld heranschaffen, das höchste Gehalt. Am Ende des
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